Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Stefan Karadža

Stefan Karadža (Stefan Todorov Dimov), bulgarischer Nationalrevolutionär, * Imče (heute Stefan Karadžovo, Bezirk Jambol) 23.05.1840, † (hingerichtet) Ruse 31.07.1868.

Leben

St. war das sechste von acht Kindern, die aus der Ehe zwischen Kalja Marinova Tjurjudijska und Todor Dimov Tŭrnin aus dem Geschlecht Uzuna hervorgingen. Als er vier Jahre alt war, übersiedelten seine Eltern in die Dobrudža, wo sie 1854 endgültigen Wohnsitz in Tulča nahmen. In dieser Zeit erhielt St. bulgarischen und griechischen Unterricht und trat mit 15 Jahren als Gehilfe in den Kramladen eines Verwandten ein; gleichzeitig erwarb er sich einen gewissen Ruhm als geschickter und kräftiger Ringkämpfer. Nach einer Schlägerei mit Türken war er gezwungen, nach Rumänien zu entweichen (1862).
In Rumänien stieß St. zu Georgi Rakovski, der nach seiner Rückkehr aus Rußland (1860) ständig zwischen Serbien und der Walachei pendelte und eine bulgarische Befreiungsarmee aufzustellen versuchte. Der neue serbische Herrscher Michael Obrenović bekräftigte Rakovski in seinen Plänen, weil er auf einen Zusammenschluß der südslawischen Völker unter serbischer Priorität hoffte. Rakovski entwarf einen großen Plan zur Befreiung Bulgariens, in dem kleine Freiwilligenverbände gewissermaßen nur die Initialzündung zur allgemeinen Volkserhebung geben sollten. Im Winter 1861/62 wurde eine 600 Mann starke „Legion“ aufgestellt, die im Juni 1862 unter der Führung von Rakovski, St. und Chadži Dimitŭr in die serbisch-türkischen Kämpfe in Belgrad eingriff. Ein Krieg kam indessen nicht zustande, da die Großmächte die Türken überzeugten, den Druck auf Serbien zu lockern und nur noch kleine Garnisonen dort zu unterhalten. Michael Obrenović stimmte zu und versuchte Rakovski zur Auflösung seiner Legion zu bewegen. Verbittert zog sich dieser 1863 mit seinen Getreuen nach Bukarest zurück, um sich dort vorwiegend schriftstellerischer Arbeit zu widmen; gleichzeitig schickte er kleine Gruppen Bewaffneter nach Bulgarien, darunter auch St., der sich 1864/66 im Balkangebirge aufhielt und dort wegen seiner Umsicht und Schnelligkeit den Spitznamen „Karadža“ (türkisch: Reh) erhielt.
Ab 1866 kam es zu Zerwürfnissen innerhalb der bulgarischen Emigration in Rumänien, Rakovski bildete ein eigenes „Oberkommando“ und plante, ab 1867 zehn Gruppen zu je 25-30 Mann unter der Führung von St., Chadži Dimitŭr, Panajot Chitov und anderen nach Bulgarien zu entsenden, um den ersehnten Volksaufstand doch noch auszulösen. Tatsächlich kamen jedoch nur zwei Abteilungen zustande, und am 21. Oktober 1867 starb zudem Rakovski. Sein führerloses „Oberkommando“ radikalisierte sich und entfernte sich weiter von den Russophilen und den auf einen Ausgleich mit den Türken Bedachten in der bulgarischen Emigration. Zulauf erhielt es erst wieder 1868, als der serbische Umsturz zahlreiche junge Bulgaren aus Belgrad vertrieb. In Bukarest wurde eine „četa“ von 130 Mann gebildet, die Chadži Dimitŭr und St. am 6. Juli 1868 zwischen Svištov und Ruse über die Donau führten. Nach schweren und verlustreichen Kämpfen erreichte die Truppe bei Gabrovo das Gebirge, wo sie umzingelt und aufgerieben wurde. St. wurde am 9. Juli schwer verwundet, gefangen und zunächst in Tŭrnovo, später in Ruse eingesperrt; bereits halbtot wurde er in Ruse erhängt.

Literatur

Stojanov, Zachari: Četite v Bŭlgarija na Filip Totju, Chadži Dimitŭr i Stefan Karadža. Sofija 1885.
Stanev, Nikola: Našite vŭzstaničeski dviženija prež XIX vek. In: Bŭlg. Ist. Bibl. 1 (1929) 100- 130.
Teodorov-Balan, A.: Rodŭt na Stefan Karadžata. In: ebd. 2 (1932/33) 77-90.
Markova, Zina: Četata na Chadži Dimitŭr i Stefan Karadža. Sofija 1967.
Domusčiev, Nikolaj G.: Stefan Karadža. Život i delo. Jambol 1968.

Verfasser

Wolf Oschlies (GND: 107216760)

GND: 120959178

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd120959178.html


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Empfohlene Zitierweise: Wolf Oschlies, Stefan Karadža, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 191-192 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1695, abgerufen am: (Abrufdatum)

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