Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Drašković von Trakošćan, Janko Graf

Drašković von Trakošćan, Janko (Johann) Graf, Politiker und Vorkämpfer der „kroatischen Wiedergeburt“, * Zagreb 20.10. 1770, † Radkersburg 14.1.1856, entstammte einer 1631 von Ferdinand II. in den Grafenstand erhobenen kroatischen Großgrundbesitzerfamilie.

Leben

D. bekam seine Ausbildung wahrscheinlich in Zagreb und Wien, leistete von 1787 bis 1792 seinen Militärdienst ab und hielt sich 1808 in Paris, anschließend in Karlovac und Zagreb auf. Politisch trat D. erst nach 1830 im Zusammenhang mit der von Ljudevit Gaj entscheidend geprägten „illyrischen Bewegung“ hervor. Angesichts des kroatischen Landtags von 1832, der die Delegierten für den ungarischen Reichstag in Preßburg zu wählen hatte, veröffentlichte D. seine an die zukünftigen kroatischen Abgesandten gerichtete „Disertatia...“. Er selbst wurde am 11. November 1832 zum kroatischen Delegierten für die Obere Tafel (Magnatenhaus) des ungarischen Reichstages (1832-1836) gewählt. 1838 publizierte er seine Broschüre „Ein Wort an Iliriens hochherzige Töchter ...“, in der er sich mit Erfolg bemühte, die in den Städten bereits weitgehend germanisierten kroatischen Frauen für ihr Volkstum zurückzugewinnen. Maßgeblich beteiligte sich D. an der Gründung der Lesehalle in Zagreb (Čitaonica ilirska“, 1838), die zum Mittelpunkt des neuen kulturellen und politischen Lebens in Kroatien wurde und in D. ihren ersten Präsidenten fand. In Zusammenarbeit mit Gaj setzte er sich nachhaltig für die Errichtung verschiedener - Bildung und Fortschritt fördernder - Institutionen ein (Volkstheater 1840, „Wirtschaftsverein“ 1841, „Matica Ilirska“ 1842 bzw. ab 1843 „Matica Hrvatska“). Nach dem Auftreten der ersten politischen Parteien in Ungarn (1840) und der Gründung der kroatisch-ungarischen (Madjaronen-)Partei organisierten sich die nationalkroatischen Kräfte im Abwehrkampf gegen die madjarische Hegemonie in der „Illyrischen“ bzw. „Nationalpartei“ (Ilirska bzw. Narodna stranka), zu deren Hauptvertretern D. zählte. Im März 1848 zog er sich von der Parteiführung zurück. Eine Kandidatur für das Amt des kroatischen Banus schlug er aus, arbeitete aber noch weiterhin bis zum Aufkommen des Absolutismus (Ende 1849) im kroatischen Landtag mit.
Die Periode von D.s intensiver politischer Tätigkeit ist gekennzeichnet durch die immer schärferen Auseinandersetzungen zwischen dem madjarischen und kroatischen Adel, die auf dem Preßburger Reichstag 1830 mit den Angriffen auf die kroatischen Munizipalrechte begannen und im Revolutionsjahr 1848/49 in der militärischen Konfrontation kulminierten. Der politische Standpunkt der kroatischen Seite wurde dabei entscheidend von D.s „Disertatia ..." geprägt. Bereits sprachlich stellte die Broschüre ein Novum in der kroatischen Geschichte dar, da hier erstmals in einer politischen Programmschrift statt des Lateinischen der weitverbreitete štokavische Dialekt gewählt wurde. Inhaltlich wurden auf der Grundlage des erwachenden „illyrischen“ (d. h. vor allem kroatischen) Nationalbewußtseins jene politischen Ansätze entwickelt, die bis zum Zusammenbruch der k. u. k. Monarchie zur Basis des nationalpolitischen Programms der Kroaten gehörten. D. forderte die Errichtung eines „Groß-Illyriens“ bzw. „illyrischen Königtums“ („kraljevstvo iliričko“), bestehend aus Kroatien, Slawonien, Dalmatien, der Militärgrenze, Rijekas und Bosniens zusätzlich der slowenischen Gebiete. Als Amtssprache sah er das „Illyrische“ (d. h. den štokavischen Dialekt) vor. Die Regierungsgeschäfte sollten im Namen des ungarischen Königs durch den Banus ausgeübt werden, dessen Machtbefugnisse im einstigen Umfang neu zu institutionalisieren seien. Aus dieser Forderung nach einer selbständigen kroatischen Regierung wurde in der weiteren Folge das trialistische Konzept der Kroaten entwickelt. Der in seinem politischen Stil konservative D. hoffte bei der Durchsetzung seiner Ziele auf die Hilfe des Wiener Hofes und legte damit zugleich den Grundstein für den späteren Austro-Slawismus. In gesellschaftspolitischer Hinsicht orientierte er sich am Beispiel des liberalen madjarischen Adels (István Széchenyi ) und nahm in der Frage des Abbaus der feudalen Machtstrukturen einen eher verzögernden Standpunkt ein. Als kroatischer Abgesandter zur Oberen Tafel hatte D. Gelegenheit, den hegemonistischen Bestrebungen des madjarischen Adels entgegenzutreten. Dabei kam es zu einer - durch die soziale Stellung D.s und die politischen Verhältnisse bedingten - Vermischung von progressiven, auf den politischen Entwicklungsprozeß der „illyrischen Nation“ abzielenden Tendenzen auf der einen und konservativen, teilweise reaktionären Tendenzen (so z. B. in der Frage der Urbarien und Kmeten sowie des Bürgerrechts für Protestanten) auf der anderen Seite. Da der revolutionäre Flügel des madjarischen Adels (Lajos Kossuth ) seine politischen und sozialen Reformen mit starken Madjarisierungsbestrebungen verknüpfte, wurde die kroatische Seite im Kampf um ihre nationale Eigenständigkeit (und ihre Standesinteressen) immer stärker in die Abwehr gedrängt (im Sprachenkampf kam es 1836 zur offenen Gegnerschaft). Infolge ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit im Reichstag konnten sich die Kroaten gegen die Einführung der madjarischen Amts- und Unterrichtssprache nur durch die Appellation beim Wiener Hof retten (Aufhebung der entsprechenden Reichstagsbeschlüsse von 1836, 1839 und 1843 durch Ferdinand V.). 1848 hatten sich die madjarisch-kroatischen Interessengegensätze zur Unversöhnlichkeit verschärft. Über D.s Haltung zu den revolutionären Ereignissen von 1848/49 (Jelačić, Kossuth u. a.) ist bisher wenig bekannt.
Parallel zum Abwehrkampf gegen die Madjarisierung liefen die Bestrebungen zur Förderung des kulturellen und politischen Lebens in Kroatien, wobei D. auf Grund seiner privilegierten Stellung und seiner Beziehungen der illyrischen Bewegung nach außen beim kaiserlichen Hof und nach innen in der Auseinandersetzung mit den kroatischen Madjaronen den erforderlichen politischen Nachdruck verleihen konnte. Seine kulturelle und politische Tätigkeit war damit mitentscheidend für die Anfangsperiode der „kroatischen Wiedergeburt“.

