Molnar-Piuariu (ursprünglich Piuariu Moraru), Ioan von Müllersheim, rumänischer Arzt, Humanist und Publizist, * Sadu (Zood, Hermannstädter Stuhl) 1749, † 16.03.1815, entstammte einer die Kirchenunion mit Rom ablehnenden Popenfamilie. Für seine Verdienste als Arzt und erwiesene Treue zur Monarchie wurde er 1792 geadelt.
Leben
M. besuchte das Gymnasium in Hermannstadt und Klausenburg. Anschließend studierte er in Wien und erlangte hier als erster Rumäne einen medizinischen Grad - den Magister der Chirurgie und der Augenheilkunde. 1777 ließ er sich als Augenarzt in Hermannstadt nieder; 1791 wurde er auf den Lehrstuhl für Augenheilkunde an der Medizinisch-Chirurgischen Abteilung der „Königlichen Akademie“ zu Klausenburg berufen und 1800 zum ,Augenarzt des Groß-Fürstentums Siebenbürgen' ernannt. - M.s medizinische Veröffentlichungen setzten erste Maßstäbe für die rumänischsprachige Fachterminologie. Abgesehen von seiner Antrittsvorlesung „Sfătuire către studenţii în chirurghie“ (Ratschläge für Studenten der Chirurgie, 1793, ursprünglich Lateinisch) waren dies hauptsächlich Übersetzungen medizinischer Handbücher. M. war ein von humanistischen und aufklärerischen Gedanken beseelter ,Volksfreund', der mit seinen Schriften und seinem öffentlichen Wirken dem Kreis der „Şcoala ardeleană" (Siebenbürgische Schule) nahestand. Die Liste seiner Veröffentlichungen zeigt die Vielfalt seiner Interessen: Zu den frühesten Schriften über Ökonomie in rumänischer Sprache gehörte seine „Economia stupilor" (Die Ökonomie des Bienenstockes, Wien 1785 und unter anderem Titel, Hermannstadt 1808). - Zur Geschichte leistete M. drei Beiträge: Er stellte Fragmente und Regesten die Rumänen betreffender Akten für die Sammlung „Magyar Kőnyvház" (Ungarische Bibliothek) zusammen, übersetzte den ersten Teil der Weltgeschichte des Abbé Claude François Millot, die unter dem Titel „Istoria universală, adecă de obşte" (Universal- oder Weltgeschichte, Buda 1800) sehr populär werden sollte, und arbeitete an Samuil Micu-Kleins „Hronologhiia împăraţilor turceşti" (Chronik der türkischen Kaiser) mit. - Der Sprachpflege und -forschung galten ein Lehrbuch der Rhetorik für Studenten (Retorică, Buda 1798), die „Deutsch-Walachische Sprachlehre“ (Wien 1788, Neuauflagen in Hermannstadt 1810 und 1823, die der Grammatik von Gheorghe Şincai und Micu-Klein in Aufbau und Darlegung folgte) und das „Wörterbüchlein, deutsch und walachisches“ (Hermannstadt 1822 postum), das unter mehr als 8000 Wörtern auch Fach- und Fremdwörter meist lateinischen Ursprungs aufführte. - Um den Druck orthodoxer Kirchenbücher machte sich M. verdient, als er 1804/05 in Buda 1000 Menäen im Selbstverlag herausgab, denen 1811 die Oktoechos in der neuen Übersetzung des Bischofs von Argeş, Iosif, folgte. Immer wieder vergeblich verliefen M.s Bemühungen, die Erlaubnis zur Verlegung einer rumänischsprachigen Zeitschrift zu erlangen. So erschien 1795 lediglich der Plan für eine politische und naturwissenschaftliche Publikation unter dem Titel „înştiinţare“ (Bekanntmachung). M. gehörte als überzeugter Monarchist einem von Kaiser Leopold II. angeregten Geheimbund zur Stützung der Einrichtungen des Kaiserreiches an. Er war auch Mitglied der Hermannstädter Freimaurerloge zum ,hl. Andreas' und hatte daher gute Verbindungen zu ungarischen und deutschen Kreisen in Siebenbürgen. Als Unterhändler des Kaisers gelang es ihm, während des Horea-Aufstandes von 1784 mit dem Anführer Gheorghe Crişan einen Waffenstillstand auszuhandeln. Die rumänische Zukunft innerhalb der Monarchie hoffte er durch die Erwirkung einiger kultureller Autonomierechte zu sichern, weswegen er z. B. 1782 der Regierung eine Denkschrift zur Vermehrung der Zahl rumänischer Staatsschulen überreichte und 1790/91 an der Abfassung des „Supplex Libellus Valachorum“ mitarbeitete.
Literatur
Lupaş, Ioan: Doctorul Ioan Piuariu-Molnar. Viaţa şi opera lui (1749-1815). In: An. Acad. Rom., Memoriile Secţ. istorice, ser. III, tom. XXI (1939) 653-697.
Neamţu, Al.: Date noi privitoare la Ioan Piuariu-Molnar. In: Studii 13 (1960) 1, 83-90.
Ders.: Date noi despre Ioan Piuariu-Molnar. In: Studia Universitatis Babeş-Bolyai. Series Historia 15 (1970) 1, 53-71.
Bologa, V. L., I. Spielmann u. Z. Szőkefalvi Nagy: Contribuţii noi la viaţa şi activitatea lui Ioan Piuariu-Molnar (1749-1815). In: Anuarul Institutului de istorie şi arheologie Cluj 14 (1971) 55-79.
Popa, Mircea: Ioan Molnar-Piuariu. Cluj-Napoca 1976.
Empfohlene Zitierweise: Aurel Rǎduţiu, Molnar-Piuariu, Ioan von Müllersheim, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 232-233 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1383, abgerufen am: 23.11.2024
|