Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Ahmed Vefik Pascha
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Ahmed Vefik Pascha

Ahmed Vefik Pascha, osmanischer Staatsmann und Schriftsteller, * Istanbul 6.07.1823, † ebd. 2.04.1891, griechisch-jüdischer Abkunft, Sohn des Muhittin Efendi, der als Beamter im Außenministerium beschäftigt war.

Leben

A. begann sein Studium in Istanbul und setzte es in Paris fort, nachdem sein Vater 1834 dorthin versetzt worden war. Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Übersetzer. 1840 ging er jedoch als Botschaftssekretär nach London; dann verbrachte er einige Zeit in Serbien und im heutigen Rumänien. Nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt arbeitete er wieder als Übersetzer und Chefdolmetscher. 1848 wurde er mit der Lösung des ungarischen Flüchtlingsproblems betraut und ging noch im selben Jahr als Bevollmächtigter nach Rumänien. In der Folgezeit übte er verschiedene Ämter aus: Er war Botschafter in Persien und Mitglied des „Encümen-i Daniş“, Mitglied des Obersten Gerichtshofes, Justizminister, Botschafter in Paris und schließlich 1861 Minister der Frommen Stiftungen (Evkaf). Ein Jahr später lehrte er im „Darülfünun“ Geschichte. Da A. sich aber mit dem einflußreichen Ali Pascha Mehmed Emin zerstritten hatte, verlor er seine Stellung. Die nun folgende Zeit ohne Amt überbrückte er mit Übersetzungen einiger Werke Molières, die ihm allgemein Anerkennung einbrachten.
Nach Ali Paschas Tod versah er in kurzen Abständen Ämter wie das eines Zollintendanten, eines Staatssekretärs im Großwesirat und (1872) eines Kultusministers. Danach bis 1877 ohne Amt, arbeitete er an seinem bedeutendsten Werk ,,Lehçe-i Osmanî“, einem Lexikon, das sowohl das türkische als auch das arabische und persische Sprachgut des osmanisch-türkischen Wortschatzes enthält.
1878 wurde er zum Vorsitzenden der ersten türkischen Abgeordnetenkammer gewählt und wurde Wesir. Im selben Jahr noch ernannte man ihn zum Innenminister und zugleich zum Ministerpräsidenten (die Bezeichnung „Großwesir“ existierte nun nicht mehr). 1879 kam er als Gouverneur nach Bursa. 1882 war er für 3 Tage Ministerpräsident. Danach arbeitete er nur noch wissenschaftlich.
Die Meinungen über ihn sind geteilt: Die einen heben seinen Fleiß, seine Intelligenz und seine Ehrlichkeit hervor, andere verweisen hingegen auf Besonderheiten A.s, die ihm den Ruf eintrugen, grausam und unverträglich zu sein. Er sprach gut arabisch, persisch und französisch und verstand englisch. Als ein sehr guter Kenner der westlichen Welt und als Staatsmann vertrat er stets die Meinung, daß die Türkei auf keinen Fall beim Prozeß der Europäisierung ihren nationalen Charakter preisgeben solle. Seine Dienste als Botschafter in Paris und als Ministerpräsident verdienen Beachtung.
Das Hauptwerk seiner literarischen Karriere ist ohne Zweifel ,,Lehçe-i Osmanî“. Seine Übersetzungen der Werke von Le Sage, Fénélon, Voltaire und V. Hugo sind nicht so berühmt wie die von Molière. In seinen geschichtlichen Werken fehlt es nicht an nationalistischem Bewußtsein. Dieser Umstand wird sogar von Ziya Gökalp in „Türkçülüğün Esaslari“ hervorgehoben. Seine Vorlesungen sind unter dem Titel „Geschichtsphilosophie“ 1863 gesammelt erschienen. Dennoch gedenkt man mehr des Schriftstellers als des Staatsmannes A.

Literatur

Ismail Hikmet [Ertaylan] : Ahmed Vefik Paşa. Istanbul 1932.
Ergin, Osman: Türkiye Maarif Tarihi. Bd 2. Istanbul 1940.
Pakalın, M. Z.: Ahmed Vefik Paşa. Istanbul 1942.
InaI, Ibnülemin Mahmud Kemal: Osmanlı Devrinde Son Sad Sadrâzamlar. Istanbul 1944.
Matei, Ion: Sur les relations d’Ahmed Vefik Pacha avec les Roumains. Notes en marge de certaines données de sa correspondance. In: Studia et Acta orient. 7 (1968) 95-131.

Verfasser

Buğra Atsız (GND: 103703985)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd124646689.html


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Empfohlene Zitierweise: Buğra Atsız, Ahmed Vefik Pascha, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 24-25 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=409, abgerufen am: (Abrufdatum)

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