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Müller-Guttenbrunn, Adam (Pseudonym Ignotus), donauschwäbischer Schriftsteller und Wiener Kulturpolitiker, * Guttenbrunn (Banat) 22.10. 1852, † Wien 05.01.1923.
Leben
M. wurde als uneheliches Kind der Eva Müller, Tochter des Wagnermeisters Jakob M., und des Großbauernsohnes Adam Luckhaup, in der Banater donauschwäbischen Gemeinde Guttenbrunn geboren. Den Makel der unehelichen Geburt und seine harte und traurige Jugendzeit konnte er zeitlebens nicht verwinden. Nach dem Besuch des Piaristengymnasiums in Temeschwar, das er bereits nach zwei Jahren wegen des plötzlichen Wechsels von der deutschen zur ungarischen Unterrichtssprache verlassen mußte, war er Bader- und Barbierlehrling bei seinem Oheim in Guttenbrunn. Über Hermannstadt kam er achtzehnjährig nach Wien, wo er sich durch Selbststudium weiterbildete und einen Kurs für Telegrafenbeamte absolvierte. Bis 1888 war er im Dienste des österreichischen Telegrafenamtes. Bereits in seiner Linzer Zeit (1873-1879) entfaltete er eine reiche literarische Tätigkeit. Von Heinrich Laube ermuntert, konnte er als Dramatiker erste Erfolge verbuchen. Ab 1882 arbeitete er als Journalist, Theaterreferent und Feuilletonredakteur an zahlreichen Wiener und anderen Zeitschriften mit. Mit den beiden aufsehenerregenden kulturpolitischen Schriften „Wien war eine Theaterstadt“ (1884) und „Die Lektüre des Volkes“ (1886) strebte er eine Reform des Wiener Kulturlebens und die Hebung der Volksbildung an. Seine Tätigkeit als Direktor des „Raimund-Theaters“ (1893-1896) und des „Kaiser-Jubiläums-Stadttheaters“ (1898-1903) endete jeweils mit großen Enttäuschungen, weil er sein Ziel, die Gründung einer deutschen Volksbühne, nicht verwirklichen konnte. In seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten wurde M. zum leidenschaftlichen Anwalt für die Rechte der unter den rigorosen Magyarisierungsbestrebungen leidenden ungarländischen Deutschen. Die Gründung des „Deutsch-ungarischen Kulturrates“ im Jahre 1911 ging auf seine Initiative zurück. Mit der „Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Ländern der ungarischen Krone in Wien“ sowie den deutschungarischen und siebenbürgischen Politikern Edmund Steinacker, Stephan Kraft, Lutz Korodi und Rudolf Brandsch stand er in enger Verbindung. Mit Hilfe seiner Banater Freunde gab er ab 1912 unter großen Schwierigkeiten einen Kalender, den „Schwäbischen Hausfreund“, für die Deutschen Ungarns heraus. Zum bedeutendsten Erzähler der Donauschwaben und vielgelesenen Schriftsteller wurde er durch sein umfangreiches episches Werk. Ab 1907 veröffentlichte er in rascher Folge eine Reihe von Romanen, die fast durchwegs in Ungarn handeln und Geschichte, Kultur und Volksleben seiner donauschwäbischen Heimat mit historischer und volkskundlicher Genauigkeit schildern. Mit seinen Heimatromanen gelang es M. nicht nur, das Interesse seiner Landsleute an ihrer Muttersprache und ihrem kulturellen Erbe zu fördern, sondern auch die Aufmerksamkeit der breiten deutschen Öffentlichkeit auf die deutschungarischen Probleme zu lenken. Als sein bestes Werk gilt der Roman „Meister Jakob und seine Kinder“ (1918), in dem er die erstarrten sozialen Gegensätze eines donauschwäbischen Dorfes am Schicksal der eigenen Mutter darstelhe. Besondere Erwähnung verdienen seine Romane „Götzendämmerung. Ein Kulturbild aus Ungarn“ (1907), „Die Glocken der Heimat“ (1910), „Der große Schwabenzug“ (1913), die Trilogien „Von Eugenius bis Josephus“ (1917), und „Lenau“ (1919). M. hat sich nach dem Ersten Weltkrieg als Abgeordneter der „Großdeutschen Partei“ im österreichischen Parlament nachdrücklich für die Angliederung Westungarns an Österreich eingesetzt. Knapp vor seinem Tode erhielt er das Ehrendoktorat der Wiener Universität.
Literatur
Gruber, Ferdinand Ernst: Adam Müller-Guttenbrunn, der Erzschwab. Leipzig 1921.
Müller-Guttenbrunn, Adam: Erinnerungen eines Theaterdirektors. („Das Parteitheater, ein Wiener Kulturbild aus der Zeit der Jahrhundertwende“). Leipzig 1924.
Ders.: Der Roman meines Lebens. Aus dem Nachlaß zusammengestellt von seinem Sohne. Hrsg, von Roderich Müller-Guttenbrunn. Leipzig 1927.
Hilkene, Philipp: Müller-Guttenbrunns „Meister Jakob und seine Kinder“. Neusatz 1935.
Brandsch, Rudolf: Briefe Adam Müller-Guttenbrunns aus der deutschen Bewegung im ehemaligen Ungarn. Temesvar 1937.
Rogl, Ludwig: Der Anteil Adam Müller-Guttenbrunns am völkischen Erwachen des Donauschwabentums. Brünn, München, Wien 1943 (mit Bibliographie).
Südostdeutsche Heimatblätter 1 (1952) H. 1/2 [Adam Müller-Guttenbrunn Fest-Nummer].
Tokody, Hannelore: Adam Müller-Guttenbrunn und sein Roman „Götzendämmerung“ In: Arbeiten zur Deutschen Philologie 1 (1965) 79-96.
Weresch, Hans: Adam Müller-Guttenbrunn - sein Leben, Denken und Schaffen. 2 Bde. Freiburg i. Br. 1975 (mit Bibliographie).
Schwob, Anton: Adam Müller-Guttenbrunn - ein Heimatdichter? Probleme seiner literarhistorischen Einordnung. In: Südostdt. Arch. 19/20 (1976/77) 110-120.
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