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Maurer, Georg Ludwig von, bayerischer Rechtshistoriker und Staatsmann, * Erpolzheim bei Bad Dürkheim (Rheinpfalz) 02.11.1790, † München 09.05.1872, Sohn des evangelischen Pfarrers Johann Konrad M.
Leben
M. studierte von 1808-1811 Jura in Heidelberg, ab 1812 in Paris. Neben der Ämterlaufbahn in Bayern betrieb er Forschungen zur Rechtsgeschichte, die ihm 1826 die ordentliche Professur an der Universität München eintrugen. 1829, bereits Akademiemitglied, wurde er zum Staatsrat ernannt, 1831 geadelt. 1833 wurde er als einer der drei Regentschaftsräte (neben Armansperg und Karl Wilhelm von Heideck) mit dem jungen König Otto I. nach Griechenland entsandt. Einen Rechenschaftsbericht über sein 18monatiges Wirken im Land gibt sein dreibändiges Werk „Das griechische Volk in öffentlicher, kirchlicher und privatrechtlicher Beziehung vor und nach dem Freiheitskampfe bis zum 31. Juli 1834“ (Heidelberg 1835). M. war die Organisation des Rechts-, Schul- und Kirchenwesens anvertraut. Er versuchte, die bestehenden Rechtsquellen, die „Hexabiblos“ des Harmenopulos (1365), das türkische Strafrecht, verschiedene Synodalbeschlüsse und Patriarchatsverordnungen sowie den nachrevolutionären französischen Rechtseinfluß zu verbinden. Vorwiegend aber wollte er das bestehende lokale Gewohnheitsrecht kodifizieren und auf ihm seine Gesetzgebung aufbauen (Rechtshistorische Schule). Seine umfangreiche Fragebogenaktion stieß aber nur auf Mißtrauen und partikularistische Interessen. Die Auswertung dieses rechtsvolkskundlichen Unternehmens übernahm auch sein Mitarbeiter Karl Gustav Geib (Darstellung des Rechtszustandes in Griechenland, Heidelberg 1835), der sogar von einem „nationalen Rechtssystem“ sprach, das - nach M. - mit dem altgermanischen vergleichbar war. M.s vier Gesetzbücher (Strafgesetzbuch, Gerichts- und Notariatsordnung, Verfahrensordnung für Zivil- und Strafverfahren, Bürgerliches Gesetzbuch), für deren Übersetzung und Druck er selbst sorgte, wurden als realitätsunangepaßt kritisiert. M. setzte drei Gerichtshöfe ein (Nauplion, Theben, Mesolongi) und regelte die Stufenabfolge der Instanzen (mit dem Areopag an der Spitze). Seine Programmierung des Schulwesens blieb zum Großteil Papier. Am 4. August (23. VII.) 1833 setzte er die Autokephalie der griechisch-orthodoxen Kirche durch, aus politischen Überlegungen (freies Griechenland - Patriarchat unter türkischer Herrschaft) und einem cäsaropapistischen Mißverständnis der byzantinen Institution heraus (Erlaß III 249 ff., Reaktionen II 167 ff.). Damit wurde König Otto I. zum Führer des Staatskirchentums, was kein byzantinischer Kaiser je gewesen ist. M. wurde im Frühjahr 1834 aufgrund einer Intrige von Graf Armansperg von seinem Posten abberufen und widmete sich in München, neben einem kurzfristigen Ministeramt, bis an sein Lebensende seinen rechtshistorischen Studien. Sein Gesetzeswerk war in Griechenland bis 1946 in Kraft.
Literatur
Bourlotos, St. M.: Die Entwicklung des griechischen Erziehungs-Schulwesens seit der Einnahme Konstantinopels. Weida (Diss.) 1916.
Wardakas-Skampavias, K.: Die allgemeinen Strafrechtslehren des griechischen Strafgesetzbuches von 1834 in ihren Beziehungen zu denen der bayerischen Strafgesetzentwürfe von 1822, 1827 und 1831. Leipzig (Diss.) 1916.
Kyriakopulos, K. Th.: O Georgios Maurer kai to en Elladi nomothetikon ergon aftu. Praktika I. Synedriu Dikigorikon Syllogon. Athen 1928, S. 275 ff.
Bizoukides, Pericles C.: Das Recht des griechischen Volkes in dreitausendjähriger Wandlung. Naumburg 1935.
Zepos, P[anajotis] I.: Greek Law. Three Lectures delivered at Cambridge and Oxford 1946. Athens 1949.
Dickopf, Karl: Georg Ludwig von Maurer 1790-1872. Eine Biographie. Kallmünz 1960.
Seidl, Wolf: Bayern in Griechenland. München 1965.
Papageorgiu, P.: Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Griechenland. Wien (Diss.) 1968.
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