Bach, Alexander (seit 1854): Freiherr von, österreichischer Staatsmann, * Loosdorf (Niederösterreich) 4.01.1813, † Schloß Schönberg bei Unterwaltersdorf (Niederösterreich) 13.11.1893, Nachkomme von Bauern; sein Vater war Jurist und eröffnete 1831 in Wien eine eigene Kanzlei.
Leben
Nach seiner Promotion war der junge Jurist B. bei der Finanzprokuratur eingetreten. 1839 machte er eine große Reise nach England und Frankreich. Nach dem Tode des Vaters 1843 hatte B. die Beamtenlaufbahn verlassen und dessen Advokaturspraxis übernommen. B. war Mitglied des 1841 zugelassenen „Juridisch-politischen Lesevereines“ und Mitbegründer des das wirtschaftliche Abgleiten des Arbeiterstandes bekämpfenden „Allgemeinen Hilfsvereines“. Auf Grund dieser Aktivitäten spielte B. in der Wiener Gesellschaft am Ausgang des Vormärz eine wesentliche Rolle. Es verwundert so nicht, daß B.s Name aufs engste mit der Entstehung einer der ersten bedeutsamen Urkunden der stürmischen Märztage (1848), mit der Abfassung der „Bürgerpetition“ verbunden ist. In den um diese Petition in B.s Wohnung geführten Debatten vertrat er nachdrücklich die Notwendigkeit einer Umbildung Österreichs in einen zentralisierten, durch demokratische Institutionen gefestigten Einheitsstaat.
B. war in den Märztagen Mitglied des Bürger- und dann Gemeindeausschusses; in diesen Funktionen hielt er sich von aller radikalen Tätigkeit fern. Im April 1848 legte er seine Charge in der Nationalgarde nieder, und eine zu Anfang Mai an ihn ergehende Einladung Pillersdorfs, in sein Kabinett einzutreten, lehnte er ab. Als B. seinen Sitz im Reichstag erkämpft hatte, verzichtete er auf sein Gemeinderatsmandat. Nach dem Rücktritt Pillersdorfs nahm B. seine Berufung als Justizminister ins Kabinett Wessenberg-Doblhoff (Juli 1848) an. Er war von Anfang an entschlossen, auch um den Preis seiner Volkstümlichkeit die ministerielle Autorität wiederherzustellen, was einiges Erstaunen bei den Vertretern der Linken, die B. als ihren Mann betrachteten, hervorrief. Das Erstaunen aber wandelte sich in Befremden, als B. in der Reichstagsdebatte über die Grundentlastung (26. August) für die Gewährung von Vergütungen an die Grundherren eintrat (Entschädigungsfrage). Die letzten Bande, die B. mit der Linken noch verknüpften, waren zerrissen. An jenem unheilvollen 6. Oktober, als die rasende Menge sich anschickte, das Kriegsministerium zu stürmen, wo sich die Minister zur Beratung der gegen den Aufruhr zu ergreifenden Maßnahmen versammelt hatten, stand B. selbst in höchster Lebensgefahr. Es gelang ihm noch zu flüchten und die nächsten Wochen verbrachte er in strengster Verborgenheit.
Nach der Revolution übernahm B. im Kabinett Fürst Felix Schwarzenbergs das Justizministerium. Lief B.s politischer Kurs bisher gleich weit entfernt von der radikaldemokratischen Linken wie von der hochkonservativen Rechten, so verriet er nun schon bald die unverkennbare Neigung zur Abweichung nach rechts. Den entscheidenden Bruch mit seiner revolutionären Vergangenheit vollzog B., der seit Juli 1849 Innenminister war, in dem eine innenpolitische Wende herbeiführenden Jahr 1851. Er stimmte der Aufhebung der Verfassung und dem Ausbau des wiederaufgerichteten absolutistischen Systems, das von ihm seinen Namen lieh („Badisches System“), zu. Binnen bloß dreier Jahre wandelte er sich vom streng konstitutionellen Minister des Revolutionsjahres zum ergebenen Diener des neuerlich zu absoluter Macht erhobenen Kaisers. Dieser Bruch ließ seine Zeitgenossen und die Nachwelt moralisch den Stab über B. brechen. Trotz aller Kritik darf aber B.s staatsmännisches Werk nicht übersehen werden. Planung und Durchführung des ganzen Umbaues und der Neugestaltung der alten Monarchie lasteten vor allem auf seinen Schultern. Er stellte das Justizwesen wie die politische Verwaltung auf ganz neue Grundlagen. Justiz und Verwaltung paßte B. den österreichischen Verhältnissen an und auf beiden Gebieten fand er den neuzeitlichen Forderungen voll entsprechende Formen. Die großen Leistungen der Badischen Verwaltung mußten freilich mit großen Opfern an staatsbürgerlicher Freiheit erkauft werden. Allein schon die übertriebene Bevormundung durch die mächtige Bürokratie war schwer erträglich, das engherzige Mißtrauen, das die Organe des übermäßig aufgeblähten Polizeiapparates „amtshandeln“ ließ - all das ließ eine Stimmung der Hoffnungslosigkeit, aber auch eine die positiven Leistungen des „Systems“ übersehende Verbitterung aufkommen. Das allzu autoritär auftretende Regime blieb vor allem den Magyaren verhaßt. Namentlich die vorwiegend tschechischen Beamten, die B. ins Land sandte („Bach-Husaren“), wurden abgelehnt. Die Meinung, B. habe beim Abschluß des Konkordats von 1855 eine maßgebliche Rolle gespielt, ist irrig, denn B. hat es weder angeregt noch entscheidend gefördert. B. war aber nun einmal der Sündenbock des neoabsolutistischen Systems.
Franz Joseph hat an B. solange festgehalten, bis der drohende Zusammenbruch des Reiches eine Kursänderung erzwang. Nach den Niederlagen bei Magenta und Solferino erhielt B. im Juli 1859 seine Entlassung. Bereits im September 1859 wurde er zum Botschafter beim Vatikan ernannt. Im August 1865 ging B. auf einen „Urlaub“, von dem er nicht mehr auf seinen Posten zurückkehren sollte. 1867 wurde er in den Ruhestand versetzt.
Literatur
Friedjung, Heinrich: Alexander Bachs Jugend- und Bildungsjahre. In: Historische Aufsätze. Stuttgart, Berlin 1919, 24-39.
Satzinger, Elisabeth: Alexander Bach während des Jahres 1848. Ein politisches Charakterbild. (Diss.) Wien 1944.
Charmatz, Richard: Der Wegbahner der Reaktion Dr. Alexander Bach. In: Lebensbilder aus der Geschichte Österreichs. Wien 1947, 59-76.
Loew, Hans: Alexander Freiherr von Bach. (Diss.) Wien 1947.
Empfohlene Zitierweise: Friedrich Gottas, Bach, Alexander Freiherr von, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 117-119 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=497, abgerufen am: 23.11.2024
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