Michael Choniates, Metropolit von Athen 1182 - um 1222, * Chonai (heute Khonas, Kleinasien) um 1138, † Muntinitza (Vodonitza, Griechenland) um 1222, älterer Bruder des Niketas Choniates.
Leben
M., von seinen Eltern für den geistlichen Stand bestimmt, erhielt seine erste Ausbildung vom Metropoliten seiner Geburtsstadt und wurde für seine Weiterbildung nach Konstantinopel geschickt, wo unter anderen der berühmte Homerkommentator Eusthatios, der spätere Metropolit von Thessalonike, sein Lehrer war. Dieser übte auf ihn einen großen Einfluß aus. Nach Abschluß seines Studiums wurde M. Sekretär in der Patriarchatskanzlei, bis er 1182 auf den Metropolitenstuhl des längst zur Provinzstadt herabgesunkenen Athen berufen wurde. Der Gegensatz zwischen der großen Vergangenheit der Stadt und den traurigen Verhältnissen, mit denen er täglich konfrontiert wurde, beeindruckten M. sehr, der seine Metropole als „eine Ruine, wenn auch berühmt“ bezeichnete und der in seinen Schriften ein einprägsames Bild ihres desolaten Zustandes hinterlassen hat. Als Bischof erfüllte er nicht nur gewissenhaft seine kirchlichen Aufgaben, sondern kümmerte sich auch um die sozialen und wirtschaftlichen Nöte der Bevölkerung, wozu er seine guten Beziehungen zu einflußreichen Personen in der Hauptstadt, zu denen sein Bruder Niketas zählte, auszunutzen versuchte, allerdings mit wenig Erfolg. Doch konnte er, nach seinen eigenen Worten, den Kirchenbesitz vermehren, die Zahl seiner Kleriker vergrößern, eine gewisse Bautätigkeit entfalten und die Steuerlasten etwas verringern. Als der vierte Kreuzzug (1203/1204) den peloponnesischen Adeligen Leon Sguros, der eine selbständige Herrschaft in Griechenland errichten wollte, veranlaßte, Athen zu belagern, konnte M. einen Angriff auf die Akropolis zurückweisen; der Besetzung durch Bonifaz von Montferrat (Ende 1204) konnte er sich nicht widersetzen, und da er sich der lateinischen Kirche nicht unterordnen wollte, mußte er die Stadt verlassen. Er fand Zuflucht auf der Insel Keos. Sein Sitz in Athen wurde 1206 von einem lateinischen Bischof, Bernardus, eingenommen. Eine Einladung nach Nikaia im Jahre 1208 lehnte er aus Alters- und Gesundheitsgründen ab, desgleichen eine spätere Einladung nach Epirus, bei der noch hinzukam, daß er vom Herrscher von Nikaia, Theodoros I. Laskaris, die Rückeroberung von Konstantinopel erwartete. 1217 siedelte er von Keos in das Prodromoskloster von Muntinitza über, wo er um 1222 starb. M. war auch Gelehrter und Literat. Er besaß in Konstantinopel eine reiche Bibliothek, die er nach Athen mitnahm und zum Teil sogar nach Keos zu retten wußte. Er hinterließ ein umfangreiches Schrifttum, das literarisch und historisch von Bedeutung ist. Erwähnung verdienen die Begrüßungsansprachen an die Prätoren Nikephoros Prosuch (1182/83) und Demetrios Drimys (1183/84; praktisch eine Lobrede auf Andronikos I.), an den Logotheten Basileios Kamateros (zwischen 1195 und 1200) und an den Großadmiral Michael Stryphnos (1202/03), ein Enkomion auf Isaak II. Angelos (1187), Todesklagen auf Eustathios von Thessalonike (um 1194) und auf seinen Bruder Niketas (um 1217), eine an Alexios III. gerichtete Denkschrift gegen die Willkür der Provinzbeamten (1198/99), ein Gedicht auf Athen, viele
Homilien und eine umfangreiche Korrespondenz mit zahlreichen bedeutenden Männern seiner Zeit.
Literatur
Lampros, Spiridon P.: Michail Akominatu tu Choniatu ta sozomena. 2 Bde. Athen 1879/80.
Stadtmüller, Georg: Michael Choniates, Metropolit von Athen (ca. 1138 - ca. 1222). Rom 1934.
Beck: S. 637-638.
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