Vlad III. Ţepeş

GND: 118627333

Vlad III. Ţepeş (der Pfähler), Fürst der Walachei Oktober-November 1448 (1448-1450 ?), 1456-1462, November-Dezember 1476, * 1428/29 oder 1431, † (ermordet) 1476, Sohn Vlad Draculs und einer Verwandten möglicherweise aber Tochter Alexanders des Guten, Enkel Mirceas des Alten und Cousin Stefans des Großen.

Leben

V. wurde in Siebenbürgen geboren und erhielt seine erste Erziehung wahrscheinlich in Schäßburg (Sighişoara), später in Tîrgovişte. Die Jahre 1443-1447 verbrachte er als Geisel für seinen in der Walachei von den Türken eingesetzten Vater Vlad Dracul in türkischem Gewahrsam. Nach dessen Ermordung freigelassen, konnte sich V. mit Hilfe der Gegner Johann Hunyadis sowie des Paschas von Nikopolis in Abwesenheit des Fürsten Vladislav II. des walachischen Thrones bemächtigen (Oktober 1448). Er mußte diesen aber nach der Rückkehr Vladislavs vom Türkenfeldzug (Amselfeld) wieder aufgeben (November 1448). Die Ansicht Constantin Stoides, daß V. von 1447 bis 1450 regiert haben soll, wird von den Autoren der beiden letzten Arbeiten über den Fürsten nicht geteilt. Anschließend hielt er sich in der Moldau auf (Ausbildung mit Stefan dem Großen) und kehrte 1455 nach Siebenbürgen zurück (Unterbrechung des Aufenthaltes 1451-1452), wo er die Unterstützung Hunyadis erlangen konnte, der sich inzwischen mit seinem Protegé Vladislav entzweit hatte. Im April 1456 gelang es so V. erneut, Fürst der Walachei zu werden. Die ersten Jahre seiner Herrschaft waren erfüllt von wechselhaften Beziehungen zu Siebenbürgen. Ein am 6. September 1456 mit Kronstadt (Braşov) und später mit Hermannstadt (Sibiu) abgeschlossener Handelsvertrag brachte dem siebenbürgisch-sächsischen Handel in der Walachei erhebliche Vergünstigungen. Das gutnachbarliche Verhältnis verschlechterte sich jedoch in der Folge dadurch, daß der ungarische König Ladislaus Postumus Gegenkandidaten für den Thron der Walachei favorisierte (Dan III. und Basarab Laiotă), die in Siebenbürgen Rückhalt fanden. Zwecks Ausschaltung dieser Rivalen unterstützte V. Matthias Corvinus gegen Ladislaus Postumus. Nach einem ersten Einfall in Siebenbürgen im Jahre 1457 kam es 1458-1460 zu mehreren Feldzügen V.s, die u.a. Kronstadt, Hermannstadt, Almaş und Făgăraş galten, wobei durch die barbarische Hinrichtungspolitik des Fürsten einige Gebiete regelrecht entvölkert wurden. Nach dem Ausbruch des Konfliktes zwischen V. und den Türken (1461) nahmen dann die Angriffe ein jähes Ende. Die Differenzen bestanden im ausständigen Besuch V.s am türkischen Hof, seiner Weigerung, den Tribut zu entrichten sowie die Knabenlese zu gestatten. Eine vom Sultan Mehmed II. mit der Führung von Verhandlungen bevollmächtigte Abordnung (Thomas Catavolinos und Bey Hamza von Nikopolis) nahm V. auf türkischem Gebiet bei Giurgiu gefangen und ließ sie vor den Stadtmauern von Tîrgovişte pfählen. Ein europäischer Türkenkreuzzug, für den diese Aktion ein Signal sein sollte, kam aber nicht zustande. Am 26. April 1462 setzte sich ein starkes türkisches Heer unter dem Befehl des Sultans in Richtung Walachei in Bewegung. V.s Armee war zu schwach, um sich den Türken in einer offenen Feldschlacht stellen zu können. Nach kleineren Gefechten unternahm der Fürst am 17. Juni einen Nachtangriff auf das in der Nähe von Tîrgovişte befindliche Lager des Sultans und fügte dem Gegner schwere Verluste zu. Angesichts eines erfolglosen Kleinkrieges, des Mangels an Versorgungsgütern und des Ausbruches der Pest sah sich Mehmed zum Rückzug veranlaßt. Es gelang in der Folge allerdings dem von ihm unterstützten Radu dem Schönen (cel Frumos), einem Bruder V.s, die Bojaren der Walachei für sich zu gewinnen, ein in Anbetracht des eben errungenen Türkensieges etwas rätselhafter Vorgang, der sich aus den Quellen kaum klären läßt. V. mußte nach Siebenbürgen flüchten (Oktober/November 1462) und hoffte auf die Hilfe von König Matthias, die dieser aber angesichts der Vorlage von (gefälschten) Briefen zurückzog, aus denen hervorging, daß V. mit den Türken gegen Siebenbürgen (Ungarn) zu paktieren beabsichtige. V. wurde im November 1462 festgenommen und zuerst vier bis fünf Jahre in Visegräd oder Waitzen (Väc) inhaftiert und bekam anschließend ein Haus in Pest zugewiesen. Aus dieser Pester Zeit dürfte das früher auf Schloß Ambras in Tirol befindliche Porträt des Fürsten stammen. V. konnte sich dann durch die Heirat mit einer Verwandten des ungarischen Königs Matthias und durch den Übertritt zum katholischen Glauben erneut die Anwartschaft auf die Herrschaft in der Walachei sichern. Im Herbst 1476 rückte er im Gefolge eines vom siebenbürgischen Woiwoden Stefan Báthory geführten Heeres in das Land ein, konnte sich aber nach dessen Abzug gegen den mit türkischer Hilfe zurückkehrenden Basarab Laiotă (seit 1473 Fürst der Walachei) nicht behaupten. V.s geköpfter Leichnam (die näheren Umstände seines Todes liegen im Dunkel) wurde von Mönchen in der Nähe des Klosters Snagov gefunden und er dürfte auch dort beigesetzt worden sein.
Über die Innenpolitik V.s ist nur wenig bekannt. Bedeutsam ist, daß er am Ende seiner Regierung die Residenz nach Bukarest verlegte (vorher Cimpulung und Curtea de Argeş). Weiters hat er ein sich ihm ergebenes Militär geschaffen und die Macht der Bojaren eingeschränkt. Im Frühjahr 1459 sollen 500 Bojaren im Anschluß an ein Festmahl ergriffen und gepfählt worden sein. Die meisten der alten Bojarennamen verschwinden in seiner Zeit und machen neuen Platz. V.s Aktionen waren auch gegen die katholische Kirche als Machtinstrument der ungarischen Könige gerichtet, während er andererseits die orthodoxe Kirche sehr förderte. Grausamkeit und Religiosität waren in der Person dieses Fürsten in gleicher Weise vereint. In der gegenwärtigen rumänischen Historiographie werden bei der Beurteilung der Persönlichkeit V.s sein erfolgreicher Kampf gegen die Türken sowie die Zentralisierung der Verwaltung sehr positiv bewertet, ja geradezu überbetont. Die Frage, ob es sich hier nicht um einen pathologisch veranlagten Menschen gehandelt habe, wird nicht gestellt. Zwischen den beiden Extremen „Held“ und „blutrünstiger Tyrann“ bewegten sich die Charakterisierungen in der früheren Historiographie. Was die bald nach V.s Tode zirkulierenden Pamphlete bzw. Erzählungen in deutscher und russischer Sprache betrifft, so sind die darin enthaltenen makabren Details aus dem Leben des Fürsten (er habe inmitten der Gepfählten gespeist, sogar in ungarischer Gefangenschaft die Mäuse gepfählt usw.) zweifellos stark übertrieben, und es gibt auch in der west- und mitteleuropäischen Geschichte Ereignisse, die mit den von V. verübten Untaten verglichen werden können (Bartholomäus-Nacht). Ohne quellenmäßige Fundierung wurde V. andererseits wieder mit Robin Hood verglichen und als Beschützer der Rechtlosen sowie Garant der Gerechtigkeit und Ordnung hingestellt. Aufgrund der wenigen vorhandenen Belege vor allem zur Innenpolitik V.s wird eine einigermaßen zutreffende Beurteilung dieser Persönlichkeit immer sehr schwierig sein, auch wenn es Ştefan Andreescu in seiner Arbeit gelungen ist, die Gründe für die negative Verzerrung des Fürstenbildes recht überzeugend darzulegen.

