Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Nopcsa von Felsöszilvás, Ferenc Baron
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Nopcsa von Felsöszilvás, Ferenc Baron

Nopcsa von Felsöszilvás, Franz (Ferenc) Baron, ungarischer Geologe, Paläontologe und Albanologe, * Szacsal (bei Hátszeg, Siebenbürgen) 03.05.1877, † (Selbstmord) Wien 25.04.1933, Sohn des Alexis Freiherrn von Nopcsa und der Gräfin Mathilde Zeleńska.

Leben

N. wandte sich nach dem Studium der Geologie und Paläontologie bei Eduard Suess in Wien (Promotion 1903) der geologischen Erforschung Nordalbaniens zu. Ausgedehnte Reisen, die ihn in engen Kontakt zu den verschiedenen Stämmen des Landes brachten, und lange Aufenthalte in Skutari während der Jahre 1905-1914 ließen ihn zu einem hervorragenden Kenner Nordalbaniens werden und eine tiefe Zuneigung zu Land und Leuten fassen. Während der Annexionskrise 1908/09 war er - neben Generalkonsul August Kral in Skutari - mit der Vorbereitung einer gegen Serbien und Montenegro gerichteten „Albanienaktion“ betraut. Die folgende Umorientierung der österreichisch-ungarischen Albanienpolitik, die seiner Meinung nach fundamentale Interessen der Albaner aufgab und damit eine wichtige Balkanposition der Monarchie aufs Spiel setzte, führte zum Zerwürfnis N.s mit dem Ballhausplatz, dessen Albanienpolitik N. scharf kritisierte und 1911/12 in einer Pressekampagne öffentlich angriff. Seine Verbindungen zum Generalstab, dessen Nordalbanienkarte (1 : 75 000) fast ganz auf N.s geodätischen Arbeiten beruhte, stellte er gleichfalls in den Dienst dieses seines Kampfes, der ihn auch Anschluß an die Militärkanzlei des Thronfolgers Franz Ferdinand suchen ließ. Dessen ungeachtet sah sich das Außenministerium genötigt, sich verschiedentlich N.s Hilfe in albanischen Angelegenheiten zu bedienen. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges war N. an der (fehlgeschlagenen) Albanienaktion (Juli-Oktober 1914) beteiligt, Anfang 1916 kommandierte er kurzfristig eine albanische Freiwilligenabteilung, bis er schließlich ob der Differenzen mit der Okkupationspolitik in Albanien resignierte. In den folgenden Jahren widmete er sich ausschließlich seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, zumeist als Privatgelehrter in Wien, 1925-1928 als Direktor der Königlich-Ungarischen Geologischen Reichsanstalt (Magyar Király Földtani Intézet) in Budapest, um deren Wiederaufbau er sich große Verdienste erwarb. 1917/18 erschienen seine Arbeiten über die Dinosaurier, die ihn zum (Mit-)Begründer der Paläophysiologie werden ließen. Neben diesen Arbeiten im Bereich seiner eigentlichen wissenschaftlichen Disziplin - sein Literaturverzeichnis weist 102 paläologische und 35 geologische Arbeiten aus - widmete er sich der Veröffentlichung seiner albanologischen Forschungen. Hatte er schon vor 1914 zu verschiedenen Problemen der Albanologie Stellung genommen, so 1907 in seiner Polemik gegen Eugenio Barbarichs Darstellung der Blutrache und 1911/12 in seiner Kontroverse mit Emil Fischer über die Frage der albanischen Ethnogenese, auch einige kleinere Monographien vorgelegt, so erschien mit „Albanien. Bauten, Trachten und Geräte Nordalbaniens“ (Berlin 1925) ein noch heute zu den Standardwerken der Albanologie zählendes ethnologisches Kompendium, dessen komparatistischer Aspekt weit über den Bereich Nordalbaniens hinausgreift und das für die ganze Balkanologie unentbehrlich ist. Ähnliche Bedeutung kommt N.s zweitem großen Werk zu, der „Geographie und Geologie Nordalbaniens“ (Budapest 1929), das ebenfalls eine Fülle weiterführenden Materials enthält. Die Veröffentlichung zweier weiterer großer Arbeiten über die Entstehung und die politische Entwicklung der nordalbanischen Stämme und ihr Gewohnheitsrecht sowie über ihre religiösen Anschauungen, Sitten und Gebräuche ebenso wie die seiner für die politische Entwicklung vor 1914 wichtigen „Tagebücher“ mußte aus Geldgründen unterbleiben. N., nach Edith Durham „der beste Kenner Albaniens“ (1912), hat Maßgebliches zur Ethnologie, Vor- und Rechtsgeschichte sowie zur Geschichte der neueren und neuesten Zeit Albaniens beigetragen.

Literatur

Tasnádi Kubacska, András: Franz Baron Nopcsa. Budapest 1945. = Leben und Briefe ungarischer Naturforscher. 1.
Robel, Gert: Franz Baron Nopcsa und Albanien. Ein Beitrag zu Nopcsas Biographie. Wiesbaden 1966. = Albanische Forschungen. 5.

Verfasser

Gert Robel (GND: 172333555)


GND: 118786407

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/118786407

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Empfohlene Zitierweise: Gert Robel, Nopcsa von Felsöszilvás, Ferenc Baron, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 338-340 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1465, abgerufen am: (Abrufdatum)

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