Gritti, Ludovico (Luigi, venezianisch Alvise), venezianischer Abenteurer und Kaufmann, * Konstantinopel 1480, † Siebenbürgen 28.09.1534.
Leben
Die Familie G. (ursprünglich Gratolani) stammte aus der Provinz Vicenza. G.s Vater war Andrea G., „oratore straordinario“ bei der Pforte, der 1523 Doge von Venedig wurde. Seine Mutter war eine Griechin, die von Andrea G. noch drei weitere uneheliche Kinder hatte.
In Padua ausgebildet, kehrte G. 1507/1508, da ihm wegen seiner unehelichen Geburt der Eintritt in eine höhere Laufbahn in der Republik Venedig versperrt blieb, nach Konstantinopel zurück. Dort war er in Handelsgeschäften tätig. Seine Glücksstunde schlug 1523, als der 30jährige Ibrahim Pascha Großwesir wurde. G., der neben dem Türkischen auch das Griechische beherrschte und über die Verhältnisse an den europäischen Höfen gut informiert war, wurde sein wichtigster Ratgeber. Er erhielt Steuerpachten und Handelsmonopole und wurde so ob seines Einflusses bald ein wichtiger Kontaktmann zwischen den europäischen Mächten und der Pforte. Das zeigte sich zuerst bei den Verhandlungen mit dem Gesandten Johann Szapolyais, Hieronim Jarosław Łaski (Dezember 1527 bis Januar 1528). G. setzte sich für Łaski soweit ein, daß dieser nicht nur eine Audienz beim Sultan erhielt, sondern auch ein Bündnis gegen Szapolyais Hauptfeind König Ferdinand von Ungarn. Am Ungarnfeldzug Sultan Süleymans 1529 nahm G. als Armeelieferant teil. Er blieb dann in Ofen als Berater Szapolyais und wurde von diesem im Oktober 1529 zum Generalschatzmeister ernannt. 1530 ging er als Gesandter Szapolyais nach Konstantinopel, kehrte jedoch noch im gleichen Jahre in die ungarische Hauptstadt zurück, erlebte die erfolglose Belagerung durch die Truppen Ferdinands und wurde am 26. Dezember zum „Gubernator" von Ungarn und Obergespan von Marmarosch ernannt. 1531 reiste er wiederum nach Konstantinopel, um die Bestätigung des zwischen Ferdinand und Szapolyai geschlossenen Waffenstillstands zu erlangen. 1532 war G. bei den erneut nach Ungarn vordringenden osmanischen Truppen und nahm im Mai an der erfolglosen Belagerung von Hermannstadt teil. Anfang Juli 1533 war er wieder in Ofen, wurde ungarischer Generalkapitän und belagerte mit 10 000 Mann und Unterstützung der türkischen Donauflottille ergebnislos Gran. Ende 1533 wurde er in die osmanische Hauptstadt zurückberufen; als Fachmann in ungarischen Angelegenheiten sollte er dort die Verhandlungen mit den Gesandten König Ferdinands leiten.
G.s Einfluß bei der Pforte sank, als Großwesir Ibrahim 1533 nach dem persischen Kriegsschauplatz zog. G. war schon fast dabei, sich der kaiserlichen Partei zu nähern, als er im Juni 1534 erneut mit osmanischen Truppen nach Ungarn geschickt wurde. Seine Willkürherrschaft dort, mit der er sich vor allem seiner persönlichen Gegner zu entledigen suchte, führte zu einem Volksaufstand in Siebenbürgen. Ende August 1534 wurde er in Mediasch von den von dem Moldauer Hospodaren Petru Rareş unterstützten Aufständischen belagert, floh, wurde von den Moldauern gefangen, an die Ungarn ausgeliefert und von diesen getötet.
G. blieb sein ganzes Leben lang Kaufmann und wußte politische Ambitionen mit wirtschaftlichen Interessen zu verbinden. Für die Venezianer war er ein wichtiger Vertrauensmann in Konstantinopel. Ob er nach der ungarischen Königskrone strebte, wie manchmal behauptet wird, ist nicht erwiesen.