Josif I. (eigentlich Lazar oder Lalju Jovcev), bulgarischer Exarch 1877-1915, * Kalofer 17.05.1840, † Sofia 20.06.1915.
Leben
J. besuchte in Kalofer die Grundschule und danach eine griechische Mittelschule. Ab 1861 in Istanbul, ging J. hier in ein griechisches, später in ein französisches Lyzeum. Die Zeit vom September 1864 bis August 1870 verbrachte J. in Paris, wo er zuerst Literatur, dann auch Rechtswissenschaften studierte. Da er nach seiner Rückkehr nach Istanbul beim Staate keine Anstellung erhalten konnte, widmete er sich dem Journalismus. Einige Monate arbeitete er für die in Istanbul erscheinende Zeitung „Makedonija“, deren Herausgeber Petko Slavejkov war, und vom Juni 1870 bis Mai 1872 in der Redaktion der ebenfalls in Istanbul erscheinenden Zeitschrift „Citaliste“. Dadurch wurde er in den bulgarischen nationalen Kreisen von Istanbul sehr bekannt. Zu dieser Zeit war Istanbul die größte „bulgarische“ Stadt (mit 30 000 Bulgaren), und von hier aus begann auch der nationale Kirchenkampf. Sowohl J.s Bildung als auch seine bedingungslose Ergebenheit gegenüber der bulgarischen nationalen Sache bewogen den Exarchen Antim nach der Gründung des bulgarischen Exarchats, J. für den Dienst an der Kirche zu gewinnen. Obwohl J. keine theologische Ausbildung hatte, entschloß er Danach kam er unter den unmittelbaren Schutz des Exarchen, der ihn zu seinem engsten Mitarbeiter machte. Noch im Jahre 1872 wurde J. Protosyngelos des Exarchen und bereits am 2. Februar 1876 wurde er zum Metropoliten von Lovec geweiht. Nachdem Exarch Antim - nach seiner positiven Stellungnahme zum bulgarischen Aufstand von 1876 - im April 1877 seines Amtes enthoben worden war, wurde J. am 24. April 1877 zum zweiten bulgarischen Exarchen gewählt. Am 5. Mai 1877 wurde er auch vom Sultan in seinem neuen Amt bestätigt. Nach der jungtürkischen Revolution (11.07.1908) hatte J. gegen die „Osmanisie- rung“ der nichttürkischen Bevölkerung in der Türkei zu kämpfen. Die neue türkische Regierung verlangte von J., daß er die Diözesen in der Türkei von jenen im Fürstentum Bulgarien administrativ trenne, wozu J. nicht bereit war. Er setzte sich auch der Absicht König Ferdinands I., die bulgarische Kirche mit Rom zu vereinigen, entgegen. Unter ihm richtete das bulgarische Exarchat in Konstantinopel sein Augenmerk hauptsächlich auf die Restaurierung und Organisation des Exarchats und auf die national-kirchliche Förderung der Bulgaren in der Türkei. Es gelang J. mit Umsicht und Ausdauer und mit Unterstützung des Fürstentums Bulgarien, allmählich in sieben Diözesen Mazedoniens bulgarische Bischöfe einzusetzen und in allen übrigen bulgarischen Gebieten der europäischen Türkei die kirchlich-nationale Organisation einzuführen. J. blieb in Istanbul bis zu den Balkankriegen 1912/13, am 26. November 1913 siedelte er nach Sofia über. Es hatte ihn hart getroffen, als er nach dem Frieden von Bukarest (28.07.1913) ein- sehen mußte, daß alle seine Bemühungen umsonst gewesen waren: Mazedonien wurde zum größten Teil zwischen den Griechen und Serben geteilt und die bulgarische Geistlichkeit mußte diese Gebiete verlassen. Dem Exarchen J. gebührt das Hauptverdienst an der Schaffung der inneren Organisation der Kirche und der modernen Ausbildung der bulgarischen Geistlichkeit. Außenpolitisch stand er auf der Seite Rußlands und geriet deshalb oft in Gegensatz zu König Ferdinand I., in dem er den Hauptschuldigen für die bulgarische Katastrophe in den Balkankriegen sah. Seine Bemühungen, durch die Vereinigung der bulgarischen politischen Parteien die Willkürherrschaft des Königs zu begrenzen, schlugen fehl. sich, Mönch zu werden (23.09.1872).
Literatur
Josif I., ekzarch bŭlgarski (1877-1912). Jubileen sbornik. Sofija 1904.
Kiril, patriarch: Ekzarch Antim (1816-1888). Sofija 1956.
Snegarov, Ivan: Dejnostta na bŭlgarskija ekzarch Josif I v navečerieto na balkanskata vojna i sled neja. In: Godišnik na duchovnata akademija 7 (1957/58) 257-278, 9 (1959/60), 187-207.
Arnaudov, Michail: Život i dejnost na ekzarch Josif. Sofija 1965.
Ignat'ev, A.: Ekzarch bolgarskij Iosif I. In: Žurnal Moskovskoj Partriarchii (1965) 6, 43-47.
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