Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Codreanu, Corneliu Zelea
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Codreanu, Corneliu Zelea

Codreanu, Corneliu Zelea, rumänischer nationalistischer Politiker, * Huşi 13.09.1899, † Wald von Tîncăbeni bei Bukarest 30.11.1938, ältester Sohn des aus dem Buchenland 1898 nach der Moldau zugewanderten Lehrers Ion Zelinski, der dort zum orthodoxen Glauben übertrat und seinen polnischen Namen zu Zelea Codreanu umändern ließ.

Leben

Aus einem frommen und maßlos patriotischen Elternhaus stammend, kam C. 1910 auf die berühmte Militärschule Mănăstirea Dealului (Bergkloster). Der Jurastudent C. - er studierte in Jassy, Jena und Grenoble, wo er auch promovierte - stand vorübergehend unter dem Einfluß seines Lehrers Alexandru C. Cuza. C.s spätere Aufassungen über elitäres Führertum, Arbeit, Disziplin sowie seine Religiosität waren beeinflußt vom Elternhaus, von der militärischen Erziehung und von Professor Cuza. C. war Antikommunist und Antisemit; seinem Professor folgend erklärte er „die Juden“ bzw. „die Fremden“ verantwortlich für alle Nachkriegsprobleme Rumäniens und bereits als Student organisierte er antisemitische Aktionen, ermunterte Streikbrecher und gründete eine kurzlebige antikommunistische, für „Brot und Ehre“ kämpfende Arbeiterpartei, den „Nationalen und Christlichen Sozialismus“ (1919).
Erfolgreicher war C.s Agitation unter den rumänischen Studenten: Der nationalistische „Verband Christlicher Studenten“(1922-1944) gewann Anhänger an allen Universitäten, die z. B. 1922 durch Streiks den Lehrbetrieb lahmlegten. Studenten wie Bauern zog die 1923 zusammen mit Cuza gegründete „Liga zur Nationalen Christlichen Verteidigung“ (L.A.N.C.) an, in der sich alle Gegner einer Verleihung der vollen Staatsbürgerrechte an die rumänischen Juden zusammenfanden. Zusätzlich beschlossen C. und seine Freunde, die Öffentlichkeit gegen die Judenpolitik der „Liberalen Partei“ zu mobilisieren durch einen Terroranschlag auf je sechs einflußreiche Politiker und Juden. Das Attentat wurde zwar vereitelt, aber die Freisprüche im nachfolgenden Geschworenenprozeß, sowie in einem weiteren Prozeß, in dem sich C. wegen Erschießung des Polizeipräfekten von Jassy zu verantworten hatte, brachten C. erstmals viel Beachtung.
1926 trennte sich C. von Cuza und der auf Antisemitismus festgelegten L.A.N.C. Zugleich verwarf er den individuellen Terror als Mittel politischer Auseinandersetzungen. Eigene, über das Tagespolitische weit hinausreichende Zielvorstellungen begannen Gestalt anzunehmen, wie z. B. die „nationale Erneuerung“ des Rumänentums, die „Erlösung des rumänischen Volkes“ (C. zu Lucian Blaga), zu deren Erfüllung er sich auserwählt glaubte. Das Instrument solcher „Mission“ schuf sich C. in der mit wenigen Freunden zu Jassy gegründeten, von der Öffentlichkeit zunächst nicht wahrgenommenen „Legion des Erzengels Michael“ (24.06.1927), mit der er Rumänien politisch und gesellschaftlich verändern wollte.
C. war bestrebt, die rumänische Jugend dem „verderblichen“ Einfluß der herrschenden politischen Parteien zu entziehen, durch Vermittlung einer von ihm ausgearbeiteten Leistungsethik, Förderung von Freundschaften, gegenseitiger Hilfestellung, Selbstaufopferung, Disziplin, durch die sogenannte „Erziehung im Nest“. Das „Nest“ war die kleinste und zugleich wichtigste Einheit der nach Alter und Beruf hierarchisch gegliederten „Legion“. Es bestand aus 3-13 Freunden ab 21 Jahren; für Schüler zwischen 14-21 gab es als Vorstufe die „Kreuzbrüderschaften“. Diese Struktur der „Legion“ erwies sich als flexibel und beständig, da sie einerseits ein rasches Delegieren einzelner Aufgaben an bestimmte Gruppen (Nester) erlaubte (z. B. Arbeitslager, Wahlkampf), andererseits die fast reibungslose Umstellung auf Untergrundarbeit ermöglichte. Obwohl C. selbst immer bemüht blieb, alles politische Handeln der „Legion“ im Bereich der Gesetzmäßigkeit zu halten, wurde seine Organisation von einzelnen Regierungen wiederholt verboten und verfolgt, wie 1933 nach einem von den Liberalen brutal und antilegionär geführten Wahlkampf, als drei legionäre Studenten aus Rache den Ministerpräsidenten Ion Duca eigenmächtig erschossen hatten.
Ab 1931 beteiligte sich die „Legion“ an Bezirks- und Landeswahlen unter folgenden Listennamen: „Gruppe Corneliu Zelea Codreanu“ (1932: 5 Mandate), „Eiserne Garde“ (Garda de Fier, 1933), „Partei Alles für das Vaterland“ (Totul pentru Ţara, 1935-1938). Diese letzte Partei gewann 1937 66 Mandate (= 15,6% Stimmen), wodurch - zusammen mit den Stimmen für Iuliu Maniu - die Liberalen um den als sicher geltenden Wahlsieg gebracht wurden. Dies führte schließlich zur Diktatur König Karls II.
In den 1930er Jahren gewann die „Legion“ auch unter Bauern und Arbeitern stetig neue Anhänger: 1932 gab es ca. 2000 Nester, 1937 ca. 34 000. Im Mai 1938 ließ der Innenminister Armand Călinescu C. in einem Hochverratsprozeß trotz unzureichender Beweise zu 10 Jahren Strafarbeit verurteilen und, kurz darauf, auf Befehl des Königs, ermorden. Damit begann die Mythenbildung um C., die 1940-1941, im nationallegionären Staat Ion Antonescus und Horia Simas, einen Höhepunkt erreichte.
C.s eigene Werke „Cărticica şefului de cuib“ (Das Büchlein des Nestführers, 1935), „Pentru legionari“ (1936, deutsch „Eiserne Garde“, 1939), „Insemnări din Jilava“ (Aufzeichnungen aus [dem Gefängnis] Jilava, 1940) wurden seit 1950 in Salzburg und München z. T. in mehreren Auflagen neu herausgebracht.

