Jevtić, Bogoljub

GND: 1121244394

Jevtić (Jeftić), Bogoljub, jugoslawischer Politiker, * Kragujevac 24.12.1886, † Paris 7.06.1960.

Leben

 J. begann seine Karriere im diplomatischen Dienst und wurde 1926 jugoslawischer Gesandter in Tirana. Nach der Errichtung der Diktatur durch den König Alexander I. Karadjordjević am 6. Januar 1929 wurde er Hofminister. J., der vorerst der Radikalen Partei angehörte, war im Dezember 1931 einer der Mitbegründer der die Königsdiktatur stützenden „Jugoslawischen Nationalpartei“, die nach dem Verbot der alten politischen Parteien als Staatspartei alle Nationalitäten umfassen und die Errichtung eines national unitaristischen und zentralistischen Einheitsstaates fördern sollte. In einer Zeit verstärkter außenpolitischer Aktivität wurde der sowohl von König Alexander als auch vom späteren Prinzregenten Paul Karadjordjević sehr geschätzte J. am 2. Juli 1932 Außenminister. Er bekleidete diesen Posten in vier aufeinanderfolgenden Kabinetten durch zweieinhalb Jahre und konnte beachtliche Erfolge erzielen. Er verstärkte die Anlehnung Jugoslawiens an Frankreich und England und vertiefte das Bündnis innerhalb der Kleinen Entente. Der mit Griechenland, der Türkei und Rumänien am 9. Februar 1934 geschlossene Balkanpakt und eine Annäherung an Bulgarien vermochten der von Mussolini gegenüber Jugoslawien betriebenen Einkreisungspolitik erfolgreich entgegenzuwirken. Die zunehmende Unzufriedenheit mit der Diktatur und schließlich die Ermordung des Königs Alexander am 9. Oktober 1934 in Marseille machten innenpolitische Veränderungen unumgänglich. Nach dem Scheitern der Regierung von Nikola Uzunovic wurde J. am 19. Dezember 1934 mit der Regierungsbildung betraut. Er nahm als erster designierter Ministerpräsident seit der Einführung der Diktatur Gespräche mit den verbotenen, aber außerhalb des autoritär gewählten Parlaments weiterbestehenden politischen Parteien auf, um eine „Regierung der Verständigung“ zu bilden. Diese Verhandlungen mußten jedoch scheitern, weil J. nicht bereit war, vom unitaristischen und zentralistischen Kurs des Königs Alexander abzugehen und zu geringe Zugeständnisse für den Fall einer Regierungsbeteiligung machte. Die außerparlamentarische Opposition nützte vielmehr den von J. gelockerten Druck und schloß sich - mit Ausnahme der Radikalen Partei und der Slowenischen Volkspartei - zu einer gesamtjugoslawischen Opposition zusammen, die bei den Wahlen im Mai 1935 einen unerwarteten Erfolg erzielte. Als nach einer scharfen Auseinandersetzung im Parlament die drei kroatischen Minister im Kabinett J. zurücktraten, war der erste Versuch einer Liberalisierung der innenpolitischen Verhältnisse in Jugoslawien nach der Errichtung der Königsdiktatur gescheitert. J. mußte einer Kombination aus Vertretern einiger alter politischer Parteien unter Milan Stojadinovic weichen, dem es aber ebenso wenig gelang, das dringendste Problem, nämlich den Ausgleich mit den Kroaten, zustande zu bringen. In die Opposition gedrängt, gründeten J. und Petar 2ivkovic im Juni 1936 mit ihren Anhängern im Parlament eine neue „Jugoslawische Nationalpartei“, die sich bei den Wahlen im Dezember 1938 der gesamtjugoslawischen Opposition unter der Führung Vladimir Maceks anschloß. Nach dem Militärputsch vom 27. März 1941 war J. Verkehrsminister in der Regierung des Generals Dusan Simovic und - ab 1941 in der Emigration - Mitglied mehrerer Exilregierungen und schließlich vom September 1943 bis Juli 1944 Botschafter der königlichen Regierung in London. 1946 wurde J. Mitglied des von der jugoslawischen politischen Emigration gebildeten jugoslawischen Nationalausschusses in London.

Literatur

Čulinović, Ferdo: Jugoslavija izmedju dva rata. Zagreb 1961.
Plenča, Dušan: Medjunarodni odnosi Jugoslavije u toku drugog svjetskog rata. Beograd 1962.
Hoptner, J. B.: Yugoslavia in crisis. 1934-1941. London 1963.
Boban, Ljubo: Sporazum Cvetković-Maček. Beograd 1965.
Stojkov, Todor: Opozicija u vreme šestojanuarske diktature 1929-1935. Beograd 1969.

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)

Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Jevtić, Bogoljub, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 266-267 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1034, abgerufen am: 27.12.2024