Leo IX. (eigentlich Bruno Graf von Egisheim und Dagsburg), Papst 1048-1054, Heiliger der römischen Kirche (Fest am 19. April), * Egisheim (Elsaß) 21.06.1002, † Rom 19.04.1054, Sohn des Grafen Hugo II. von Egisheim und der Heilewide.
Leben
Schon als Kleriker am Hofe Konrads II. (1024-1039) beschäftigt, wurde L. mit 24 Jahren zum Bischof von Toul ernannt; dort zeichnete er sich besonders als radikaler Anhänger der cluniazensischen Reformbewegung aus. Auf dem Reichstag zu Worms von Heinrich III. (1039-1056) zum Papst erhoben, versuchte L. sein geistliches Ideal ebenso eifrig durch zahlreiche Synoden und weite Reisen in der ganzen Kirche durchzusetzen. Außerdem reorganisierte er die päpstliche Kanzlei und Verwaltung nach dem Vorbild der kaiserlichen; dies freilich mit Hilfe des Kardinals Humhert von Silva Candida (um 1000-1061), der ihn als engster Mitarbeiter häufig vertrat, da L. während seines ganzen Pontifikats nur wenige Monate in Rom weilte. Als militanter Verfechter der Reichspolitik beteiligte sich L. auch an den Normannenkriegen 1052/53, was aus zwei Gründen zu Zusammenstößen mit Byzanz führte. Zu den territorialen Ansprüchen der beiden Kaiser Heinrich III. und Kon stantin IX. Monomachos in Unteritalien kamen Reibereien zwischen griechischen und lateinischen Kirchenbehörden. Es entsprach der gegebenen Situation, daß sich die Auseinandersetzungen zwischen Kardinal Humhert und Patriarch Michael Kerullarios als Unterhändler ihrer Herren an Primat- und Universalansprüchen entzündeten. Der Streit zwischen den beiden Kirchen, die sich seit Photios im 9. Jh. immer weiter auseinandergelebt hatten, spitzte sich durch theologische Streitschriften weiter zu, wobei man sich gegenseitig liturgischer und disziplinärer Häresien beschuldigte, während es um reine Kompetenz- und Machtfragen ging. Der maßlose Humhert stand dem gewalttätigen Kerullarios, was theologische Klügeleien und eigenmächtige Praktiken betraf, in nichts nach. Zur Schlichtung des Streites schlug L. eine persönliche Aussprache zwischen den beiden in Konstantinopel vor. Der Papst konnte aber, da er nach der verlorenen Schlacht bei Civitate am 18. Juni 1053 acht Monate in normannischer Gefangenschaft verbrachte und bald nach seiner Freilassung verstarb, die traurigen Folgen seines Vorschlages nicht mehr verhindern. Die Begegnung endete damit, daß sich beide Parteien im Juli 1054 als Häretiker und Schismatiker gegenseitig aus der Kirche ausschlossen. Die weltgeschichtliche Bedeutung des Eklats wurde von den Zeitgenossen nicht erkannt, da ähnliche Vorgänge keine Seltenheit waren, doch blieb diesmal der mangelnde Wille zur Einheit auf beiden Seiten bestimmend. Ob durch das weitgehend eigenmächtige Handeln der beiden Kirchenfürsten der Bannfluch von Papst und Patriarch wirklich vollzogen war, bildet noch immer eine kirchenrechtliche Frage.
Literatur
Norden, Wilhelm: Das Papsttum und Byzanz. Die Trennung der beiden Mächte und das Problem ihrer Wiedervereinigung bis zum Untergang des byzantinischen Reiches. Berlin 1903.
Guggenberger, Konrad: Die deutschen Päpste. Köln 1916, 41-71.
Jugie, Martin: Le Schisme byzantin. Paris 1924.
Michel, Anton: Humbert und Kerullarios. 2 Bde. Paderborn 1924/31.
Sittler, Lucien und Paul Stintzi: S. Léon IX, le pape Alsacien. Colmar 1950.
Seppelt, Franz X.: Geschichte der Päpste von den Anfängen bis zur Mitte des 20. Jhs. Bd 3. München 1956, 12-31, 597-599 (mit Bibliographie).
Runciman, Steven: The Eastern Schism. Oxford 1955.
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