Literatur

Drašković, Janko: Disertatia iliti Razgovor. Darovan Gospodi Poklisarom Zakonskim y buduchjem Zakonotvorzem Kraljevinah naših za buduchu Dietu Ungarsku odaslanem, držan po jednom starom domorodcu Kraljevinah ovih. Karlovac 1832.
Ders.: Ein Wort an Iliriens hochherzige Töchter über die ältere Geschichte und neueste literarische Regeneration ihres Vater landes. Agram 1838.
Kukuljević Sakcinski, Ivan: Porodica Draškovica. In: Ders.: Glasoviti Hrvati prošlih vjekova. Zagreb 1886, 152-202.
Matić, Tomo: Iz mladih dana J. Draškovića. In: Vjestn. Zemaljsk. Arh. 16 (1914) 236-264.
Miskolczy, Gyula: A horvát kérdés története és irományai a rendi állam korában. Budapest 1927/28.
Maixner, Rudolf: Le comte J. Drašković et la France. In: Ann. Inst. franç., Zagreb 2 (1938) 173-193.
Fancev, Franjo: Janko grof Drašković prije god. 1832. In: Ljet. JAZU 50 (1938) 177-203.
Barac, Antun: Ilirska knjiga. Beograd 1938.
Bićanić, Rudolf: Ekonomski program J. Draškovića. In: Ders.: Počeci kapitalizma u hrvatskoj ekonomici i politici. Zagreb 1952, 141-156.
Georgijević, Krešimir: Grof J. Drašković (1770-1856). In: Pitanja književnosti i jezika 4/5 (1957/58) sv.A, 27-54.

Verfasser

Holm Sundhaussen (GND: 120956055)

GND: 143956531

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd143956531.html


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Empfohlene Zitierweise: Holm Sundhaussen, Drašković von Trakošćan, Janko Graf, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 433-435 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=756, abgerufen am: (Abrufdatum)

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