Czambel, Samo

GND: 14113822X

Czambel, Samo (Samuel), slowakischer Philologe, * Slovenská L’upča (Tót-/Zólyomlipcse) 1.09.1850, † Csillaghegy 18.12.1909.

Leben

Cz. wurde 1880 zum Beamten der Druck- und Übersetzungsabteilung des ungarischen Ministerpräsidiums ernannt; ab 1881 war er hier als Übersetzer der „Sbierky krajinských zákonov“, der slowakischen Ausgabe der ungarischen Gesetze, tätig. 1899 gewann er als Ministerialsekretär einen erheblichen Einfluß in ungarischen Regierungskreisen.
Cz.s Arbeiten stellen einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Rechtschreibung und Mundartforschung der slowakischen Sprache dar. Er wurde nach 1891 mit verschiedenen Broschüren zur slowakischen Rechtschreibung und zum slowakischen Wortschatz bekannt („Rreči a slovenskom pravopise“ und „Potrea nového slovníka slovenského a maďarského“, beide Pest 1891). Er führte dabei den Nachweis, daß die alten Wörterbücher von Anton Bernolák, Julius Jankovič und Adolf Loos für eine Standortbestimmung der slowakischen Sprache nicht ausreichten. 1902 gab Cz. neben einer slowakischen Grammatik auch ein Handbuch der slowakischen Schriftsprache heraus (Rukoväť spisovnej reči slovenskej), das lange Jahre hindurch in den slowakischen Schulen als Lehrbuch diente.
Cz. wandte sich in einer Publikation noch im selben Jahr scharf gegen die von einem Teil der slowakischen Intelligenz vertretene These der tschechisch-slowakischen Einheit (Minulost, přítomnost’ a budoucnost Československé národní jednoty). Leidenschaftlich bekämpfte er darin den Gebrauch der tschechischen Sprache in den evangelischen Kirchengemeinden der Slowakei. Das Buch löste einen Sturm der Entrüstung in den tschechischen Parteien und zum Teil in der Slowakei aus.
In einer 1903 erschienenen wissenschaftlichen Abhandlung (Slováci a ich reč) beschäftigte sich Cz. mit der Herkunft der Slowaken und betonte die Selbständigkeit des slowakischen Idioms, das er in die südslawische Gruppe einreihte. Die Bohemismen im Slowakischen seien nur die Folge einer Überfremdung seit dem späten Mitttelalter. Cz. verfolgte mit dieser wissenschaftlich unhaltbaren These im Sinne der magyarischen Regierungspolitik die politische Absicht, jeden Anschein einer tschechisch-slowakischen Sprachverwandtschaft zu verwischen. Cz.s bedeutsames unvollendetes sprachgeschichtliches Werk (Slovenská reč a jej miesto v rodine slovanských jazykov) untersucht vor allem die ostslowakische Mundart.
Cz.s Bibliothek und sein wissenschaftlicher Nachlaß wurden der „Matica Slovenská“ übergeben. Abgesehen von der unrichtigen These über die Zugehörigkeit des Slowakischen zur südslawischen Sprachengruppe blieben Cz.s Verdienste für die slowakische Schriftsprache (Rechtschreibung und Grammatik) unbestritten.

Literatur

Pastrnek, František: Czambel, Über die slowakische Sprache. In: Arch. slav. Philol. 26 (1904) 290-304.
Ders.: Slováci jsou-li Jihoslované? In: Věstn. České akad. 13 (1904) 1-24.
Ders.: Czambel, Die slovakische Sprache. In: Arch. slav. Philol. 29 (1907) 135-140.
Škultéty, Jozef: Drobnejšie práce S. Czambela v Slovenských Pohl’adoch. In: Slov. Pohl’. 30 (1910) 62.
Pastrnek, František: Dr. Samuel Czambel. In: Arch. slav. Philol. 32 (1911) 319-320.
Weingart, Miloš: Neznáme básne Czambelove. In: Slov. Pohl’. 38 (1922) 91-99.
Ders.: Príspěvky k studiu slovenštiny. In: Sborník filozofickej fakulty university Komenského v Bratislave 1 (1923) 699-834.
Trávníček, František: Príspěvky k dějinám českého jazyka. Brno 1927. = Spisy Filosofické Fakulty Masarykovo University v Brně. 19.

Verfasser

Horst Glassl (GND: 128931752)

Empfohlene Zitierweise: Horst Glassl, Czambel, Samo, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 356-357 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=700, abgerufen am: 25.11.2024