Mussolini, Benito, „Duce“ des faschistischen Italien, * Predappio (Provinz Forli) 29.07.1883, † Giulino di Mezzegra bei Azzano (Comer See) 28.04.1945, Sohn eines Dorfschmiedes.
Leben
1901 Volksschullehrer, begann M.s politischer Weg als marxistischer Sozialist. Ab 1912 Leiter des Parteiorgans „Avanti“ in Mailand, schwenkte M. von der Kriegsgegnerschaft zum Propagandisten einer Intervention Italiens in den Weltkrieg über. Nach dem Ausschluß aus der sozialistischen Partei schuf er sich im November 1914 mit dem Kampfblatt „Popolo d'Italia“ eine erste eigene politische Plattform. Nach zweijähriger Kriegsteilnahme und Verwundung wurde M. 1917 als Korporal aus der Armee entlassen. Am 23. März 1919 gründete er in Mailand den ersten „Kampfbund“ (Fascio di combattimento). Die Wendung dieser ursprünglich linken - sozialrevolutionäre und nationalistische Elemente miteinander verknüpfenden - Splittergruppe gegen den Sozialismus und Kommunismus ließ M. und seine „Bewegung“ angesichts großer Streikbewegungen in Norditalien, die als Symptom einer schweren sozialen und politischen Krise verstanden wurden, in den Jahren 1920-1922 einen immer stärkeren Anhang im Bürgertum finden. Im November 1921 gelang es M., gegenüber den auf Eigenständigkeit bedachten regionalen Gruppen des Faschismus den Übergang von einer „Bewegung“ zu einer straffer organisierten Partei einzuleiten. Unter dem Druck von „Feldzügen“ der paramilitärischen faschistischen „Schwarzhemden“-Organisation in den nördlichen Provinzen, schließlich von Neapel aus mit einem „Marsch auf Rom“ berief König Viktor Emanuel III. am 31. Oktober 1922 M. zum Ministerpräsidenten, zunächst einer bürgerlichen Koalitionsregierung. Nach der Krise des noch halb-parlamentarischen Regimes im Zusammenhang mit der Ermordung des sozialistischen Abgeordneten Giacomo Matteotti durch faschistische Terroristen (10.06.1924) vollzog M., beginnend mit dem Staatsstreich vom 3. Januar 1925 und durch eine Kette von Einzelmaßnahmen bis 1939 gesteigert, den Weg zur Alleinherrschaft der faschistischen Partei, zur weitgehenden Verschmelzung von Staats- und Parteiinstitutionen, zur faschistischen Indoktrination der Gesellschaft und zur persönlichen Diktatur des „Duce“. Jedoch blieben Monarchie, Wehrmacht und Kirche (Lateranverträge mit dem Hl. Stuhl am 11.02.1929) unangetastet. Die ursprünglich starken Sozialrevolutionären Impulse zurückdrängend, Georges Sorels Idee der „Action directe“ und Friedrich Nietzsches „Wille zur Macht“ übernehmend, entwickelte sich M.s Faschismus zu einem übersteigerten Nationalismus und Imperialismus (ausgehend von der in Italien verbreiteten Auffassung vom „verlorenen Sieg“ und „verstümmelten Frieden“ von 1919), dem innenpolitisch die Idee eines „Stato totalitario“, einer verabsolutierten Staatsgewalt mit dem Ziel einer Zusammenfassung aller Kräfte der Nation unter einen einheitlichen Willen als Voraussetzung für die Verwirklichung der weitgespannten außenpolitischen Ziele entsprach. Fernziel war, das Mittelmeer zu einem „mare nostro“ zu machen, seine Ausgänge in italienischen Besitz zu bringen und im Vorderen Orient und in Nordostafrika ein italienisches „Imperium“ zu errichten. Als Absicherung und zur Abrundung dieser Hauptstoßrichtung künftiger Großmachtpolitik neuer Prägung galt es neben der Festigung der 1919 gewonnenen Brenner-Grenze und der Stützung der Republik Österreich gegenüber Deutschland den westlichen Teil Südosteuropas unter Zurückdrängung