Teutsch, Friedrich, siebenbürgisch-sächsischer Bischof, Historiker, * Schäßburg (Sighişoara) 16.09.1852, † Hermannstadt (Sibiu) 12.02.1933, Sohn des späteren Bischofs Georg Daniel T.
Leben
Nach dem Besuch des Schäßburger Gymnasiums, wo ihn Friedrich Müller (1893-1906 Bischof) für die vaterländische Geschichte begeisterte und ihm der Märchensammler und Kulturhistoriker Josef Haltrich das sächsische Volksleben zugänglich machte, hörte T. 1869/70 an der Hermannstädter Rechtsakademie römisches Recht und siebenbürgische Rechtsgeschichte. In Hermannstadt gewann er auch Einblick in die vielseitige Arbeit seines Vaters, der 1867 Bischof geworden war. Im Jahre 1870 begann T. in Heidelberg Geschichte und Theologie zu studieren und kam hier unter den Einfluß des Historikers Wilhelm Wattenbach, der für T.s Studiengang bestimmend wurde. Der deutsch-französische Krieg und die 1871 erfolgte Reichsgründung hinterließen einen nachhaltigen Eindruck. In Leipzig und Berlin setzte T. die Studien fort und schloß sie 1874 in Heidelberg mit der Dissertation „Die Unionen der drei ständischen Nationen Siebenbürgens bis 1542“ ab.
T. begann als Schulmann an dem dem Hermannstädter Gymnasium angegliederten Lehrer- und Predigerseminar, dessen Direktor er 1889 wurde. Eine berufliche Veränderung brachten 1896 die Wahlen zum Pfarrer von Großscheuern (Şura Mare) und in das Landeskonsistorium der evangelischen Kirche Siebenbürgens. Der 1903 erfolgten Wahl zum Hermannstädter Stadtpfarrer folgte 1906 jene zum Bischof. Den Kontakt zur evangelischen Kirche Deutschlands hielt T. durch den Gustav-Adolf-Verein aufrecht, der ihn 1900 in Königsberg in den Zentralvorstand berief. Im Jahr vorher verlieh ihm die Universität Jena das Ehrendoktorat der Theologie.
Schon während der Studienzeit hatte T. kleine Beiträge zur heimischen Wissenschaft beigesteuert, nach der Rückkehr setzte er mit einer reichen schriftstellerischen Arbeit ein, die bis zu seinem Lebensende anhielt. Die Liste seiner Veröffentlichungen zu siebenbürgisch- sächsischen Themen umfaßt 1351 Titel, darunter neun große, selbständige Werke, wie z. B. der Quellenband „Die siebenbürgisch-sächsischen Schulordnungen“ (2 Bde, 1888/92), die Bände zwei bis vier der „Geschichte der Siebenbürger Sachsen für das sächsische Volk“ (1907/1910/1926) in Fortsetzung des ersten, von seinem Vater herausgegebenen Bandes, den T. in 3. und 4. Auflage neubearbeitet veröffentlichtete, „Geschichte der evangelischen Kirche Siebenbürgens“ (2 Bde, 1921/22), „Die Siebenbürger Sachsen in Vergangenheit und Gegenwart“ (1923), die als kleine „Sachsengeschichte“ bezeichnet wird. Angeregt durch Gustav Freytag, in dessen Haus T. verkehrte, und durch die kulturhistorischen Novellen Wilhelm Heinrich von Riehls gab T. mit bewährten Mitarbeitern „Bilder aus der vaterländischen Geschichte“ (2 Bde, 1895/99) und „Bilder aus der Kulturgeschichte der Siebenbürger Sachsen“ (2 Bde, 1928) heraus. Sollte eine Geschichte der siebenbürgisch-sächsischen Journalistik geschrieben werden, wird diese an T. nicht Vorbeigehen können, der über Jahre an der Leitung des „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblattes“ beteiligt war und in seinen zahlreichen, oft ungezeichneten Artikeln fast alle Gebiete des geistigen, literarischen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Lebens erfaßte. Mehr als drei Jahrzehnte stand T. dem „Verein für siebenbürgische Landeskunde“ vor, der auch Mitglieder in Deutschland, Österreich sowie aus den Reihen der Ungarn und Rumänen hatte und sich zu einer Art Kleinausgabe einer siebenbürgisch-sächsischen Akademie entwickelt hatte. Auch in dessen Publikationen, dem „Archiv“ und dem „Korrespondenzblatt“, ist T. mit inhaltsreichen Beiträgen vertreten.
In die Zeit seiner Amtstätigkeit als Bischof fielen für die evangelische Kirche und die Siebenbürger Sachsen insgesamt einschneidende Ereignisse. Den fortdauernden Magyari- sierungsbestrebungen Budapests folgten nach dem Ersten Weltkrieg, der „anders ausgegangen ist als wir erwarteten“ (T.), und dem Anschluß Siebenbürgens an Rumänien Maßnahmen des neuen Staates, die das Gefüge des sächsischen Volkes bedrohten. Die Kirche, die nach dem Ausgleich von 1867 und der Auflösung der sächsischen Verwaltungsautonomie 1876 stabilisierend wirkte, bewährte sich auch in der neuen Zeit, wurde aber nach und nach von der ihr zugewachsenen Rolle als quasipolitische Vertretung der Sachsen von Berufspolitikern abgelöst. Der Kirche und damit T. erwuchsen durch die mittels Verträgen (1921/22) zustandegekommenen Verbindungen mit den übrigen in Groß-Rumänien wirkenden evangelischen Gemeindeverbänden zur „Evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien“ neue Aufgaben. Durch die Generalkirchenvisitationen stärkte T. das Zusammengehörigkeitsgefühl aller evangelischen Deutschen Rumäniens und schuf damit die Grundlage für den politischen Zusammenschluß zum Verband der Deutschen in Groß-Rumänien. Der einsetzenden Entwicklung vom Anfang der 30 er Jahre fühlte sich T. nicht mehr gewachsen und trat wenige Monate vor seinem Tod von seinem Amt zurück.
Literatur
Müller-Langenthal, Friedrich: D. Dr. Friedrich Teutsch. Denkrede. In: Arch. Ver. siebenbürg. Landeskde. 47 (1933) 129-169.
Spek, Rudolf: Bibliographie Friedrich Teutsch. In: ebd. 81-125.
Klein, Karl Kurt: Sachsenbischof Friedrich Teutsch. In: Ders.: Saxonica Septemcastrensia. Marburg/L. 1971, 337-352.
Göllner, Carl: Das historische Werk Friedrich Teutschs. In: Heidelberger Jahrbücher 16 (1972).
Binder, Ludwig: Georg Daniel Teutsch und Friedrich Teutsch als Historiker. In: Forsch. Volks- u. Landeskde. 21 (1978) 2, 57-80.