Libohova, Mufid Bey

Libohova, Mufid (Myfit) Bey, albanischer Politiker, * Libohovë Juli 1876, † Sarandë 7.02.1927, ältester Sohn des Gouverneurs von Gjirokastra und Abgeordneten im ersten türkischen Parlament von 1879 Neki Pascha aus der südalbanischen Großgrundbesitzerfamilie der Libobova-Arslan Pashali und der Bebixhe Hamza, einer Tscherkessin aus Tuapse, Bruder von Ekrem Bey L.

Leben

 L. studierte an den Universitäten von Istanbul und Lausanne und trat dann, noch sehr jung, in den diplomatischen Dienst des Osmanischen Reiches, das er u. a. als Gesandter in Griechenland, in Belgien und in der Schweiz vertrat. Nach der jungtürkischen Revolution gab L. seine diplomatische Karriere auf und ließ sich als Deputierter von Gjirokastra in das neue türkische Parlament wählen, wo er sich für die albanischen Belange einsetzte. Er unternahm Reisen in die europäischen Hauptstädte und nach Ägypten, wo er den Kheviden Abbas Elilmi Pascha, dessen Familie albanischen Ursprungs war, für die nationale Sache der Albaner zu gewinnen versuchte. L. gehörte nach Ausbruch des 1. Balkankrieges zusammen mit seinem Cousin Ismail Qemal Bey Vlora zu jener Gruppe von Politikern, die für eine Unabhängigkeit Albaniens eintrat. Er wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt und sein Besitz beschlagnahmt. Zu dieser Zeit befand er sich aber bereits in Rumänien. Am 28. November 1912 nahm er an der Proklamation der albanischen Unabhängigkeit in Valona teil. In der Provisorischen Regierung Ismail Qemal Bey Vloras übernahm L. zunächst das Innenministerium, das er wenig später an Esad Pascha Toptani abtrat, um das Ministerium des Äußeren zu übernehmen. Gleichzeitig wurde er Vertreter der albanischen Regierung bei der Internationalen Kontrollkommission für Albanien. Unter Wied amtierte L. in der Regierung Turban Pascha Permeti ab März 1914 als Minister für Justiz und religiöse Angelegenheiten. Den gleichen Posten behielt er auch in der zweiten Regierung Turban Paschas, die im Mai 1914 gebildet wurde. Als Turban Pascha im Juli 1914 seine Goodwill-Tour durch die europäischen Hauptstädte antrat, fungierte L. als Regierungschef. In dieser Zeit kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Fürsten Wied; L. trat von seinem Ministerposten zurück und ging im September als erster albanischer Geschäftsträger nach Rom. Nach dem Ausbruch des Weltkrieges, in dessen Gefolge Albanien von den kriegführenden Mächten besetzt wurde, schloß L. seine albanische Vertretung in Rom und begab sich nach kurzen Aufenthalten in Neapel und in der Schweiz nach Korfu, von wo aus er die Entwicklung der Situation in Albanien am besten verfolgen konnte. Nach dem Rückzug der griechischen Truppen, die einen Teil Südalbaniens besetzt hatten, kehrte L. nach Albanien zurück. Die Leitung einer südalbanischen Regionalregierung, die ihm die Italiener angeboten hatten, lehnte er ab. Nach Kriegsende gehörte L. zu den Initiatoren der Versammlung von Durazzo, die am 25. Dezember 1918 eine Provisorische Regierung bildete, deren Vorsitz dem im Ausland lebenden Ex-Premier Turban Pascha übertragen wurde. L. übernahm in dieser Regierung das Innen- und Justizministerium, später wechselte er in das Außenministerium über. Im April 1919 begab sich L. nach Paris, um auf der dort tagenden Friedenskonferenz die albanischen Interessen zu vertreten. Auf der Rückreise von Paris, im August 1919, machte L. in Rom Station und erreichte in Verhandlungen mit der italienischen Regierung, daß diese die Unabhängigkeit Albaniens anerkannte und zusicherte, daß die Zivilverwaltung von Valona rein albanisch sein würde und daß die italienische Besetzung dieser südalbanischen Stadt nur temporär wäre. Als sich nach der Konferenz von Lushnja (21. - 31.1. 1920) die Provisorische Regierung auflöste, zog sich L. für einige Zeit vom politischen Leben zurück. 1921 wurde auf ihn, der immer noch über einen großen Anhang im Lande verfügte, ein Attentat verübt, das er unverletzt überstand. 1923 wurde er als Vertreter von Gjirokastra erneut in das albanische Parlament gewählt und am 5. März 1924 trat er als Finanz- und interimistischer Justizminister in das Kabinett Verlad ein. L. gehörte zu den Gegnern der „Demokratischen Revolution“ Fan Nolis und unterstützte Zogu bei seinem Versuch, in Albanien die Macht zu ergreifen. Von Janina aus organisierte er Partisanenabteilungen, an deren Spitze er im Dezember 1924 in Albanien eindrang. In der am 15. Januar 1925 von Ahmed Zogu gebildeten Regierung übernahm L. das Finanz- und interimistisch das Außenministerium. Als bald darauf die Gründung einer albanischen Nationalbank und die Aufnahme einer Ausländsanleihe erwogen wurden, verhandelte Zogu mit einer englischen, L. aber mit einer italienischen Finanzgruppe. Die Italiener setzten sich durch, und am 15. März 1925 wurde ein italienisch-albanisches Bank- und Anleiheabkommen abgeschlossen, das Italien Kontrolle über die Finanzpolitik der Nationalbank und über die Verwendung der Anleihe einräumte. L. wurde vorgeworfen, von Italien eine Provision von 1 Million Goldfranken erhalten zu haben und es wurde eine parlamentarische Untersuchung gegen ihn eingeleitet, die indes keine Ergebnisse ergab. L. trat von seinen Regierungsämtern zurück, die von Sylejman Starova als Finanz- und Hysejn Bey Vrioni als Außenminister übernommen wurden. Er begab sich nach Paris zu seinem Sohn Malik Bey Lihohova, der dort Albanien diplomatisch vertrat. Nach seiner Rückkehr nach Albanien erlag er seinem angegriffenen Gesundheitszustand. L. hat sich nicht nur als Politiker, sondern auch als Schriftsteller einen Namen gemacht: Er verfaßte eine Biographie seines Vorfahren Ali Pascha Tepedelenli (L.s Onkel Malik Bey war ein Enkel Ali Paschas) „Tepedelenli Ali Paşa“ (Kairo 1903, 2. Aufl. Istanbul 1908), sowie Erinnerungen an seine politische Tätigkeit „Politika ime ndë Shqipëri 1916-1920“ (Gjirokastra 1921). Beide Bücher sind heute schwer zugänglich.

Literatur

Mitteilungen von Arslan di Libohova, Rom.

Verfasser

Peter Bartl (GND: 133417492)

Empfohlene Zitierweise: Peter Bartl, Libohova, Mufid Bey, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 31-33 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1250, abgerufen am: 25.11.2024