des seit 1919 dort dominierenden Frankreich in den italienischen Einflußbereich einzubeziehen und die Adria zu einem von Italien allein beherrschten Meer werden zu lassen. Die Politik M.s gegenüber den Donau- und Balkanvölkern hatte somit vor allem eine funktionale Bedeutung im Rahmen der auf das Mittelmeer als Ganzes und auf den Orient und Nordostafrika zielenden Expansionspolitik und war zudem abhängig von der wechselnden Mächtekonstellation in Europa. Von daher ist der mehrfache, meist sprunghafte Wandel der faschistischen Haltung gegenüber den verschiedenen Ländern zu erklären. Die Konferenz von Lausanne (November 1922), die erste unter Teilnahme M.s, die der Revision des Friedens mit der Türkei von Sevres 1920 diente, brachte wohl die offizielle Anerkennung der italienischen Souveränität über die seit 1912 besetzten Inseln des Dodekanes, zerstörte jedoch zugleich die letzten Hoffnungen auf eine Aufrechterhaltung der italienischen Position in Südanatolien. Eine erste Übertragung faschistischer Methoden der „Action directe“ in die Außenpolitik stellte die Besetzung der griechischen Insel Korfu als „Antwort“ auf die Ermordung eines italienischen Generals (August 1923) dar. Unter Ausschaltung des Völkerbundes wurde zwischen Italien und Frankreich schließlich ein Kompromiß gefunden, der den Rückzug aus Korfu einschloß. Diesem vorprellenden Ausbruch aus dem Prinzip der „kollektiven Sicherheit“, der ohne überzeugenden Erfolg geblieben war, folgte eine Phase des Ausgleichs mit den Ländern Südosteuropas: im Januar 1924 wurde mit Jugoslawien in einem „Freundschaftsvertrag“ das Gebiet der „Freien Stadt Fiume“ geteilt (die Stadt fiel dabei an Italien) und der Status quo im Adria-Bereich „garantiert“; ein Beistandspakt mit Albanien (November 1926) ließ dieses Land praktisch unter italienischen Einfluß fallen. Das vorübergehend zurückgedrängte Mißtrauen Jugoslawiens wurde dadurch allerdings bereits wieder geweckt, so daß der zweite Vertrag mit Jugoslawien (Nettuno, Juni 1925) von Belgrad nicht mehr ratifiziert wurde. Ein Freundschaftsabkommen mit Ungarn (April 1927) und die Vermählung der Tochter Viktor Emanuels III., Giovanna, mit König Boris III. von Bulgarien (1930) zeigten erstmals eine Verbindungsaufnahme mit den Verlierern des Weltkrieges in Südosteuropa. Ein Freundschaftsvertrag mit Rumänien (1926) suchte die Gemeinsamkeit der Latinität zu nutzen. Nach der Weltwirtschaftskrise und der Machtübernahme Hitlers in Deutschland verfolgte M. das Ziel, unter Abwehr einer deutschen Expansion Italien an die Stelle Frankreichs als führende Macht zumindest im westlichen Teil Südosteuropas zu setzen. Die „Römischen Protokolle“ mit Österreich und Ungarn 1934 stellten eine erste Etappe dabei dar. Nach dem Abessinienkrieg (1935/36) schien die Chance für einen Übergang zu einem forcierten Kurs gegeben, der durch M.s Schwiegersohn Ciano als neuem Außenminister eingeleitet wurde. Während der italienischen Intervention im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) schien eine Zurückhaltung gegenüber Jugoslawien sinnvoll. Die wegen der Unterstützung der im italienischen Exil befindlichen Führer der radikalen kroatischen Ustascha-Organisation gespannten Beziehungen zu Belgrad wurden durch den „Versöhnungspakt“ mit Jugoslawien vom März 1937 verbessert. Ein erster Besuch M.s in Deutschland (Oktober 1937) führte zur „Freundschaft“ der beiden Diktatoren. Der wachsende Einfluß Deutschlands in Südosteuropa, mit