Graßl, Georg, deutscher Volkstumspolitiker in Jugoslawien, * Pantschowa (Pančevo) 23.04.1863, † Salzburg 28.07.1948, Sohn des Lehrers und pädagogischen Schriftstellers Peter G. (1827-1915).
Leben
In Pantschowa aufgewachsen, maturierte G. im serbischen Gymnasium in Neusatz und studierte dann Rechts- und Staatswissenschaften in Graz, Wien und Prag. Nach seiner Promotion trat er 1891 in den Staatsdienst, zuerst in Wien, hierauf bei der Landesregierung in Sarajevo, wo er vor und während des Ersten Weltkrieges als Sektionschef der Unterrichtsverwaltung für Bosnien und die Herzegowina vorstand.
Das Ende der Donaumonarchie stellte die nun auf drei Nachfolgestaaten verteilten 1,5 Millionen Donauschwaben vor die schwierige Aufgabe der nationalen Existenzsicherung. Der vom serbischen Nationalrat im Herbst 1918 in den Ruhestand versetzte G. wurde von der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien bald zur Mitarbeit herangezogen. 1919 wurde G. Hauptschriftleiter der Tageszeitung „Deutsches Volksblatt“ in Neusatz, 1920 gründete er den „Schwäbisch-Deutschen Kulturbund“, den er zur kulturellen Volksorganisation ausbaute. Die Serben verhinderten allerdings jedwelche Selbstverwaltung der Jugoslawiendeutschen; man verstaatlichte das gesamte deutsche Schulwesen und erreichte das Verbot des Kulturbundes. G. wechselte deshalb in die Politik über und wurde 1925 und 1927 zum Abgeordneten ins Belgrader Parlament gewählt und nach Einführung der Königsdiktatur 1932 und 1940 zum Senator in die zweite gesetzgebende Körperschaft berufen. Ihm oblag besonders die Vertretung der deutschen Schulbelange in den gesetzgebenden Körperschaften und bei den Schulbehörden. Nach der Gründung der „Schulstiftung der Deutschen“ (1931) war er deren geschäftsführender Kurator, 1939 wurde er ihr Präsident. G. kann als Baumeister des deutschen Schulwesens in Jugoslawien bezeichnet werden. Wenn er auch die Schulautonomie nicht verwirklichen konnte siedelte 1941 nach Wien, 1945 nach Salzburg -, so konnten seine Nachfolger, auf seinen Grundlagen aufbauend, zwischen 1941 und 1944 unter veränderten politischen Verhältnissen das verwirklichen, was er niemals erreichen konnte: die staatsrechtlich verankerte deutsche Schulautonomie.
Bei den Auseinandersetzungen der dreißiger Jahre zwischen Erneuerungsbewegung und Kulturbund setzte sich G. für den Ausgleich innerhalb der Volksgruppe und zwischen Volksgruppe und Regierung ein. Während er staatspolitisch für ausgleichende nationale Gleichberechtigung in der Exekutive wirkte, widmete er nationalpolitisch sein Lebenswerk dem Bemühen um die Selbsterhaltung seiner Volksgruppe gegenüber den größeren Kräften ihrer nationalen und staatlichen Umwelt nach den Grundsätzen der Minderheitenschutzverträge und Minderheitenkongresse in Genf. Seine politische Tätigkeit fand auch durch zahlreiche Vorträge in politischen und wissenschaftlichen Gremien des In- und Auslandes sowie durch Aufsätze in Zeitschriften und Zeitungen ihre breitere Wirkung und tiefere Begründung.
Literatur
Wertheimer, Fritz: Von deutschen Parteien und Parteiführern im Ausland. Berlin 1930.
Annabring, Matthias: Volksgeschichte der Donauschwaben in Jugoslawien. Stuttgart 1955.
Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa. Bearb. Theodor Schieder. Band V: Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien. Hrsg. Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Bonn 1961.
Wüscht, Johann: Beitrag zur Geschichte der Deutschen in Jugoslawien für den Zeitraum von 1934 bis 1944. Kehl 1966.
Ders.: Jugoslawien und das Dritte Reich. Stuttgart 1969.
Senz, Josef Volkmar: Das Schulwesen der Donauschwaben im Königreich Jugoslawien. München 1969.
Ders.: Präsident und Senator der Donauschwaben. Zum Tode von Dr. Georg Graßl vor 25 Jahren. In: Der Donauschwabe 23 (1973) Nr. 33, 34.
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