Literatur

Charlé, Klaus: Die Eiserne Garde, eine Darstellung der völkischen Erneuerungsbewegung in Rumänien. Berlin 1939. = Schriften des Instituts für Politik und Internationales Recht an der Universität Kiel. N. F. 3 (mit Bibliographie).
Moţa, Ion I.: Cranii de lemn. (Salzburg) 1951. = Omul nou. 7.
Prost, Henri: Destin de la Roumanie 1918-1954. Paris 1954.
Weber, Eugen: Varieties of Fascism. Doctrines of Revolution in the Twentieth Century. Princeton, N. J. 1964 (mit Bibliographie).
Ders.: Rumania. In: Rogger, Hans and Eugen Weber (Hrsg.): The European right: a historical profile. Berkeley 1965, 501-574 (mit Bibliographie).
Nolte, Ernst: Die faschistischen Bewegungen. Die Krise des liberalen Systems und die Entwicklung der Faschismen. München 1966. = dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. 4 (mit Bibliographie).
Weber, Eugen: The Men of the Archangel. In: J. Contemp. Hist. 1 (1966) 101-126.
Zach, Krista: Die Legionäre Bewegung im rumänischen Parteienstaat, unter der Königsdiktatur und mit General Antonescu an der Macht. Beiträge zur Analyse des militanten rumänischen Nationalismus und Konservatismus zwischen den beiden Weltkriegen. (Mskr.) München 1970 (mit Bibliographie).

Verfasser

Krista Zach (GND: 120069873)


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Empfohlene Zitierweise: Krista Zach, Codreanu, Corneliu Zelea, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 319-321 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=672, abgerufen am: (Abrufdatum)

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