Apponyi, György Graf

GND: 143860348

Apponyi, György (Georg) Graf, * Preßburg 29.12.1808, † Eberhard (Preßburger Komitat) 28.02.1899, ungarischer konservativer Politiker und Hofkanzler, Vater von Albert Graf A.

Leben

Aus einer der angesehensten ungarischen Magnatenfamilien stammend, gelangte A. 1839 in den Reichstag als Mitglied der Magnatentafel und wurde dort bald einer der Führer der Konservativen. Als nach der Erstarkung der ungarischen Reformbewegung mit Ablauf des 1843/44er Reichstages der Wiener Hof nicht mehr in einer Politik der bloßen Negation jeglicher Reformen verharren konnte, akzeptierte er die Politik der mäßigen Reformen, wie sie bereits 1840 von Aurél Graf Dessewffy vorgeschlagen worden war, und ernannte im November 1844 A. zum Vizekanzler, der jedoch tatsächlich die Geschäfte an Stelle des kränklichen Kanzlers führte. A. war entschlossen, um jeden Preis die Macht der liberalen Opposition zu brechen, und ließ in den oppositionellen Komitaten unter Verletzung ihrer Autonomie vom König zwangsweise Administratoren an Stelle der Obergespane einsetzen. Ein Ausgleich zwischen den gemäßigteren Mitgliedern der Opposition und der Regierung in der Frage der Reformen scheiterte in der revolutionären Entwicklung, nachdem A. nach der Revolution in Paris sich jeder Reform widersetzt hatte. Er dankte als Hofkanzler, der er seit dem 5. April 1846 auch de jure war, am Tage der Wiener Revolution (13.03.1848) ab.
In der der Katastrophe von Világos folgenden sog. absolutistischen Ära versuchte A. mit den „Altkonservativen“ vergeblich, den Wiener Hof zur Respektierung der alten ungarischen Verfassung zu bewegen. Er folgte deshalb der Einladung des Monarchen und nahm an dem am 31. Mai 1860 eröifneten sog. „verstärkten Reichsrat“ und den Verhandlungen in der Ministerratssitzung, die zum Oktoberdiplom führten, teil. Nach der partiellen Wiederherstellung der ungarischen Verfassung am 20. Oktober 1860 wurde A. zum Tavernicus ernannt, und er präsidierte an der Tavernical-konferenz (23. Januar bis 4. März 1861), die über die Wiederherstellung der Kompetenzen der ungarischen Gerichte dem Monarchen Vorschläge zu unterbreiten hatte. A. als königlicher Kommissar eröffnete am 6. April 1861 den ungarischen Reichstag.
Die Regierung in Wien beachtete die 1861 wiederhergestellte Rechtssprechungsautonomie Ungarns nicht und richtete fortwährend Verordnungen an die Septemviraltafel, die jedoch von A. jedesmal unter Protest und unerledigt zurückgesandt wurden. Das Memorandum, das er zur Neuregelung des Verhältnisses zwischen Ungarn und Österreich auf die Aufforderung Franz Josephs hin zusammen mit Antal Majláth, Pál Graf Sennyey und József Ürményi verfaßte, wurde Anfang 1863 vom Monarchen als unannehmbar abgelehnt. Er reichte deshalb öfters seine Demission ein, doch diese wurde von Franz Joseph erst angenommen, als A. demonstrativ an einer Veranstaltung zu Ehren Ferenc Deáks teilgenommen hatte (3.04.1863). Vom November 1864 an gab A. in Wien eine Zeitung in deutscher Sprache heraus; die Zeitung - „Die Debatte“ - bekämpfte die „Verwirkungs-Theorie“ Lustkandls und warb um seine Vorstellungen über den Ausgleich.
1865 zum Abgeordneten gewählt, war A. Mitglied der Reichstagskommission, die über das Ausgleichsgesetz verhandelte. Nach dem Ausgleich legte er sein Mandat nieder. Zwischen dem mangelnden Rückhalt im Volk und dem Mißtrauen des Hofes zerrieben, gelang es den „Altkonservativen“ nicht, den Ausgleich zwischen dem Land und der Dynastie herbeizuführen. Vergebens näherten sie unter dem Druck der Öffentlichkeit sich immer mehr dem 1848er Standpunkt; sie wurden von Ferenc Deák und den Gemeinadeligen um ihn überspielt.
A. wurde nach seiner Mandatsniederlegung automatisch Mitglied des Magnatenhauses bzw. - nach 1885 - des Oberhauses, doch er tat sich bis zu seinem Tode politisch nur noch wenig hervor.

Literatur

Deák Ferencz beszédei. Hrsg. Manó Kónyi. Bd 1-4. Budapest 1882/97.
Lukács, Lajos: Magyar függetlenségi és alkotmányos mozgalmak 1849-1867. Budapest 1955.
Szabad, György: Forradalom és kiegyezés válaszútján (1860-61). Budapest 1967.

Verfasser

Adalbert Toth (GND: 107959593)

Empfohlene Zitierweise: Adalbert Toth, Apponyi, György Graf, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 88-89 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=470, abgerufen am: 23.11.2024