Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Vambery, Armin
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Vambery, Armin

Vambery, Armin (eigentlich Hermann Weinberger), ungarischer Orientalist, * Dunaszer- dahely (Insel Schütt, Komitat Preßburg; heute Dunajská Streda, Slowakei) 19.03.1832, † Budapest 15.09.1913.

Leben

Die Zeit seiner Schulausbildung in Preßburg stand für V. unter dem Druck großer finanzieller Schwierigkeiten. Einen Abschluß höheren Grades konnte er nicht erreichen. Mit seinem außergewöhnlichen Sprachtalent hatte er bereits als Zwanzigjähriger neben mehreren europäischen Sprachen auch das Türkische erlernt. Im Jahre 1857 reiste er in die Türkei, wo er ein Jahr darauf in Istanbul sein „Türkisch-deutsches Wörterbuch“ und im folgenden mehrere historische Studien publizierte, deren Thematik sich auf Ungarn bezog. Während seines sechsjährigen Aufenthaltes in der Türkei konzentrierte sich sein Interesse zunehmend auf die östlichen Turkvölker, bis er schließlich den Plan zu einer Reise nach Innerasien faßte und für dieses Unternehmen die Unterstützung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften gewann. Am 28. März 1863 mischte er sich als Derwisch verkleidet unter die von Mekka zurückkehrenden Pilger aus Buchara. Hauptstationen seiner acht Monate dauernden gefährlichen und abenteuerlichen Reise waren Täbris, die Städte Turkmenistans, Chiwa, Buchara und Samarkand. Uber Afghanistan und Persien führte sein Weg zurück nach Hause. Mit dieser Reise, über deren Ergebnisse er erstmals in London referierte, gewann er allgemein Anerkennung und weltweite Berühmtheit. Ab Juli 1865 unterrichtete er 40 Jahre lang östliche Sprachen an der Universität Budapest. 1870 wurde eigens für ihn der Lehrstuhl für Orientalistik eingerichtet, dem er nunmehr als ordentlicher Professor Vorstand. Die Ungarische Akademie der Wissenschaften ernannte V. 1860 zum korrespondierenden, 1876 zum ordentlichen und schließlich 1893 zum Ehrenmitglied, 1894 wählte man ihn zum Direktionsmitglied der Akademie. V. war als erster Orientalist Ungarns von Weltruf Ehrenmitglied zahlreicher europäischer Wissenschaftsgesellschaften. Seine wissenschaftlichen Arbeiten umfaßten das gesamte, sehr ausgedehnte Gebiet der Turkologie. Er publizierte und analysierte Texte aus dem Tschaghataischen, dem Uigurischen, dem Turkmenischen, dem Usbekischen, dem Altosmanischen und dem Aserbaidschanischen. Seine Reisen in Gegenden, die niemals zuvor von Europäern begangen worden waren, machten V. auf dem Gebiet der Turkologie zum bedeutendsten Ethnographen seiner Zeit. Er verfaßte eine Geschichte Transoxaniens und publizierte Reisebeschreibungen osmanisch-türkisch er Historiker, die sich mit Ungarn befaßt hatten.
Als wichtigste Aufgabe seiner Forschung betrachtete V., dem Ursprung des ungarischen Volkes nachzugehen. Die bereits als junger Mann getroffene, irrtümliche Annahme, das Ungarische sei türkischer Herkunft, behielt er sein Leben lang bei (s. seine Abhandlungen ,,A magyar és török-tatár nyelvekbeli szóegyezések“ [Sprachliche Übereinstimmungen von ungarischen und türkisch-tatarischen Worten], 1869, und ,,A magyarság bölcsőjénél. A magyar-török rokonság kezdete és fejlődése“ [An der Wiege des Ungarntums. Anfang und Entwicklung der ungarisch-türkischen Verwandtschaft], 1914). Zwei Jahrzehnte lang führte er einen wissenschaftlichen Disput mit seinen Zeitgenossen, die die Ansicht vertraten, das ungarische Volk sei finnisch-ugrischen Ursprungs. Diese Kontroverse erwies sich als treibende Kraft für die Erforschung der ungarischen Frühgeschichte. Der Name V.s wurde durch seine spannenden Reisebeschreibungen, in denen sein literarisches Talent offenkundig wird, und durch seine autobiographischen Arbeiten (Vámbéry, his life and adventures written by himself, 1883; Neuausgabe: The story of my struggles. Memoirs, 2 Bde, 1904; ungarische Fassung: Küzdelmeim [Meine Kämpfe], 1905) auch außerhalb der wissenschaftlichen Welt bekannt. Als hervorragender Kenner Mittelasiens wurde V. regelmäßig von Mitgliedern der englischen und türkischen Regierung konsultiert. Seine auf England hin orientierten Vorstellungen über die Zukunft jener Gebiete sind in seinen politischen Werken festgehalten.

Literatur

Munkácsi, Bernhard: Prof. Hermann Vámbéry, 1832-1913. In: Ung. Rdsch. 3 (1914) 513-532.
Hazai, György: Megemlékezés Vámbéry Árminról. In: Nyelvtudományi közlemények 65 (1963) 1, 196-198 (mit Bibliographie).
Ders.: Vámbéry Ármin. Budapest 1976.

Verfasser

Klára Hegyi (GND: 112089259)


GND: 119017385

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/119017385

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Empfohlene Zitierweise: Klára Hegyi, Vambery, Armin, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 384-385 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1827, abgerufen am: (Abrufdatum)

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