Julianus (Julián), ungarischer Dominikaner und Missionar, † nach 1237.
Leben
Den Hinweisen einer heute nicht mehr eindeutig identifizierbaren „alten ungarischen Gesta“ folgend, unternahm J. mit drei seiner Ordensbrüder eine Missionsreise nach Osten, um die in „Magna Hungária“ verbliebenen Magyaren aufzufinden und zu bekehren. Er folgte damit einer Anregung von Papst Honorius III., der um 1219 die ungarischen Erzbischöfe bat, Missionare in den Orient zu senden. Vor ihm waren bereits um 1230 vier Dominikaner nach Rußland aufgebrochen, von denen allein der Priester Otto zurückkehrte, doch nur wenige Nachrichten mitbrachte. J. begann mit Unterstützung des jüngeren Königs Béla (IV.) im Frühjahr 1234 seine Reise: Uber Bulgarien erreichten die Mönche Konstantinopel, von wo sie nach Matrica (heute Taman) segelten. Da sie an den nördlichen Hängen des Kaukasus (Alania) keine Ungarn fanden, kehrten zwei Brüder zurück, J. aber setzte seine Reise nach Norden fort. Nach dem Tode seines Gefährten Gerardus erreichte J. allein die Ethyl (Wolga), wahrscheinlich im Flußgebiet der Cirimsan und Kundurca, wo er jenen Stamm traf, der „ganz die ungarische Sprache sprach“ und der von seinen weggewanderten Stammesbrüdern aus den „Geschichten der Alten“ Kunde hatte. Die genaue Identifizierung dieser „Ungarn“ ist umstritten; sie dürften einem Stamme der Baschkiren angehört haben. J. kehrte Ende Dezember 1235 über Vladimir und Kiev heim. Er erstattete von seiner Reise wohl persönlich Bericht in Rom; eine Aufzeichnung von der Hand des Frater Riccardus ist überliefert. J. unternahm 1237 eine zweite Reise, doch erfuhr er an der „äußersten Grenze bei Suzdal’ - von Flüchtlingen, daß die Mongolen Groß-Ungarn und Groß-Bulgarien vollständig vernichtet hatten. Er kehrte mit einem vermeintlichen Brief des Großkhans an König Béla IV. zurück und überbrachte die ersten ausführlichen Nachrichten von der Mongolengefahr. J.’ Reise eröffnete später den Weg für zahlreiche Missionare, meist Franziskaner, die (z. B. Johannes de Plano-Carpini, Wilhelm von Rubruk [RuyshroeckJ) auf seine Reisebeschreibung Bezug nahmen. Die spärlichen Nachrichten, die J. hinterließ, wurden auch von modernen Forschern der Urgeschichte der Magyaren und der Steppenvölker im allgemeinen nutzbringend verwendet.
Literatur
Pfeiffer, Nikolaus: Die ungarische Dominikanerprovinz von ihrer Gründung 1221 bis zur Tatarenverwüstung 1241-42. Zürich 1913.
Györffy, György: Krónikáink és a magyar őstörténet. Budapest 1948.
Dörrie, Heinrich: Drei Texte zur Geschichte der Ungarn und Mongolen. Die Missionsreisen des fr. Iulianus O. P. ins Ural-Gebiet (1234/5) und nach Rußland (1237) und der Bericht des Erzbischofs Peter über die Tartaren. In: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. I. Philologisch-historische Klasse (1956) 6, 125-202.
Györffy, György: Napkelet felfedezése. Budapest 1965.
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