Benkovski, Georgi (eigentlich Gavril Gruev Chlŭtev), bulgarischer Freiheitskämpfer, * Koprivštica 1841/44, † bei Teteven 12.05. 1876.
Leben
Geboren in dem geistig aufgeschlossenen Handwerker- und Kaufmannsstädtchen Koprivštica besuchte der Handwerkerssohn die Grundschule seiner Vaterstadt. Nach dem Tode des Vaters unterzog sich B. einer Schneiderlehre, brach diese aber bald ab, um als Händler weite Teile des Osmanischen Reiches zu durchwandern. In Bukarest, einem Zentrum der bulgarischen politischen Emigration, fand er schließlich Anschluß an die Anhänger der revolutionären Befreiungsideen Vasil Levskis und Christo Botevs. Im Zusammenhang mit dem Aufstand in Stara Zagora im Herbst 1875 erhielt B. seine erste revolutionäre Aufgabe. Die organisatorisch schlecht vorbereitete Rebellion wurde von der türkischen Verwaltung jedoch niedergeworfen. Die Revolutionäre zogen aus dem Mißerfolg Konsequenzen und bauten von nun an in Bulgarien selbst systematisch Revolutionskomitees auf, die die Bevölkerung für eine allgemeine nationale Erhebung aufriefen und vorbereiteten. Ende 1875 arbeitete eine Versammlung in der rumänischen Stadt Giurgiu die Pläne für einen Aufstand aus.
Bulgarien wurde in vier Revolutionsbezirke aufgeteilt, die ein Netz von Revolutionskomitees zur Mobilisierung der Volksmassen überwachten. B. erlangte dank seiner Aktivität und Leidenschaftlichkeit bald Anerkennung als „Apostel“, d.h. Führer des IV. Revolutionsbezirks, dessen Zentrum zunädtst Plovdiv, dann aber Panagjurište war. An seiner Seite agitierten so bekannte Freiheitskämpfer wie Todor Kableškov aus Koprivštica oder Zachari Stojanov aus Medven, dem durch sein autobiographisches Werk überhaupt die genaueste Darstellung der Tätigkeit, aber auch Persönlichkeit B.s zu verdanken ist. Der IV. Revolutionsbezirk sorgte sich vor allem um die militärische Komponente des Aufstandes. Die Vorbereitungen gipfelten in einer Versammlung Mitte April auf einer Gebirgswiese (genannt „Oborište“) im Sredna Gora-Gebirge, die als Beginn der revolutionären Erhebung den 1.Mai 1876 festsetzte.
Die türkischen Behörden erfuhren von dem Beschluß, was eine Vorverlegung des Aufstands notwendig machte. Am 20. April brach der bewaffnete Kampf in Koprivštica, der Heimatstadt B.s, aus. Eine von B. aufgestellte berittene Abteilung, die sog. „Fliegende Rotte“, eilte in die Nachbardörfer, um die Aufständischen anzufeuern. Heftige Gegenangriffe der türkischen Regierung schüchterten schnell den Mut der Bevölkerung ein, die trotz allem mit ungeeigneten Waffen gegen das reguläre Militär ausgerüstet war. B. eilte nach Panagjurište, das sich in einer verzweifelten Lage befand: türkische Truppen führten hier einen exemplarischen Gegenschlag durch, plünderten, brandschatzten und ermordeten Frauen und Kinder. B. mußte sich mit seiner Schar ins Gebirge zurückziehen. Bei Teteven wurde er aus dem Hinterhalt überfallen und ermordet.
In allen Zentren der Revolutionsbewegung stellte die türkische Regierung bald wieder die Ordnung her und bestrafte die Aufständischen hart. Allein 30 000 Opfer soll der Aprilaufstand gekostet haben, der zwar mit einem Mißerfolg endete, den Befreiungswillen des bulgarischen Volkes aber nicht unterdrücken konnte. Bereits zwei Jahre später sahen sich im russisch-türkischen Krieg die Hoffnungen der unermüdlichen Freiheitskämpfer erfüllt, wenn auch die meisten von ihnen bereits vorher ihr Leben für die Befreiung hingegeben hatten. B. errang durch Ivan Vazovs „Epopöe der Vergessenen“ und Zachari Stojanovs „Aufzeichnungen über die bulgarischen Aufstände“ bleibende Erinnerung in der bulgarischen Literatur und Geschichte.
Literatur
Stojanov, Zachari: Zapiski po bŭlgarskite vŭstanija. Plovdiv, Ruse, Sofija 1884/92.
Veleva, Maria: Georgi Benkovski. Sofija 1953.
Istorija: Bd 1, 455-462.
Kossev, D., Ch. Christov, D. Angelov: Bulgarische Geschichte. Sofija 1963, 200-208.
Kossev, Konstantin, Nikolaj Žečev: Aprilskoto vŭstanie 1876. Sofija 1966. Aprilskoto vŭstanie. 1876-1966. Sofija 1966.
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