dem „Anschluß“ Österreichs (März 1938) und der durch M.s Vermittlerrolle beim Münchner Abkommen (September 1938) nur verzögerten vollständigen Zerschlagung der Tschechoslowakei sprunghaft gesteigert, setzte den Anstrengungen M.s in diesem Gebiet allerdings enge Grenzen. Die Angliederung Albaniens (07.04.1939) durch eine Personalunion (Viktor Emanuel III. als König von Albanien) und die Intensivierung des Verhältnisses zu Ungarn und Bulgarien wogen das Vordringen des deutschen Einflusses nicht auf. Erst die Politik der „Nichtkriegführung“ (September 1939 - Juni 1940) schien vorübergehend eine Anlehnung der meisten Donau- und Balkanländer an Italien zu ermöglichen. Der Kriegsentschluß M.s vom 10. Juni 1940 („Parallel“-Kriegsgedanke) während des deutschen Sieges über Frankreich hob dann aber diese Möglichkeit wieder auf, verlagerte auch M.s Engagement in Richtung auf die Verwirklichung der Fernziele im Mittelmeer, Nordafrika und im Orient. Die Niederlagen seit dem Spätsommer hingegen führten zu einer Rückwendung zu den Ländern des westlichen Balkans, um wenigstens hier Erfolge zu erringen. Der Angriff auf Griechenland (28.10.1940) blieb jedoch stecken und vollendete nur die Abhängigkeit M.s von seinem stärkeren Partner Hitler (Aufgabe des „Parallel“-Krieges und Unterordnung unter die deutsche Strategie). Erst der deutsche Entlastungsangriff gegen Griechenland unter Einbeziehung Jugoslawiens (06.04.1941) brachte doch noch eine Erfüllung alter Ziele: Kroatien, Slowenien (westlicher Teil), Dalmatien und Montenegro sowie der größte Teil Griechenlands wurden italienische Besatzungsgebiete oder fielen in die Einflußsphäre Italiens. Die Ausweitung des europäischen Krieges zum Weltkrieg ließ die Rolle M.s immer geringer werden. Seine Anregung, mit der Sowjetunion einen Separatfrieden zu schließen und alle Kräfte gegen die britisch-amerikanischen Mächte zu konzentrieren, verwarf Hitler (Dezember 1942). Die zunehmende Härte des Krieges und die Kette der Niederlagen Italiens unterhöhlten die Machtstellung M.s und des Faschismus. Nach einem Mißtrauensvotum des Großen Faschistischen Rates trat M. am 25. Juli 1943 als Ministerpräsident zurück. Nach der Besetzung Nord- und Mittelitaliens durch die deutsche Wehrmacht aus der Haft in Gran Sasso befreit, stellte sich M. als Chef einer faschistisch-republikanischen Regierung (mit Sitz am Garda-See) zur Fortsetzung des Krieges an der Seite Hitlers zur Verfügung. In Südosteuropa waren bereits unmittelbar nach der Kapitulation Italiens (08.09.1943) sämtliche bisher von Italienern gehaltene Positionen von der deutschen Wehrmacht übernommen worden. Das faschistisch-republikanische Regime in Norditalien gewann trotz der Rückkehr M.s zu seinen Sozialrevolutionären Anfängen keinen festen Rückhalt. Beim Zusammenbruch der deutschen Front versuchte M. nach der Schweiz zu fliehen, wurde jedoch von italienischen Partisanen ergriffen und erschossen. Das Scheitern M.s nach der Etablierung und Stabilisierung seiner umfassenden Machtstellung im Laufe von 18 Jahren war auf das engste mit dem Versuch zur Verwirklichung der weitgespannten außenpolitischen Ziele unter Ausnutzung des Krieges zwischen Deutschland und den Westmächten und unter Anlehnung an Hitler verbunden. Die Katastrophe dieser Kriegspolitik machte alle - auch von vielen Repräsentanten westlicher Länder anerkannten - Erfolge seiner Staatsführung zunichte.
Literatur
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