Mutafčiev, Petŭr Stojanov

GND: 119092883

Mutafčiev, Petŭr Stojanov, bulgarischer Historiker, * Boženci (Kreis Gabrovo) 04.07.1883, † Sofia 02.05.1943.

Leben

Zusammen mit Boris Jocov - den er allerdings an Quantität wie Qualität seiner Schriften weit überragte - gilt M. als der bedeutendste bulgarische Historiker der Zwischenkriegszeit. M. absolvierte 1910 in Sofia ein Geschichts- und Geographiestudium und errang schon vor dem Ersten Weltkrieg mit profunden historischen Studien einen Platz in der Wissenschaft: „Selskoto zemevladenie vŭv Vizantija“ (Der bäuerliche Landbesitz in Byzanz, 1910), „Vladelite na Prosek“ (Die Herrscher von Prosek, 1913), „Stari gradišta i drumove iz dolinite na Strema i Topolnica“ (Alte Städte und Straßen im Tal der Strema und Topolnica, 1915). Von 1920 bis 1922 spezialisierte sich M. in München auf die Byzantinistik; mit Deutschland blieb er durch ständige Mitarbeit an der „Byzantinischen Zeitschrift“ verbunden. Zurückgekehrt wurde M. 1923 Professor für osteuropäische Geschichte an der Sofioter Universität; im gleichen Jahr erschien seine Studie „Vojniški zemi i vojnici vŭv Vizantija prez XIII - XIV vek“ (Kriegführende Länder und Soldaten in Byzanz vom 13. bis 14. Jh.). 1927 erschien sein Buch „Bŭlgari i Romŭni v istorijata na dunavskite zemi“ (franz. Ausgabe: Bulgares et Roumains dans l’histoire des pays danubiens, Sofia 1932). 1937 wurde M. ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften. 1943 kam sein zweibändiges Hauptwerk „Istorija na bŭlgarskija narod“ (Geschichte des bulgarischen Volkes) heraus, der zweite Band erst nach dem Tode des Verfassers. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde M. - wie alle „bourgeoisen“ Historiker - lange Zeit als „Geschichtsfälscher“ angesehen; erst in jüngerer Zeit erinnert man sich wieder freundlicher an ihn. Auf der I. Internationalen Tagung der „Bulgarischen Historischen Gesellschaft“ („Bŭlgarsko Istoričesko Družestvo) vom Mai 1972 wurde M. wieder mit deutlichem Respekt genannt (wenn auch noch nicht mit solcher Hochachtung wie Šišmanov, Zlatarski u. a.), besonders in den Bereichen, die für die neueren bulgarischen Historiker eingestandenermaßen noch Neuland sind: der Erforschung des internationalen Kontexts der bulgarischen Nationswerdung im 18. und 19. Jh. und in der Erforschung großer Persönlichkeiten des bulgarischen Mittelalters.

Literatur

Bužaški, Evlogi: Protiv buržoaznite izvraštenija i falšifikacii. Buržoazno-fašistki falšifikacii na bŭlgarskoto nacionalno-revoljucionno dviženie. In: Ist. Pregled 8 (1951/52) 289-320.
Sto godini Bŭlgarska Akademija na Naukite 1869-1969. Bd 1. Akademici i členove-korespondenti. Sofija 1969, 450-451.
Gjuzelev, Vasil: Istoriografija na ličnostite ot srednovekovnata bŭlgarska istorija. Sofija 1972, 3 [hekt.].

Verfasser

Wolf Oschlies (GND: 107216760)

Empfohlene Zitierweise: Wolf Oschlies, Mutafčiev, Petŭr Stojanov, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 282-283 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1427, abgerufen am: 25.11.2024