Veres, Péter, ungarischer Schriftsteller und Publizist, * Balmazújváros (Komitat Hajdú) 6.1. 1897, † Budapest 16.04.1970.
Leben
Aus Landarbeitermilieu stammend, wurde V. nach Besuch der vier Volksschulklassen Schweinehirt, später Tagelöhner und Streckenarbeiter. Als Autodidakt eignete er sich eine bemerkenswerte Bildung an. Im Ersten Weltkrieg diente er an der italienischen Front als gewöhnlicher Soldat. 1918 schloß er sich der republikanischen Armee an; 1919, zur Zeit der Räterepublik, war er in seiner Geburtsstadt Mitglied des örtlichen Bodenverteilungs-Komitees, des Arbeiterrates und des Gemeindedirektoriums. Von der vorrückenden rumänischen Armee gefangengenommen und interniert, kehrte er 1920 nach Ungarn zurück und wurde wegen seiner Tätigkeit im Jahre zuvor zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Danach setzte er sein Leben als Landarbeiter fort. 1922 schloß V. sich den örtlichen Neugründungen der Sozialdemokratischen Partei und der Landarbeitergewerkschaft seiner Gemeinde an und wurde wegen seiner agrarsozialistischen Aktivität wiederholt festgenommen. Seine ersten Schriften erschienen in dem Blatt „Népszava“ (Volksstimme), dem Organ der Sozialdemokraten. Von 1930 an mehrten sich seine Publikationen: Darstellungen des Landarbeiterlebens in Form von Erzählungen, Soziographien, Gedichte, politische Abhandlungen und seine Autobiographie (Számadás [Rechenschaft] 1937). In den dreißiger Jahren gehörte V. einer Schriftstellergruppe an, die unter den Namen „Populisten“ und „Dorfforscher“ bekannt war (népi írók, falukutatók). Durch ihre literarischen und sozio- graphischen Schriften versuchten sie die Probleme des armen Bauern und das Elend des Agrarproletariats („drei Millionen Bettler“) vor die Öffentlichkeit zu tragen; sie hofften, auf diesem Wege legislative Änderungen der von ihnen geschilderten Verhältnisse zu bewirken. Im Mittelpunkt ihrer Vorstellungen standen Bodenzuteilung und Kleinpacht. Von dieser Schriftstellergruppe ging auch die „März-Front“(Marciusi Front)-Bewegung aus. Ihr am 15. März 1937 verkündetes 12-Punkte-Programm forderte die „demokratische Umgestaltung des Landes“ und trat u.a. für das allgemeine und geheime Wahlrecht, für die Enteignung des Grundbesitzes über 500 Kataster-Joch, für ein progressives Steuersystem und für die 40-Stunden-Woche ein. Sie und mit ihnen V. gründeten am 29. Juni 1939 auf einem Boot auf dem Fluß Maros illegal die „Nationale Bauernpartei“ (Nemzeti Parasztpárt).
V. wandte sich danach einer anderen Richtung zu, vertrat einen rassischen Volksbegriff und einen biologischen Nationalismus. Der nationalsozialistische Einfluß ist dabei unbestreitbar, wenn auch seine Werke aus dieser Zeit wegen mangelnder Folgerichtigkeit der Gedanken unterschiedlich interpretiert werden können.
1945 wurde V. politisch tätig als Vorsitzender der „Nationalen Bauernpartei“ (Nemzeti Parasztpárt), als Präsident des Zentralrates für Grundbesitzregulierung, als Landtagsabgeordneter, später als Minister für Wiederaufbau und für Landesverteidigung (1947, 1948). Nach 1949 wandte er sich erneut der Literatur zu. 1952 wurde er mit dem Kossuth-Preis ausgezeichnet. Von 1954 bis 1956 war er Präsident des Ungarischen Schriftstellerverbandes (Magyar írók Szövetsége). Übersetzungen aus seinen Werken sind in 17 Sprachen erschienen, darunter in deutscher, französischer und italienischer Sprache.
Zu V.’ bedeutenderen Werken gehören u.a. „Az Alföld parasztsága“ (Das Bauerntum der Tiefebene, 1935), „Falusi krónika“ (Dorfchronik, 1941; V. bringt hier eine Sozialgeschichte von Balmazújváros), „Szocializmus, nacionalizmus“ (Sozialismus, Nationalismus, 1939), „Mit ér az ember ha magyar?“ (Was ist der Mensch wert, wenn er Ungar ist?, 1942), „Három nemzedék“ (Drei Generationen, 1950/57; eine Romantrilogie, die die Wandlung des bäuerlichen Lebens von der Jahrhundertwende bis 1945 bringt) und „Oszi változatok“ (Herbstliche Variationen, 1969; autobiographische Erzählungen).
Literatur
Szabó, Zoltán: Veres Péter 1897-1970. In: Új Látóhatár 13/21 (1970) 481-510.
Balogh, István: Péter Veres. In: Ethnographia 82 (1971) 132-138.
Varga, Rózsa u. Sándor Patyi: A népi írók bibliográfiája. Művek, irodalom, mozgalom (1920-1960). Budapest 1972.
Tóth, István: A Nemzeti Parasztpárt története 1944-1948. Budapest 1972.
Veres Péter koszorúja. Kortársak írásai, emlékezései. Budapest 1973.
Borbándi, Gyula: Der ungarische Populismus. Mainz 1976.