Cyriacus von Ancona (Cyriacus Anconitanus, eigentlich Ciriaco de' Pizzecolli), italienischer Humanist und Levantereisender, * Ancona 1391 (?), † Cremona nach 1455.
Leben
C. erlernte den Beruf eines Kaufmannes und war schon mit 16 Jahren Geschäftsführer bei einem reichen Verwandten. 1412 unternahm er seine erste Handelsreise und gelangte 1418 erstmals nach Konstantinopel. Der Triumphbogen des Trajan in Ancona regte C. zur Beschäftigung mit den antiken Denkmälern an. 1421 wurde er Rechnungsführer des päpstlichen Legaten Condolmieri in Ancona. 1424 begab er sich nach Rom, wo er - ohne systematische Vorbildung - seine antiken Studien fortsetzte. Von 1425 bis 1431 reiste er im Auftrage des venetianischen Handelshauses Contareni in der Levante. Bei einem längeren Aufenthalt in Konstantinopel lernte er griechisch und besuchte von seinem Stützpunkt Chios aus Saloniki, Adrianopel, Brussa, Pergamon, Ephesus, Rhodos, Zypern, Damaskus und Beirut. Aus seinen dabei gewonnenen Erfahrungen erwuchsen Pläne, die katholische Kirche mit der orthodoxen wieder zu vereinigen und einen Kreuzzug gegen die Türkengefahr zu unternehmen. Diese Gedanken trug C. seinem inzwischen zum Papst Eugen IV. aufgestiegenen Gönner Gabriele Condolmieri vor. Von 1431 an sammelte er vor allem in Mittel- und Oberitalien antike Inschriften. 1435-1438 und 1443-1447 befand er sich nochmals auf Handelsreisen in Dalmatien, Mazedonien, Epirus, auf den Inseln Thasos und Imbros und im eigentlichen Griechenland, überall Handschriften und Kunstgegenstände sammelnd, Inschriften kopierend und antike Monumente aufzeichnend. Ein „Itinerarium“ über die Jahre 1435-1438 wurde 1742 von Laurentius Mehus in Florenz ediert. Die sechs Bände „Commentarii“, in denen C. seine Funde und Beobachtungen niedergelegt hatte, sind 1514 verbrannt, aber zahlreiche, Freunden mitgeteilte Fragmente haben sich erhalten. Unter den Zeitgenossen war C. mit Abstand der beste Kenner Griechenlands. Ihm verdanken wir u. a. die älteste Zeichnung des Parthenons und die erste Beschreibung der Athos-Bibliotheken. Er wurde zum Begründer der Inschriftenforschung und hat die Mitlebenden durch seinen Eifer in der archäologischen Erforschung der Antike nachhaltig beeinflußt.
Literatur
Rossi, Giovanni Battista de (Hrsg.): Inscriptiones christianae urbis Romae septimo saeculo antiquidores. Bd 2. Roma 1888.
Morici, M.: Lettere inedite di Ciriaco d’Ancona. Pistoia 1896.
Maas, P.: Ein Notizbuch des Cyriacus von Ancona. In: Beiträge zur Forschung. Studien und Mitteilungen aus dem Antiquariat Jacques Rosenthal München. Bd 1. München 1913, 5-15.
Bodnar, Edward William: Cyriacus of Ancona and Athens. Brüssel 1960. = Collection Latomus. 43.
|