Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Melentije (Pavlovič)

 Melentije (Pavlovič), Metropolit von Serbien 1831 -1833, * Vrbova (bei Gornja Gruža, Kreis Kragujevac) 1776, † Belgrad 08.06.1833.

Leben

 M. verbrachte seine Kindheit zunächst in seinem Elternhaus und wurde dann ins Kloster Vraćevšnica geschickt, um dort lesen und schreiben zu lernen. Bald nach 1800 schloß er sich der dortigen Mönchsgemeinschaft an. Seine formale Bildung erschöpfte sich in den einfachen Dingen, die in diesem Kloster einem jungen Mönch üblicherweise vermittelt wurden. M. zeichnete sich besonders aus durch natürliche Verstandesschärfe und erfreute sich großer Beliebtheit bei der Bevölkerung. Am 9. März 1810 wurde M. von den Mönchen und Vertretern der Bevölkerung zum Nachfolger des verstorbenen Archimandriten Josif von Vraćevšnica gewählt. Er hatte gleich Gelegenheit, sein Geschick im Umgang mit organisatorischen Problemen zu zeigen, als er Ruhe in das Kloster brachte, das durch die Ankunft von Mönchen aus Studenica, die mit den Gebeinen des Hl. Stefan des Erstgekrönten hierher geflohen waren, in beträchtliche Unordnung geraten war. M. genoß das Vertrauen des Fürsten Miloš Obrenović, für den er wegen seiner guten Kenntnis des Volkes und seines ausgeprägten Bewußtseins als Serbe ein wichtiger Ratgeber war in dessen Kampf um die Unabhängigkeit des serbischen Staates von der Pforte und die Befreiung der serbischen Kirche aus der Herrschaft der griechischen Bischöfe. Die Volksversammlung von Takovo (11.04.1815) wählte den Archimandriten M. zum Mitglied des Ustanički izvršni odbor (Aufstands-Vollzugs-Komitee), damit er neben Knez Miloš den Aufstand vorbereite und den Kampf leite. Im Kampf in dem Gebiet zwischen dem Ljubić-Berg und Palež (25.04.1815) tat er sich dadurch hervor, daß er, als die Serben zu verlieren drohten, eine Trommel schlug und so die zerstreuten Kämpfer sammelte. Er hat dadurch eine Niederlage abwenden können und wurde fortan M. Dobošar (M. der Trommler) genannt. 'Wichtig für Milošs Politik waren die Vermittlerdienste, die M. leistete: Nach der Erstickung des am 28. März 1821 von Abdula Marko Todorović angezettelten Aufstandes in der Nahia Požarevac ging M. dorthin, um die Leute zu beruhigen und sie zu veranlassen, dem Fürsten ergebene Männer zu Ältesten zu wählen. Eine ähnliche Aufgabe übernahm er 1825, als er nach Djakovo ging, wo ein Aufstand drohte. Beim Vertrag von Belgrad zwischen Marazlı Ali Pascha und Miloš (06.11.1815) vermittelte M. auf ausdrücklichen Wunsch Ali Paschas hin. 1818, als Miloš in Kragujevac seine Residenz errichtete, ging auch M., der bisher in Vraćevšnica gewohnt hatte, dorthin und wurde Hausgeistlicher des Fürsten. Von der Hochachtung, die er dort genoß, zeugt, daß man von ihm als „naš popa“ sprach und er als einziger mit „Gospodine“ betitelt wurde. Als der Fürst 1827 die Knjažeska Svita (Fürstenkanzlei) gründete, wurde M. als Erster zu deren Mitglied ernannt. Mit der Verwaltung der serbischen Kirche kam M. erstmals direkt in Berührung, als ihn der nach dem Tode des Metropoliten Dionisios (1815) neuernannte Belgrader Metropolit Agathangelos (1816-1826), wie sein Vorgänger ein Grieche, auf fürstlichen Wunsch hin bis zu seiner Ankunft (1816) mit der Verwaltung der Belgrader Metropolie betraute. Schon damals war M. bemüht, den Pfarrern, deren Situation er von mehreren Reisen durch Serbien gut kannte, wenigstens die notwendigsten, für die Seelsorge wichtigen Dinge zu beschaffen. So besorgte er eine Reihe liturgischer Bücher in Moskau: nur dort nämlich waren zu dieser Zeit solche, wenn auch nicht in serbischer, so doch in einer slawischen Sprache gedruckten Bücher in ausreichender Menge zu bekommen. In der Volksversammlung vom 13. und 14. Dezember 1822 in Kragujevac wurde der Beschluß gefaßt, ein „Konsistorium oder priesterliches Gericht“ zu begründen, dessen Aufgabe die Behandlung aller kirchlichen Angelegenheiten in Serbien sein sollte, wobei eine wichtige Funktion darin bestand, zwischen den serbischen Priestern und ihren griechischen Bischöfen zu vermitteln. Zum Vorsitzenden des Konsistoriums wurde Archimandrit M. bestimmt. Sitz des Konsistoriums war Kragujevac. 