Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Caragiale, Ion Luca
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Caragiale, Ion Luca

Caragiale, Ion Luca, rumänischer Schriftsteller, * Haimanale bei Ploieşti 30.01.1852, † Berlin 9.06.1912, aus einer Familie albanischer Herkunft, die sich zu Beginn des 19. Jh.s in der Walachei niedergelassen hatte (Caragiali).

Leben

C. besuchte die Volksschule und das Gymnasium in Ploieşti; das Gymnasium verließ er jedoch vorzeitig nach Abschluß der fünften Klasse. In den Jahren 1868-1870 nahm er an dem von seinem Onkel Costache C. geleiteten „Konservatorium“ in Bukarest Schauspielunterricht. Nach dem Tode seines Vaters (1870) sah sich C. gezwungen, für den Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner Schwester aufzukommen. Er wirkte nacheinander als Souffleur am Bukarester Nationaltheater, als Übersetzer dramatischer Literatur, Schulinspektor und Journalist. C. wurde Mitarbeiter, Redakteur oder Herausgeber verschiedener Zeitungen wie „Ghimpele“, „Claponul“, „Naţiunea“, „Voinţa Naţională“, „Timpul“, „Universul“ u. a.
Der russisch-türkische Krieg von 1877-1878, der den rumänischen Fürstentümern die Unabhängigkeit von der türkischen Oberhoheit brachte, bedeutete auch in C.s Leben eine entscheidende Zäsur. In der Redaktion der Zeitung „Timpul“ lernte er 1877 den Dichter Mihai Eminescu kennen, der ihn in den renommierten Literaturzirkel „Junimea“ einführte. Die Bekanntschaft mit Titu Maiorescu, dem Mentor dieser Gruppe, und dessen Förderung waren für C.s schriftstellerische Karriere von entscheidender Bedeutung. Nach dem Sturz der liberalen Regierung Brătianu im Jahre 1888 wurde Titu Maiorescu zum Kultusminister der neugebildeten konservativen Regierung ernannt. C. erhielt die Stellung eines Generaldirektors für das Theaterwesen, die er jedoch wegen zahlreicher Intrigen und Anfeindungen nur ein Jahr lang beibehielt.
Zwischen 1878 und 1890 entstanden die Dramen C.s. In den Lustspielen „O noapte furtunoasă“ (deutsch „Stürmische Nacht“ 1955) und „Conu Leonida faţă cu reacţiunea“ (Conu Leonida und die Reaktion) geißelte der Dichter die pseudoliberale Verherrlichung der revolutionären Ideen von 1848; im Lustspiel „O scrisoare pierdută“ (deutsch „Ein verlorener Liebesbrief“ 1942) zog er gegen die Korruption der politischen Parteien und deren Wahlmanipulationen zu Felde. Doch 1890 beendete der Mißerfolg seiner Tragödie „Năpasta“ (Das Unheil) C.s Karriere als Dramenautor. Bis 1900 verfaßte er eine Anzahl von Novellen und Erzählungen, die den Einfluß Emile Zolas verraten.
Das Jahr 1891 brachte C. eine herbe Enttäuschung: die Ablehnung seiner Kandidatur für einen Sitz in der „Rumänischen Akademie“. Nun fühlte er sich von allen Freunden verlassen und brach auch mit dem Kreis der „Junimea“. Sein Plan, nach Siebenbürgen auszuwandern, war nicht zu realisieren. 1901 erregte der Name C.s im Zusammenhang mit der sog. „Affäre Caion“ Aufsehen. C. wurde von dem Journalisten Constantin Al. lonescu, einem Strohmann des Dichters Alexandru Macedonski, des Plagiats in seinem Drama „Năpasta“ bezichtigt. Caion wurde der Verleumdung überführt, C. rehabilitiert, doch war er nun endgültig bereit, seiner Heimat den Rücken zu kehren. Im Jahre 1904 wanderte er mit seiner Familie nach Berlin aus, von wo er jedoch das politische und literarische Geschehen in Rumänien und Siebenbürgen aufmerksam verfolgte. Aus Anlaß des Bauernaufstandes im Jahre 1907 schrieb er ein aufsehenerregendes Pamphlet, und 1908 nahm er an einer Wahlkampagne für den konservativ-demokratischen Kandidaten Take lonescu teil. Im Jahre 1910 erschien der Prosaband „Schiţe Nouă“ (Neue Skizzen), eine Fortsetzung des unter dem Titel „Momente“ 1901 erschienenen Bandes seiner bekanntesten Kurzgeschichten. C. wandte sich auch in seiner Kurzprosa gegen Mißstände in der Schule, dem Presse- und Verwaltungswesen.
Das dichterische Werk C.s ist das zutreffendste sozialkritische Gemälde der rumänischen Jahrhundertwende. Es hat entschieden dazu beigetragen, daß die sozialen und politischen Mißstände der rumänischen Gründerzeit durch ihre Lächerlichmachung ins Bewußtsein des Volkes gerückt sind.

Literatur

Cioculescu, Şerban: Viaţa lui Ion Luca Caragiale. Bucureşti 1940, 1967(2).
Călinescu, George: Istoria literaturii române de la începuturi pînă în prezent. Bucureşti 1941.
Vianu, Tudor: Istoria literaturii române moderne. Bd 1. Bucureşti 1944.
Iosifescu, Silvian: Momentul Caragiale. Bucureşti 1963.
Roman, Ion: Caragiale. Bucureşti 1964.

Verfasser

Anneli Ute Gabanyi (GND: 129614114)

GND: 118667068

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118667068.html


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Empfohlene Zitierweise: Anneli Ute Gabanyi, Caragiale, Ion Luca, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 292-293 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=650, abgerufen am: (Abrufdatum)

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