Literatur

Bogdan, Ioan: Vlad Ţepeş şi naraţiunile germane şi ruseşti asupra lui. Bucureşti 1896.
Striedter, Jurij: Die Erzählung vom walachischen Voyevoden Drakula in der russischen und deutschen Überlieferung. In: Z. slav. Philol. 29 (1961) 398-427.
Giraudo, Gianfranco: Drakula. Contributi alla storia delle idee politiche nell’Europa Orientale alia svolta del XV siecolo. Venezia 1972.
Florescu, Radu u. Raymond T. M[a]c Nally: Dracula. A biography of Vlad the Impaler, 1431-1476. New York 1973.
Stoide, Constantin: Contribuţii la studiul istoriei Ţării Româneşti între anii 1447 şi 1450. In: Anuarul Institutului de istorie şi arheologie ,,A. D. Xenopol“ 10 (1973) 163-181.
Stoicescu, Nicolae: Vlad Ţepeş. Bucureşti 1976.
500 de ani de la moartea lui Vlad Ţepeş. In: Revista de istorie 29 (1976) 11 [Enthält mehrere Beiträge zur Person Vlads einschließlich eines chronologischen Abrisses und einer umfassenden Bibliographie].
Andreescu, Ştefan: Vlad Ţepeş (Dracula) între legendă şi adevăr istoric. Bucureşti 1976.  

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)

Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Vlad III. Ţepeş, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 420-422 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1849, abgerufen am: 25.11.2024