Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Dragumis, Stefanos
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Wikidata: Q44132

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Dragumis, Stefanos

Dragumis, Stefanos, griechischer Politiker und Schriftsteller, * Athen 14.1. 1842, † Kifisia bei Athen 30.09.1923, Sohn von Nikolaos D.

Leben

Nach seiner Schulzeit in Athen begab sich D. nach Paris, wo er sich das französische Baccalauréat erwarb und das Jura-Studium absolvierte (1861). Nach Athen zurückgekehrt, übernahm er zunächst von seinem Vater die Leitung der Zeitschrift „Pandora“, in der er eigene Artikel und Übersetzungen veröffentlichte (1.04.1862 bis 15.03.1865). Gleichzeitig meldete er sich bei der Nationalgarde (1862-1863). 1864 trat er in die Richterlaufbahn ein und arbeitete sich bis zum Appellationsrichter empor (1875). Am 29. April 1875 wurde er als Generalsekretär ins Justizministerium berufen, trat jedoch am 15. Oktober 1875 zurück und war seither als Rechtsanwalt tätig. Bei der griechischen Intervention in Thessalien während des russisch-türkischen Krieges (1876-1878) nahm er an der Organisierung und dem Nachschub der nach Thessalien eingeschmuggelten griechischen Freischärler teil.
Seine politische Laufbahn begann 1879. Bis 1895 wurde er sechsmal als Abgeordneter von Attika und Megara ins Parlament entsandt. In den Trikupis-Regierungen fungierte er als Außen-, Innen-, Justiz- und nochmals Außenminister (1886-1893). Als Innenminister (1888-1890) leitete er die Arbeiten zum Bau der Eisenbahnlinie Athen-Larissa ein, brachte ein Gesetz zum Schutz der Warenmarken zustande und sorgte für die elektrische Beleuchtung der Hauptstadt.
Nach Trikupis' Tod wurde er als Unabhängiger gewählt (1899-1906). Von 1906 bis 1909 führte er eine Gruppe von sechs einflußreichen Politikern, den sog. „Japanern“, die gegen die Theotokis-Regierung heftig opponierten.
Nach dem Offiziersaufstand von Gudi (1909) wurde er, obwohl ein Königstreuer, vom Militärbund zum Ministerpräsidenten ernannt (10.1. 1910) und behielt dazu das Wirtschaftsministerium. Während seiner Regierungszeit wurde eine Reihe von Wirtschaftsgesetzen (über die Aktiengesellschaften, das Finanzwesen u. a.) verabschiedet.
Die blutige Zerschlagung des Bauernaufstandes in Thessalien (März 1910) und der Unruhen der Hafenarbeiter von Piräus (1910) gehen auf D.’ Konto. Er wurde dann in die beiden Nationalversammlungen (8.08. und 28.11.1910) gewählt, zog sich jedoch nach Auflösung der zweiten (21.11.1911) von der politischen Aktivität vor läufig zurück. Nach Ausbruch der Balkankriege wurde er als Gouverneur nach Kreta (1912), dann nach Mazedonien (1913) geschickt. Nach dem Rücktritt des Kabinetts Venizelos am 23. September 1915 nahm er an den vom König ernannten Kabinetten von Alexandros Zaimis (24.09.1915) und Stefanos Skuludis (25.10. 1915) als Wirtschaftsminister teil, trat jedoch am 27. März 1916 zurück.
Nach der Absetzung König Konstantins und der Regierungsbildung durch Venizelos (27.06.1917) wurde D. wegen seiner Teilnahme an der Konstantin-Regierung des Hochverrats angeklagt. Bei den Wahlen vom 14. November 1920, die zur politischen Vernichtung Venizelos' führten, wurde er als unabhängiger Abgeordneter gewählt.
D. gehörte zu den griechischen Politikern des 19. Jh.s, die sich trotz ihrer umfassenden Bildung und ihrer technokratischen Leistungen nicht über ihre Familieninteressen und die Interessen der altansässigen Großgrundbesitzer erheben konnten. Er war deshalb gegenüber dem aufstrebenden Bürgertum, das in der Person des Venizelos ihren Wortführer gefunden hatte, von vornherein feindlich eingestellt.
D.’ schriftstellerisches Werk umfaßt außer Studien aus dem juristischen Fachgebiet auch historische Abhandlungen („I makedoniki krisis“, Athen 1901/07; „To Chronikon tu Moreos“, Athen 1921) und eine Anzahl philologischer und archäologischer Arbeiten.

Literatur

(Vovolinis): Mega Ellinikon Viografikon Lexikon. Bd 3. Athen 1960, 450-506.

Verfasser

Georg Veloudis (GND: 124116787)

GND: 14121838X

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd14121838X.html


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Empfohlene Zitierweise: Georg Veloudis, Dragumis, Stefanos, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 429-430 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=753, abgerufen am: (Abrufdatum)

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