Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Antim I.
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Antim I.

Antim I. (eigentlich Atanas Michajlov Čalŭkov), bulgarischer Geistlicher, erster Exarch der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit im Jahre 1870, *Lozengrad (heute Kirklareli, Europäische Türkei) 1816, † Vidin 1.12.1888, Sohn eines Gärtners.

Leben

1836 trat A. als Mönch in das Hilandar-Kloster auf dem Berg Athos ein. 1844 wurde er in die erste Klasse der neueröffneten theologischen Schule auf Chalki, die das Patriarchat von Konstantinopel mit russischer Unterstützung aufgebaut hatte, aufgenommen. Nachdem er als erster seine Klasse absolviert hatte, lehrte A. zunächst an der griechischen Schule in Lozengrad, doch der Wunsch nach weiteren Studien führte ihn nach Rußland (1852-1857), wo er an der Moskauer Theologischen Akademie den Grad eines Magisters der Theologie erwarb. Die wachsende Notwendigkeit eines einheimischen Klerus in Bulgarien sicherte A. eine vielversprechende Karriere im Bereich des Patriarchats, das Männer seiner Nationalität und Ausbildung für den Einsatz in den Eparchien brauchte. Nach der Rückkehr aus Rußland berief man ihn als Lehrer nach Chalki, und 1861 wurde er Metropolit der Eparchie Preslav in Nordostbulgarien. Im Zuge der wachsenden Unionsbestrebungen mit Rom unter den Bulgaren führte er mehrere Missionen im Interesse des Patriarchats gegen die Unierten in Thrazien und Mazedonien durch. Sein wachsendes Ansehen als gebildeter, taktvoller und gemäßigter Kleriker hatte 1865 seine Ernennung zum Rektor der Akademie von Chalki zur Folge. Bis 1868 blieb A. ein loyales und geachtetes Mitglied der Hierarchie des Patriarchats von Konstantinopel und hielt sich den militanten bulgarischen Bestrebungen nach einer unabhängigen nationalen Kirche innerhalb des Osmanischen Reiches fern. Das Ereignis, das ihn schließlich in die Kämpfe hineinzog, war seine Berufung im selben Jahr in die Eparchie Vidin in Nordwestbulgarien, deren Bürgerschaft in vorderster Front der gegen das Patriarchat gerichteten Separationsbewegung stand und ihm die Anerkennung verweigerte, es sei denn, er sage sich von der Autorität des Patriarchats los. A. tat dies und nahm seitdem aktiv teil an dem Kampf, der seinen Höhepunkt in dem Ferman von 1870 erreichte, der ein bulgarisches Exarchat und ein unabhängiges bulgarisches Millet innerhalb des Reichs begründete.
1872 wurde er zum ersten Exarchen gewählt als ein Mann der Mäßigung, der dem russischen Botschafter Graf N. P. Ignat’ev nahestand und als bulgarischer Bischof dem Patriarchat am wenigsten unerwünscht war. Nichtsdestoweniger belegte ihn das Patriarchat mit dem Bann und erklärte das Exarchat für schismatisch, wodurch in den folgenden Jahren in zahlreichen Eparchien Mazedoniens und Thraziens Bulgaren und Griechen in einen erbitterten Kampf um die kirchliche und kulturelle Jurisdiktion verwickelt wurden. Die wachsende revolutionäre Aktivität in den bulgarischen Gebieten erschwerte A.s Position in Konstantinopel als bulgarischer Milletbashi in zunehmendem Maße, und seine Bemühungen für die Sache der Bulgaren nach dem Aufstand von 1876 verdammten ihn vollends in den Augen der osmanischen Regierung. Auf offizielles Ersuchen wurde er im April 1877 seines Amtes enthoben und kurz danach von der Regierung für die Dauer des Russisch-Türkischen Krieges ins Exil nach Ankara geschickt. 1878 kehrte er in seine befreite Heimat und in die Eparchie Vidin zurück. 1879 wurde er zum Präsidenten der ersten bulgarischen Nationalversammlung gewählt, die die Verfassung ausarbeitete und der Großen Nationalversammlung, die Prinz Alexander von Battenberg zum ersten Fürsten von Bulgarien ernannte. In den folgenden Jahren nahm er keinen aktiven Anteil mehr am öffentlichen Leben des Landes und lebte bis zu seinem Tode 1888 zurückgezogen in seiner Eparchie.
A.s bester Biograph ist der verstorbene bulgarische Patriarch Kiril, dessen umfangreiches Werk gleichzeitig eine Biographie des ersten Exarchen wie auch eine Geschichte des Exarchats unter seiner Führung ist.

Literatur

Kiril, patriarch bŭlgarski: Ekzarch Antim (1816-1888). Sofia 1956 (mit bibliographischem Vorwort).

Verfasser

Marin Pundeff


GND: 128790636

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/128790636

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Empfohlene Zitierweise: Marin Pundeff, Antim I., in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 80-81 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=464, abgerufen am: (Abrufdatum)

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