Pouqueville, François Charles Hugues Laurent

GND: 172312574

Pouqueville, François Charles Hugues Laurent, französischer Balkanreisender und Konsul, * Merlerault (Orne) 04.11.1770, † Paris 20.12.1838.

Leben

Ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, begann P. 1791 das Studium der Medizin bei dem Chirurgen Antoine Dubois in Paris. Er begleitete 1798 seinen Lehrer in der Gruppe der Wissenschaftler, die Napoleon Bonaparte nach Ägypten mitgenommen hatte. Auf der krankheitshalber vorzeitig angetretenen Rückreise fiel er Piraten in die Hände. Über Tripolis wurde er nach Navarino verschleppt. Obwohl jetzt Kriegsgefangener, konnte er dank seiner medizinischen Fähigkeiten größere Teile der Peloponnes bereisen. Dann mußte er zwei Jahre in der türkischen Hauptstadt verbringen, wo er das Neugriechische erlernte.
1801 nach Paris zurückgekehrt, promovierte P. mit einer Arbeit über die orientalische Pest. 1805 erschien in Paris seine dreibändige „Voyage en Morée, à Constantinople, en Albanie, et dans plusieurs autres parties de l’empire ottoman, pendant les années 1798-1801“, die den Zeitgenossen ein farbenreiches, von Sympathie für die Griechen erfülltes Bild vermittelte (sogleich auch ins Englische, Italienische und Deutsche übersetzt). Kaiser Napoleon entsandte im Rahmen seiner weitgespannten Orientpolitik 1805 den landeskundigen P. als Generalkonsul zu Ali Pascha von Janina. An dessen Hof lebte P. bis zum Februar 1815, dabei das nördliche Griechenland und das südliche Albanien auf vielen Reisen sorgfältig erforschend. Nach dem Sturz Napoleons wurde er als Konsul nach Patras versetzt, wo ihm 1817 sein Bruder Hugues im Amte folgte. 1819 wurde er korrespondierendes, 1827 ordentliches Mitglied der „Académie des inscriptions et belles-lettres“ in Paris. Er veröffentlichte 1820/22 seine fünfbändige „Voyage dans la Grèce“ mit Karten von dem bekannten Jean Denis Barbié du Bocage. Darin findet sich vor allem viel Material über Ali Pascha. Außerdem bemühte sich P., im zeitgenössischen Griechenland das antike Hellas wiederzuentdecken. Durch seine „Histoire de la régénération de la Grèce“ (4 Bde, Paris 1824, deutsch 1824/25) wurde er zu einem der ersten Geschichtsschreiber des griechischen Aufstandes und durch zahlreiche Zeitungsartikel ein wichtiger Sympathiewerber für die Griechen.
Die philhellenische Dichtung schöpfte aus P.s Werken zahlreiche Anregungen. Die spätere Forschung hat viele der Aufstellungen P.s berichtigen müssen, seine Bedeutung als Pionier der Landeskunde Griechenlands bleibt davon unberührt.

Literatur

Lair, Jules: La captivité de François Pouqueville a Constantinople 1800-1801. In: Bulletin de la Société des antiquaires de Normandie 27 (1909) 175-195.
Dehérain, Henri: Une correspondance inédite de François Pouqueville. In: Revue de l’histoire des colonies françaises 11 (1921) 61-100.

Verfasser

Gerhard Grimm (GND: 13735374X)

Empfohlene Zitierweise: Gerhard Grimm, Pouqueville, François Charles Hugues Laurent, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 474-475 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1550, abgerufen am: 01.04.2025