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Jovan (II.), serbischer Patriarch 1592-1614, † Istanbul 14.10.1614.
Leben
J. war, worauf sein Familienname Kantul schließen läßt, wahrscheinlich walachischer Herkunft. Er folgte 1592 auf dem Patriarchenthron dem Patriarchen Filip nach, der dieses Amt nur etwa ein Jahr lang (ab 15.07.1591) innegehabt hatte. In die Geschichte ist J. mehr wegen seiner politischen als seiner kirchlichen Arbeit eingegangen. Als während des österreichischen Türkenkrieges (1593-1606) in vielen Teilen Serbiens, Montenegros und Albaniens Aufstände gegen die Türken begannen, war J. es, der versuchte, die verschiedenen Einzelaktionen zu koordinieren. Zu einer besonders engen Zusammenarbeit kam es dabei zwischen ihm, dem Woiwoden Grdan von Niksic und dem herzegowinischen Bischof Visarion. J. begann schon frühzeitig einzusehen, daß die Balkanchristen ohne auswärtige Hilfe wenig erreichen konnten. Da diese Hilfe nur von den katholischen Mächten kommen konnte, wandte sich J. zunächst an Papst Klemens VIII. Er scheint dem Papst gegenüber eine gewisse Bereitschaft bekundet zu haben, die Union mit der lateinischen Kirche einzugehen. Die Verhandlungen, die in seinem Auftrag der Mönch Damjan Ljuhihratic führte, dauerten von 1598 bis 1601 und hatten keinerlei Ergebnis. Nach dem Scheitern in Rom wandte sich J. der damals stärksten christlichen Macht, Spanien, zu. Er bediente sich dabei des Ragusaners Vinzenz Bunt, der Berater des neapolitanischen Vizekönigs und später ragusanischer Konsul in Neapel war. Am 26. November 1605 fand unter der Leitung von J. im Kloster von Trebinje eine Versammlung der serbischen Woiwoden und Notabein statt; die dort Versammelten erklärten ihre Bereitschaft, sich der spanischen Herrschaft zu unterwerfen und forderten das Erscheinen der spanischen Flotte vor Castelnuovo (Hercegnovi). Nachdem auch diese Bemühungen nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hatten, wandten sich J. und seine Mitverschwörer an Herzog Karl Emanuel I. von Savoyen, der sich auch bereit erklärte, einen Aufstand der Balkanchristen zu unterstützen. Am 13. Dezember 1608 fand im Kloster Moraca erneut eine Versammlung serbischer und albanischer Stammesführer statt; die Versammlungsteilnehmer unter der Führung von J. beschlossen, eine Gesandtschaft nach Turin zu schicken und dem Herzog die Königskrone anzubieten. Die Krönung sollte sofort nach der Ankunft Karl Emanuels gemäß dem nemanjidischen Krönungszeremoniell erfolgen. Auch dieser Plan zerschlug sich, da der Herzog von Savoyen 1609 jegliches Interesse an balkanischen Angelegenheiten verlor. Ebenso scheiterte ein Projekt, Vincenzo I. Gonzaga, Herzog von Mantua, für die Unterstützung eines Aufstandes gegen die Türken zu gewinnen. Die ganze Verschwörung fand ihr Ende, als die beiden Hauptakteure - der Woiwode Grdan (1612) und J. (1614) starben. J. war bereits 1612 von den türkischen Behörden, denen seine Umtriebe natürlich nicht verborgen geblieben waren, in die Hauptstadt Istanbul befohlen worden; er starb dort im Gefängnis, wahrscheinlich eines gewaltsamen Todes.
Literatur
Tomić, Jovan N.: Pećki Patrijarah Jovan i pokret hršćana na balkanskom poluostrvu 1592-1614. Istorijska studija. Zemun 1903.
Radonić, Jovan: Rimska kurija i južnoslovenske zemlje od XVI do XIX veka. Beograd 1950.
Slijepčević, Djoko: Istorija srpske pravoslavne crkve. Bd 1. München 1962.
Bartl, Peter: Der Westbalkan zwischen spanischer Monarchie und osmanischem Reich. Zur Türkenkriegsproblematik an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Wiesbaden 1974, 131-141.
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