Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Pázmány, Péter
Bild: Wikimedia Commons
Wikidata: Q559828

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Pázmány, Péter

Pázmány, Péter, ungarischer Kardinal, * Großwardein (Nagyvárad, Komitat Bihar, heute Oradea) 04.10.1570, † Preßburg (Pozsony, heute Bratislava) 19.03.1637.

Leben

P. stammte aus einer altungarischen, adeligen, kalvinistischen Familie. Er begann seine Ausbildung zu Hause, setzte sie in Klausenburg fort, wo er 1583 wohl unter dem Einfluß seiner Stiefmutter vom reformierten Bekenntnis zur katholischen Kirche konvertierte. 1587 trat er der Gesellschaft Jesu bei. Nach einem kürzeren Aufenthalt in Krakau studierte er in Wien scholastische Philosophie und in Rom Theologie. Nach der Priesterweihe 1596 promovierte er 1597 zum Doktor der Philosophie. Im gleichen Jahr wurde er zum Studienpräfekten in Graz ernannt und übernahm 1598 an der Grazer Universität den Lehrstuhl für scholastische Philosophie. Von 1601 bis 1603 finden wir P. in Ungarn, wo er vor allem im Norden des Landes (Kaschau, Komitat Neutra) predigte und missionierte. In dieser Zeit konnte P. zahlreiche bekannte Persönlichkeiten für den katholischen Glauben gewinnen, so z. B. Nikolaus und Sigismund Forgách, Christoph Thurzó und Nikolaus Esterházy. Ab 1603 lehrte er an der Grazer Universität Theologie, 1608 erwarb er das theologische Doktorat. 1607 schickte ihn sein Orden abermals nach Ungarn. P. setzte jetzt vom Hof des Graner Erzbischofs Franz Forgách seine Missionstätigkeit fort. Im folgenden Jahre erregte er am ungarischen Landtag in Preßburg allgemeines Aufsehen, als er gegen eine Verordnung des Wiener Friedens, die den Jesuiten den Grunderwerb in Ungarn verbot, heftig protestierte. Auf P.s Initiative ließ Erzbischof Forgách 1611 in Großwardein zur Förderung des guten Geistes und der Sitten des Klerus eine Diözesansynode abhalten. Auf Bitten des Graner Erzbischofs und Matthias II. dispensierte ihn Papst Paul V. 1616 von seinen Ordensgelübden. Am 25. April 1616 wurde P. Probst von Turóc, um nach dem Tode von Forgách am 28. September 1616 zum Erzbischof von Gran und damit Primas von Ungarn ernannt zu werden. Erst 1629 wurde er von Urban VIII. zum Kardinal kreiert.
P. war der bedeutendste Gegenreformator Ungarns. Als berühmter Redner und brillianter Prediger übte er, nicht zuletzt auf Grund seines populären ungarischen Stiles, auf das gesamte Volk einen nachhaltigen Einfluß aus. Bekannt waren neben seinen Schriften seine interkonfessionellen Diskussionen und Glaubensgespräche. Von 1603 an erschienen seine bedeutendsten Werke, die eine großangelegte Apologetik des katholischen Glaubensgutes darstellen, so z. B. „Felelet az Magyart István sárvári Praedicatornak, az Ország romlása okairul, irt könyvére“ (Antwort auf das Buch von Stefan Magyart, Prediger von Sárvár, über die Ursachen des Niedergangs des Landes, 1603), „Kempis Tamásnak Chrisztus követésérül négy könyvei“ (Vier Bücher über die Nachfolge Christi von Thomas von Kempen, 1604), „Kersztény imádságos könyv“ (Christliches Gebetbuch, 1606), „Keresztyéni felelet a megdicsőült szentek tiszteletirül“ (Christliche Antwort über die Verehrung der Heiligen, 1607), „Az Nagy Calvinus Jánosnak Hiszek-egy Istene“ (Das Glaubensbekenntnis des großen Johannes Calvin, 1609), „Tanácskozás mellyet kelljen a különböző vallások közül választani“ (Ein Rat, welches von den verschiedenen Glaubensbekenntnissen man wählen soll, 1611). Berühmt wurde P. vor allem durch folgendes Werk: „Isteni Igazságra vezérlő kalauz“ (Führer zur göttlichen Wahrheit, 1613) später auch Hodoegus genannt. Wissenschaftlich exakt, aber in volkstümlicher Sprache abgefaßt, versucht hierin P. die katholische Glaubenslehre - immer im Vergleich zu den protestantischen Lehren - darzustellen. Das Buch fand weiteste Verbreitung. Auch später konnte P. viele berühmte Familien des Landes für den Katholizismus gewinnen, so z. B. die Familien Erdődy, Draskovich, Pálffy, Koháry.
Neben seiner Missionstätigkeit legte P. ein besonderes Augenmerk auf die Priesterausbildung: 1619 gründete er in Tyrnau und 1623 in Wien (Pazmaneum) Priesterseminare. Ebenfalls in Tyrnau legte er 1635 den Grundstein für eine ungarische Universität, die dann später in die Hauptstadt des Landes übersiedeln sollte (heute: Eötvös Lóránd Egyetem). Um die religiöse Bildung des Volkes zu garantieren, rief er Jesuiten und Franziskaner in das Land. P. wurde so zur führenden Persönlichkeit der ungarischen Gegenreformation; er wurde daher von katholischer Seite der zweite Apostel Ungarns genannt. Als Politiker war P. habsburgfreundlich, obwohl er in einer solchen Politik auch Gefahren für das ungarische Ständewesen erblickte. Nicht zuletzt muß auf die Bedeutung der ungarischen Schriften P.s für die ungarische Literatursprache hingewiesen werden. Eine Gesamtausgabe der Werke P.s erschien 1894/1911 in Budapest (Opera omnia. A: Series Latina, 6 Bde, 1894/1904; B: Ungarische Serie, 7 Bde, 1894/1905; Epistolae, 2 Bde, 1910/11).

Literatur

[Fraknói] Frankl, Vilmos: Pázmány Péter és kora. 3 Bde. Pest 1868/72.
Schwicker, Johann Heinrich: Peter Pázmány, Cardinal, Erzbischof und Primas von Ungarn und seine Zeit. Köln 1888.
Áldásy, Antal: Pázmány Péter élete. Budapest 1898.
Szinnyei, József: Magyar írók élete és munkai. Bd 10. Budapest 1905, 618-629.
Kornis , Gyula: Pázmány személyisége. Budapest 1935.
Félegyházy, József: Pázmány bölcselete. Budapest 1937.
Őry, Nicolaus: Doctrina Petri Cardinalis Pazmany de notis Ecclesiae. Chierii 1952.
Klaniczay, Tibor: Pázmány Péter. Budapest 1961.
Őry, Miklós: Pázmány Péter tanulmányi évei. Eisenstadt 1970.
Kolozsvári Grandpierre, Emil: Pázmány (1570-1637). In: Irodalomtörténet 3 (1971) 41-75.
A Magyar Irodalomtörténet Bibliográfiája. Bd 1. Budapest 1972, 445-452.
Őry, Miklós: Peter Pázmány in Kaschau. In: Ungarn-Jb. 7 (1976) 73-102.  

Verfasser

Moritz Csáky (GND: 142599611)

GND: 118790048

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118790048.html


RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   Bild3   

Empfohlene Zitierweise: Moritz Csáky, Pázmány, Péter, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 417-419 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1509, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos