Schnitzer, Eduard Carl Oscar Theodor (Emin Pascha), deutscher Forscher und osmanischer Verwaltungsbeamter, * Oppeln (Schlesien) 28.03.1840, † Kinena südöstlich Kisangani (Stanleyville, ehemaliger Kongo-Freistaat) 23.10.1892, jüdischer Herkunft, 1846 protestantisch getauft, sein Übertritt zum Islam ist zweifelhaft.
Leben
Nach einem Medizinstudium in Breslau, Berlin und Königsberg begab Sch. sich Ende 1864 nach Antivari (Bar) und wurde dort im Sommer 1865 Quarantäne- und Distriktsarzt, eine Tätigkeit, die nur 1868/69 vorübergehend unterbrochen wurde; Dienstreisen führten ihn nach Montenegro, Bosnien und Albanien. Ab 1871 Günstling des Wali Divitçi Ismail Hakkı Pascha in Skutari, besuchte Sch. Syrien, Izmir und Istanbul und folgte Ismail Pascha dann in die durch den Großwesir Mahmud Nedim Pascha veranlaßte Verbannung nach Trapezunt. Im Herbst 1872 war Sch. wieder in Istanbul, wurde dort im Februar 1873 Arzt im Marinehospital Haydarpaşa, schloß sich im Juli aber wieder seinem Gönner an, als dieser Wali in Janina wurde. Ismail Pascha starb bald darauf, und Sch. begleitete seine Witwe, eine Ungarin aus Siebenbürgen, mit ihren Kindern und der Dienerschaft Ende 1873 zur Regelung der Erbschaft nach Istanbul und dann über Arco in Südtirol (September 1874) im Sommer 1875 nach Neiße, wo er sie als seine Frau ausgab. Im September des gleichen Jahres ließ er sie in Deutschland zurück und traf im folgenden Monat in Ägypten ein. Die Familie Ismail Hakkı Paschas hat Sch. später heftig angegriffen und beschuldigt, sie um ihr Erbe gebracht zu haben. Sch. reiste sofort in den Sudan weiter, wurde 1876 von Gordon Pascha zum Provinzarzt in Lado ernannt und war seitdem als Mehmed Emin Bey bekannt. Er übernahm politische Missionen nach Uganda und wurde 1878 als zweiter Nachfolger Gordons Gouverneur der Äquatorialprovinz. Hier bemühte er sich um eine geordnete Verwaltung, Förderung der Wirtschaft und Bekämpfung des Sklavenhandels und suchte zugleich auf ausgedehnten Dienstreisen das Land geographisch, zoologisch und völkerkundlich zu erforschen. Durch den Mahdiaufstand 1885 endgültig von dem Landweg nach Ägypten abgeschnitten, hielt er sich auf schrumpfendem Gebiet noch weitere vier Jahre, wurde am 1. Februar 1887 durch den Khediven zum Pascha ernannt und traf am 29. April 1888 am Albertsee mit dem Afrikareisenden und Leiter einer Hilfsexpedition Henry Morton Stanley zusammen. Erst im April 1889 entschloß sich Sch., die Verwaltung seiner Provinz aufzugeben, und erreichte im Dezember die Küste des damaligen Deutsch-Ostafrika. Im Februar 1890 wurde Sch. kommissarisch in den auswärtigen Dienst des Deutschen Reiches übernommen, brach bereits im April zu einer neuen Expedition nach Zentralafrika auf und wurde zwei Jahre später auf dem Territorium des Kongostaates durch arabische Sklavenjäger ermordet.
Literatur
Schweinfurth, Georg und Friedrich Ratzel (Hrsg.): Emin Pascha. Eine Sammlung von Reisebriefen und Berichten. Leipzig 1888.
Stanley, Henry Morton und Mountenay Jephson: Emin Pasha and the Rebellion at the Equator. London 1890.
Reichard, Paul: Dr. Emin Pascha, ein Vorkämpfer der Kultur im Innern Afrikas. Leipzig 1895(2).
Schweitzer, Georg: Emin Pascha. Eine Darstellung seines Lebens und Wirkens mit Benutzung seiner Tagebücher, Briefe und wissenschaftlichen Aufzeichnungen. Berlin 1898.
Gövsa, Ibrahim Alâettin: Türk meşhurları ansiklopedisi. Istanbul 1946 (Art. „Divitçi Ismail Paşa“).
Moorehead, Alain: The White Nile. London 1960.
Empfohlene Zitierweise: Hans-Jürgen Kornrumpf, Schnitzer, Eduard Carl Oscar Theodor, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 97-98 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1635, abgerufen am: 23.11.2024
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