1823 begann es mit der Arbeit, 1825 gingen seine Geschäfte an die fürstliche Kanzlei über. Als Vorsitzender des Konsistoriums benützte M. ein Siegel in folgender Gestalt: In einem Oval ein Kreuz, daneben zwei Engel mit halb ausgebreiteten Flügeln und zwischen ihnen ein Kelch. Um das Ganze stand die Aufschrift: Vraćevački jeromonach Meletije (Mönchspriester von Vraćevšnica M.). Am 10. März 1823 wurde M. zusammen mit Knez Raka Tešić  zum „Popečitelj prosveštenija narodnog“ (Beauftragter für Volksbildung) ernannt. Dabei wurden ihm die Pläne zur Gründung eines Seminars für die Heranbildung von Priestern mit höherem Bildungsniveau anvertraut. Zur Eröffnung desselben kam es zu M.s Lebzeiten jedoch nicht. In dem Hatişerif von 1830 erlangte Miloš von der Pforte die Anerkennung Serbiens als autonomes Fürstentum, womit die Voraussetzung geschaffen war für das Konkordat, das 1831 zwischen Miloš und dem ökumenischen Patriarchen Konstantios I. (1830-1834) geschlossen wurde und der serbischen Kirche die Autonomie garantierte. Dies bedeutete die Möglichkeit zur Selbstverwaltung und das Recht, den Metropoliten und die Bischöfe selbst aus dem eigenen Volk zu wählen. Am 18. August 1831 weihte der ökumenische Patriarch zusammen mit den vier ältesten Mitgliedern der Heiligen Synode den Archimandriten M. in der Patriarchatskirdie (St. Georgskirche) zu Konstantinopel zum Bischof. Am folgenden Tag feierte M. in derselben Kirche sein erstes Pontifikalamt, in dessen Verlauf er dem Archimandriten Nićifor (Maksimović ) die Bischofsweihe erteilte. Nićifor wurde mit der Leitung der Eparchie Užice betraut und M. wurde zum Metropoliten von Belgrad und ganz Serbien ernannt. In seiner Person bestieg seit 1766 zum ersten Mal wieder ein Serbe den Thron des Metropoliten von Belgrad. In der kurzen Zeit seines Wirkens in diesem Amt konnte er an den Grundlagen für eine neue Struktur der serbischen Kirche Weiterarbeiten. Er organisierte die während der Zeit der griechischen Metropoliten verwahrloste Metropolitankanzlei und bestellte den Archimandriten Petar (Pavle Jovanovič), später sein Nachfolger als Metropolit, zu deren Sekretär. Er legte die Eparchialgrenzen innerhalb der Metropolie fest, zu der damals neben der Eparchie Belgrad auch die Diözesen Šabac-Valjevo und Užice gehörten. M. verfügte, daß die Bischöfe keine wichtigeren Entscheidungen in ihren Diözesen ohne vorherige Abstimmung mit ihm treffen dürften. Als oberstes Organ der Kirchenleitung richtete er die Bischofssynode ein. Um seinen Kontakt zur Bevölkerung möglichst intensiv zu gestalten, ließ er den alten Brauch der Kirchenvorsteher wieder aufleben, Vertreter der Laien und angesehene Priester regelmäßig zu sich zu rufen, um sich durch sie über die Bedürfnisse der Gemeinden unterrichten zu lassen. Der Herstellung der Ordnung in den Gemeinden sollte dienen, daß M. aus der „Kormčaja Kniga“ den Abschnitt über die Heirat von Verwandten untereinander ins Serbische übersetzen ließ. In den liturgischen Kalender und die Liturgie ließ M. auch die serbischen Volksheiligen aufnehmen. Im Frühjahr 1833 arbeitete M. eine kirchliche Verfassung aus, die vom Fürsten gutgeheißen und veröffentlicht wurde. Im April 1833 erkrankte M. an Wassersucht und starb am 8. Juni desselben Jahres in Belgrad. Er wurde im Kloster Vraćevšnica begraben.

Literatur

Milićević, Milan Dj.: Kneževina Srbija. Beograd 1876, 273-274.
Švabić, Pavle: K pitanju o autonomiji srpske crkve. In: Glasn. Srpske pravosl. Crkve (1903) 375-378.
Ders.: Melentije Pavlović, Mitropolit beogradski. In: Glasn. Srpske pravosl. Crkve (1904) 84-96.
Grujić, Radoslav: Pravoslavna srpska crkva. Beograd 1920.
Vulović, Danilo: Knjažeska kancelarija. Nahija Požeška. 1815-1839. Beograd 1953, 526-528. = Državna Arhiva NR Srbije. Gradja. 3.
Slijepčević, Djoko: Istorija srpske pravoslavne crkve. Bd 2. Minhen 1966, 339-357.
Jovan, episkop Šabačko-Valjevski: Srpska crkva u Srbiji od 1804. do 1918. g. In: Srpska pravoslavna crkva. Spomenica o 750-godišnjici autokefalosti. Beograd 1969, 291-318.


GND: 1114087904

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Empfohlene Zitierweise: Đoko Slijepčević , Melentije (Pavlovič), in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 156-158 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1332, abgerufen am: (Abrufdatum)

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