Bernolák, Anton

GND: 118919091

Bernolák, Anton, slowakischer Schriftsteller und katholischer Geistlicher, Begründer der slowakischen Schriftsprache, * Szlanica (Slanica) 3.10. 1762, † Neuhäusel (Nové Zámky) 15.01.1813, aus einem mit slawischen Kolonisten in das nördliche Arvaer Komitat eingewanderten Schultheißengeschlecht. Der Adel wurde der Familie aufgrund ihrer Verdienste für die Rekatholisierung Oberungarns - erst B.s Großeltern traten wieder zum katholischen Glauben über - von Leopold I. verliehen. Andreas B., ein Onkel B.s, war als Jesuit Professor in Tyrnau, andere Familienmitglieder waren Juristen.

Leben

B. besuchte zunächst das Piaristengymnasium in Rosenberg, später studierte er in Tyrnau, um sich schließlich an den Generalseminaren in Preßburg und Wien, die im Zuge der josephinischen Kirchenreform errichtet worden waren, auf den Priesterberuf vorzubereiten. Im Jahre 1787 wurde er zum Priester geweiht. Zunächst war er Kaplan in Landschütz (Cseklész, Čelkíš, heute: Bernolákovo). Im Jahre 1791 wurde er Sekretär am erzbischöflichen Vikariat in Tyrnau. 1797 berief ihn der Erzbischof als Pfarrer und Dekan nach Neuhäusel. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem frühzeitigen Tod.
Im Generalseminar zu Preßburg wurde er zum Begründer der nationalen wissenschaftlichen Bewegung der Slowaken. Diese Bewegung war entscheidend für die Wiedergeburt des slowakischen Volkes. Die slowakischen Kleriker, die am Generalseminar von B.s Erneuerungsbewegung erfaßt wurden, wirkten durch ihre Predigt für dessen Sprachreform.
Als 25jähriger Theologe verfaßte B. zwei lateinische Schriften, die für die slowakische Sprachentwicklung große Bedeutung erlangten: die „Dissertatio philologico-critica de literis Slavorum“ und die „Linguae slavonicae per regnum Hungariae usitatae compendiosa simul et facilis orthographia“. In beiden Schriften spornte er die Slowaken dazu an, in ihrer eigenen Sprache zu schreiben. Dazu legte er ein neues orthographisches System fest und bestimmte eine Reihe von grammatischen Regeln. Er bezeichnete sich selbst als einen „pannonischen“ Adeligen. B. betonte die völlige Verschiedenheit der Slowaken von den Tschechen und betrachtete die Slowaken als die Urbewohner Pannoniens. Er wollte das Volk in seiner eigenen, ihm völlig verständlichen Sprache erziehen. Eine tschecho-slowakische Sprachgemeinschaft lehnte er ab. Dabei wandte er sich als katholischer Geistlicher keineswegs polemisch gegen die slowakischen Lutheraner.
Grundlage seiner neuen Schriftsprache wurde der westslowakische Dialekt. Das geschah nicht nur deswegen, weil er in diesem Gebiet beheimatet war, sondern hauptsächlich weil das katholische Kulturzentrum, Tyrnau, in dieser Gegend lag. In seiner Sprache finden sich aber auch Einflüsse nord- und mittelslowakischer Dialekte. Einen Bruch mit der bisherigen Tradition stellte der phonetische Grundsatz in seiner Rechtschreibung dar. Sein Hauptziel war, die Sprache der pannonischen Slawen von den böhmischen „Irrtümern“ zu reinigen. Für B. war die Sprache in erster Linie ein Mittel zur Erreichung von volkserzieherischen und pastoralen Zielen. Damit bekam seine Sprache wiederum konfessionellen Charakter. Im ganzen gesehen sind B.s Ansichten noch ganz vom Geist des Barock geprägt.
Den Abschluß seiner philologischen Arbeiten bildeten 1790 seine „Grammatica slavica“ und 1791 die „Etymologia vocum slavicarum“. Das „Slowár slowenskí, česko-lat'insko-ňemecko-uherskí“ wurde erst 1825/27 von Juraj Palkovič in 6 Bänden herausgegeben.
Zur kulturellen Hebung der katholischen Slowaken wurde 1792 von B. und seinen Freunden eine Gelehrtengesellschaft, die „Tovaryšstvo literného umeňa “ gegründet. Die Vereinigung gliederte sich in sieben Sektionen in den bedeutendsten slowakischen Städten. In dieser Gesellschaft waren nicht nur Wissenschaftler und Literaten tätig, sondern auch andere Berufsgruppen, die sich zur slowakischen katholischen Bildungsschicht zählten. Die Tätigkeit dieser Gelehrtengesellschaft war vielseitig: neben wissenschaftlichen und philologischen Arbeiten wurde dort vor allen Dingen Heimatkunde sowie schöngeistiges Schrifttum gefördert. Die Schüler B.s, mit Juraj Fándly an der Spitze, bemühten sich um die Popularisierung der Ergebnisse von wissenschaftlichen Arbeiten. Erst mit Ján Hollý (1785-1849) brachte der Freundeskreis um B. einen modernen schöpferischen Dichter hervor. Andere seiner Anhänger, wie z. B. Vojtech Šimko und Michal Klimko, schrieben weiterhin im Stil des Barocks.

Literatur

Kotvan, Imrich: Bibliografia bernolákovcov. Bratislava 1957.
Gogolák: Bd 1-2, passim.
Tibensky, Ján (Hrsg.): K počiatkom slovenského národného obrodenia. Bratislava 1964.
Ders.: Bernolák’s influence and the origins of the Slovak awakening. In: Stud. hist. Slov. 2 (1964) 103-139.
Butvin, Jozef: Slovenské národnozjednocovacie hnutie (1780-1848). Bratislava 1965.

Verfasser

Horst Glassl (GND: 128931752)

Empfohlene Zitierweise: Horst Glassl, Bernolák, Anton, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 187-189 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=562, abgerufen am: 25.11.2024