Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Vilfan, Josip

Vilfan (Wilfan), Josip, slowenischer Politiker, * Triest 30.08.1878, † Belgrad 8.03.1955.

Leben

Nach dem Besuch der Mittelschule in Triest und Dubrovnik (Ragusa) studierte V. in Wien Jura, wo er 1901 zum Dr. jur. promovierte. Als Rechtspraktikant war er zuerst in der Anwaltskanzlei des bekannten kroatischen Politikers Matko Laginja in Pula (Pola) und später in Triest tätig. 1909 eröffnete er in Triest seine eigene Anwaltskanzlei, die er bis 1928 sehr erfolgreich führte. Als Politiker trat V. zuerst im politischen Verein „Edinost“ (Eintracht) in Erscheinung, dessen Sekretär er 1906-1909 war. Die „Edinost“ war 1874 mit dem Ziel gegründet worden, den Slowenen der Stadt und des Gebiets von Triest die nationalen Rechte zu erkämpfen. V. wurde 1910 Präsident der „Edinost“ und blieb es bis zu deren Auflösung im Jahre 1928. Neben Otokar Rybař war er maßgeblich daran beteiligt, daß das Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg zum erfolgreichsten Zeitabschnitt in der Geschichte der Triestiner Slowenen wurde. Besonders tat er sich hervor bei der wegen Unkorrektheiten der italienischen Stadtverwaltung notwendig gewordenen Revision der Volkszählung 1910, die schließlich 56916 Personen mit slowenischer Umgangssprache in Triest ergab. Ab 1909 war V. Mitglied des Gemeinderats und Landtags von Triest.
Als gegen Ende des Ersten Weltkriegs der Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie offensichtlich wurde, trat V. für die Angliederung Triests an einen südslawischen Staat ein und vertrat im Oktober und November 1918 die Triestiner Slowenen in den Nationalräten des sich von Österreich-Ungarn unabhängig erklärten Staates der Slowenen, Kroaten und Serben in Laibach und Zagreb. Nach der Besetzung der im Londoner Pakt vom 26. April 1915 Italien für den Kriegseintritt auf der Seite der Entente versprochenen, von Slowenen und Kroaten besiedelten Gebiete, übernahm der liberale V. von Otokar Rybař die Führung der Triestiner Slowenen. Um die Interessen der Südslawen in Italien besser vertreten zu können, vereinigte er am 3. August 1919 alle slowenischen und kroatischen politischen Organisationen in der „Edinost“ und machte sie so zur südslawischen nationalen Einheitspartei Julisch Venetiens. Im römischen Parlament, in das er 1921 und 1924 gewählt wurde, führte er die südslawischen Abgeordneten an und trat entschieden gegen die zunehmende Unterdrückung der Slowenen und Kroaten durch die italienischen Faschisten auf. Seinen Ruf als Fachmann für nationale Minderheiten und Minderheitenpolitiker von europäischem Ruf erwarb er sich als ständiger Präsident des Kongresses der europäischen Nationalitäten, der 1925 in Genf zusammentrat und bis 1939 bestand. Es war des Kongresses und sein Verdienst, daß die Frage des Schutzes nationaler Minderheiten internationale Beachtung erlangte.
Nach dem Verbot der „Edinost“ durch das faschistische Regime übersiedelte V. 1928 vorerst nach Wien und schließlich 1939, als der Beginn des Zweiten Weltkriegs die Tätigkeit des Kongresses unmöglich machte, nach Belgrad. Hier war er 1945-1947 Mitglied des Instituts für internationale Fragen beim Außenministerium und nahm an den vorbereitenden Arbeiten für die Pariser Friedenskonferenz teil.

Literatur

Čermelj, Lavo: Slovenci in Hrvatje pod Italijo med obema vojnama. Ljubljana 1965.
Križmančič, Silvo: Dve važni obletnici. Dr. Otokar Ribarž - Dr. Josip Wilfan. Stoletnica rojstva dr. Otokarja Ribarža (Rybař), desetletnica smrti dr. Josipa Wilfana. In: Jadranski koledar. Triest 1965, 116-121.
Kacin-Wohinz, Milica: Primorski Slovenci pod italijansko zasedbo 1918-1921. Maribor 1972.

Verfasser

Andreas Moritsch (GND: 123957184)


GND: 132652870

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/132652870

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Empfohlene Zitierweise: Andreas Moritsch, Vilfan, Josip, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 412-413 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1844, abgerufen am: (Abrufdatum)

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