Şincai, Gheorghe, rumänischer Historiker und Philologe, namhafter Vertreter der siebenbürgischen Aufklärung (Şcoala Ardeleană), * Rîciu de Cîmpie (Mezőrücs, Komitat Torda) 28.02.1754, † Szinye (Svinica bei Kaschau, Komitat Abaúj) 02.11.1816.
Leben
Ş. stammte aus einer kleinadeligen Familie aus dem Fogarascher Gebiet. Er begann seine Studien in Siebenbürgen am reformierten Kollegium von Neumarkt (Tîrgu Mureş), am Jesuitenkollegium von Klausenburg (Cluj) und bei den Piaristen zu Bistritz (Bistriţa) und setzte sie - zusammen mit Petru Maior - zwischen 1775 und 1779 am Kollegium De Propaganda Fide in Rom fort. 1779 wurde ihm der Titel eines Doktors der Theologie und Philosophie verliehen. 1782 wurde er zum Katecheten der Landesschule in Blasendorf (Blaj), danach zum Direktor der unierten Landesschulen Siebenbürgens ernannt. Seine Beteiligung am nationalen Kampf der Rumänen Siebenbürgens brachte ihn mit den Behörden und dem rumänischen unierten Bischof Ioan Bob in Konflikt, der ihn 1794 seiner Ämter enthob. Unter der Anschuldigung subversiver Tätigkeit wurde er im selben Jahr verhaftet, 1795 aber wieder freigelassen. Aus dem Lehramt endgültig entfernt, führte Ş. von nun an ein unstetes Leben, ständig auf der Suche nach Existenzmitteln. Das Werk von Ş. ist vom Gedanken der Emanzipation der Rumänen Siebenbürgens von dem mittelalterlichen Regime der privilegierten Nationen und von den aufklärerischen Idealen der Hebung des Volkes durch Schule und Bildung durchdrungen. Im Mittelpunkt seiner geschichtlichen und philologischen Schriften, die eine entscheidende Etappe in der Entwicklung des rumänischen Nationalbewußtseins darstellten, stand die Idee der romanischen Abstammung, der Einheit der Rumänen und ihrer Kontinuität nördlich der Donau. Das Problem der Romanität der Rumänen wurde von Ş. zum ersten Mal in der zusammen mit Samuil Micu Klein herausgegebenen Grammatik „Elementa linguae daco-romanae sive valachicae“ aufgeworfen, die 1780 in Wien erschien. Ş. gründete seine geschichtlichen Thesen auf umfassende Archivforschungen. Er war der erste rumänische Historiker, der eine systematische Quellensammlung der nationalen Geschichte zusammenstellte („Rerum spectantium ad universam gentem daco-romanam seu valachicam summaria collectio“, 26 Bände, als Manuskript bewahrt). Ş. verwertete dieses umfassende Material in „Dialog despre originea românilor“ (Dialog über die Herkunft der Rumänen), eine Schrift, die nicht gedruckt wurde und verlorengegangen ist, in „Responsum ad crisim Josephi Caroli Eder in Supplicum Libellum Valachorum Transylvaniae“, dessen Druck durch die Zensur verboten wurde, vor allem aber in seinem Hauptwerk „Hronicul românilor şi a mai multor neamuri...“, das er auch ins Lateinische übertrug („Chronicon Daco-romanorum sive Valachorum et plurium aliarum nationum“). Ş. ist Autor eines kleinen Volkshandbuches über Agronomie, „Povăţuire către economia de cîmp“ (Ratschläge für die Feldwirtschaft, Buda 1806) sowie einer Schrift, in der der Volksaberglaube bekämpft wird, „Invăţătură firească spre surparea superstiţiei norodului“ (Natürliche Unterweisung zur Bekämpfung des Volksaberglaubens), geschrieben etwa 1804-1808, die erst 1964 veröffentlicht wurde. Beide Schriften gliedern sich in die Tätigkeit Ş.s zur Erziehung des Volkes ein. Die gesammelten Werke von Ş. (Opere) erschienen in drei Bänden 1967/69 in Bukarest.
Literatur
Papiu-Ilarian, Alexandru: Viaţa, operele şi ideile lui Georgiu Şincai din Şinca. Bucureşti 1869.
Popoviciu, Dumitru: La littérature roumaine à l’époque des lumières. Sibiu 1945.
Tomuş, Mircea: Gheorghe Şincai. Viaţa şi opera. Bucureşti 1965.
Prodan, David: Gheorghe Şincai. In: Rumanian Studies 1 (1970) 35-44.
Ghişe, Dumitru u. Pompiliu Teodor: Fragmentarium iluminist. Cluj 1972.
|