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Parčevič, Petŭr, bulgarischer katholischer Geistlicher, * Čiprovec um 1612, † Rom 23.07.1674.
Leben
P. entstammte als zweiter Sohn des Michail P. einem Zweig der Familie Knežević, deren Stammvater, Parčia Knežević, ein Sohn des bosnischen Königs Stefan Dabiša (1391-1395) war. Etwa 1623-1630 studierte er am Illyrischen Colleg in Loreto (Collegium Lauretanum), anschließend in Rom, wo er zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Von der Propagandakongregation nach Bulgarien entsandt, ging er 1644 auf Einladung des Erzbischofs von Marcianopel in partibus infidelium und Administrators der katholischen Kirche in der Moldau, Marco Bandini (Bandulović), als Missionar in die Moldau. 1647 entsandte ihn der Hospodar der Walachei, Matei Basarab, zum polnischen König Władisław IV., um ihn zu neuen Türkenzugsplänen zu ermuntern, die sich aber infolge des Aufstands der Dneprkosaken und des Todes Władysławs endgültig 1648 zerschlugen. 1649 ging er erneut auf die Reise, um in Polen, beim Kaiser und in Venedig für die Befreiung Südosteuropas von der osmanischen Herrschaft zu werben. Doch die Empfehlungsschreiben des neuen polnischen Königs Johann II. Kasimir konnten weder Ferdinand III. zum Waffengang mit den Türken, noch die Markusrepublik zu einem Bündnis mit Polen bewegen. 1654 ernannte der Vatikan P. als Nachfolger Bandinis zum apostolischen Vikar der Moldau, am 25. März 1656 wurde er zum Erzbischof von Marcianopel in partibus geweiht. P. ließ in seinen Bemühungen um eine Türkenliga nicht nach, deren Angriff den Rumänen und Bulgaren das Signal zur Erhebung gegen den Sultan geben sollte. 1656 reiste er nach einer Beratung mit den Hospodaren der Moldau und der Walachei sowie mit geistlichen Würdenträgern in den Donaufürstentümern wiederum zum Kaiser, dessen Interesse jedoch durch den ersten Nordischen Krieg in Anspruch genommen war. Nachdem er im April 1656 einen Waffenstillstand zwischen Polen und Moskau vermittelt hatte, beauftragte er den jetzt zum kaiserlichen Rat ernannten und in seinem Adel bestätigten P., auch zwischen den Dneprkosaken und Polen einen Frieden zustandezubringen. P. verließ Wien am 17. Januar 1657 und traf am 1. März in Čyhyryn beim Hetman Bohdan Chmel'nyckyi ein, der sich zur Annahme der kaiserlichen Vermittlung bereiterklärte. Nach einer längeren Unterbrechung der Rückreise in Lemberg wegen seines schlechten Gesundheitszustands erreichte P. Wien erst am 25. Dezember 1657, als der Kosakenhetman schon gestorben war und sein Nachfolger Ivan Vyhovskyj sich für den Ausgleich mit Polen entschieden hatte. P. betrieb jetzt den Loskauf türkischer Kriegsgefangener und trug zur (später widerrufenen) Konvention des Moldauer Hospodaren Grigore I. Ghica, der nach der osmanischen Niederlage bei St. Gotthard an der Raab (1664) nach Wien geflüchtet war, zum katholischen Glauben bei. Am 20. Juli 1686 bestätigte Leopold I. aufgrund des Standes der Vorfahren P. und seine Familienangehörigen als Freiherrn. Am 24. Oktober 1668 kehrte P. in die Moldau zurück, wo er ohne zureichende Einkünfte ein ärmliches und durch Tatareneinfälle stets bedrohtes Leben führte. 1670 versuchte er, Franziskaner ins Land zu holen. Eine neue Chance für seine antiosmanischen Pläne sah er nach dem Ausbruch des türkisch-polnischen Krieges 1672 kommen, dessen erstes Ergebnis, der Friede von Buczacz (18.10.1672), die Hospodare der Moldau (Ştefan Petriceicu) und der Walachei (Grigore I. Ghica) erheblich beunruhigte, weil die Abtretung Podoliens und Bracławs den Ausbau der osmanischen Positionen im Norden der Fürstentümer erlaubte. Als ihr Gesandter versuchte der durch ein Gichtleiden geschwächte P., in Polen, Wien, Venedig und schließlich Rom die Fortsetzung des Krieges mit vereinten Kräften zu erwirken. Nach der Ablehnung des Buczaczer Friedens durch den polnischen Reichstag gingen die Polen jedoch erfolgreich zur Offensive über, die der neue König Johann Sobieski zum glänzenden Abschluß bringen sollte. An dieser Entwicklung hatte P. keinen Anteil mehr.
Literatur
Pejacsevich, Julian Graf: Peter Freiherr von Parchevich, Erzbischof von Martianopel. In: Arch. österr. Gesch. 59 (1879) 337-637 (S. 475-637 Aktenpublikation).
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