Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Gebhardi, Ludwig Albrecht

Gebhardi, Ludwig Albrecht, deutscher Historiker und Genealoge, * Lüneburg 13.04.1735, † Hannover 26.10. 1802.

Leben

Als Sohn des für die Entwicklung der Genealogie zur Wissenschaft sehr bedeutenden Genealogen Johann Ludwig Levin G. wandte sich G. ebenfalls dem Studium der Geschichte und ihrer Hilfswissenschaften zu. Nach dem Besuch der Ritterakademie in Lüneburg kam G. nach Göttingen und erlebte dort den Aufschwung der deutschen Historiographie unter dem bestimmenden Einfluß der Aufklärungszeit. 1765 folgte G. einem Ruf als Lehrer an die Lüneburger Ritterakademie. Die in Göttingen gelegten Grundlagen einer kritischen Geschichtsforschung lenkten seine Aufmerksamkeit bald auf Ost- und Südosteuropa. G. stand damit in einer Reihe mit jenen Pionieren, wie August Ludwig von Schlözer und Hans Erich Thunmann, die zu dieser Zeit gerade die historische Welt der Slawen des Ostens und Südostens entdeckt hatten.
Neben der Vollendung und Herausgabe des Lebenswerkes seines Vaters, der „Genealogischen Geschichte der erblichen Reichsstände in Teutschland“ (3 Bände, 1777 bis 1785), verfaßte G. eine „Geschichte des Reiches Ungarn und der damit verbundenen Staaten“, die 1778-1781 in drei Teilen in der von William Guthrie und William G. J. Gray herausgegebenen „Allgemeinen Weltgeschichte“ (als deren 15. Band) in Leipzig erschien. Dieses umfangreiche Werk bildet die erste Darstellung der ungarischen Geschichte, die auf den neuen historiographischen Zielsetzungen aufbaut. Seine große Bedeutung liegt in der über das eigentliche Ungarn weit hinausgehenden Behandlung seiner Nebenländer, deren historische Entwicklung G. bis zum Ausgang des Mittelalters, bis zum Einbruch der Türken verfolgte. G. brachte hier die Geschichte der folgenden, seiner Auffassung nach mit Ungarn enger verbundenen Staaten: Siebenbürgen, Galizien und Lodomerien, Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Serbien, Bulgarien, Bosnien und zum Abschluß eine „Geschichte des Freystaates Ragusa“, die wie die anderen auch nicht einer gewissen Anschaulichkeit entbehrt. Überhaupt sind seine Kapitel über Serbien, Bosnien und Bulgarien die ersten Geschichtsdarstellungen dieser Länder, die diesen Namen verdienen. In seinen Forschungen ging G. vielfach auf die damals erreichbaren Quellen zurück, die er gewissenhaft und kritisch auswertete. Auch bei der Behandlung der engeren ungarischen Reichsgeschichte (in den ersten beiden Teilen) verfolgte G. bemerkenswerterweise eine Vielzahl historischer Zusammenhänge und Querverbindungen durch ganz Südosteuropa und noch darüber hinaus, wie das seine sehr detaillierte Betrachtungsweise der Geschicke des pannonischen Raumes zur Zeit der Römer und der Völkerwanderung bedingte. Auf G. bauten sodann Thunmann, dessen Werke G. selbst für sich häufig verwertete, und vor allem Johann Christian Engel in seinen Arbeiten zur Geschichte Ungarns und seiner Nebenländer weiter auf. G.s „Geschichte des Reichs Hungarn“ (bis 1521), also des ungarischen Kernstaates, erschien unter diesem Titel in 2 Bänden im Jahre 1802 in Pest bei Joseph Leyrer in deutscher Sprache, der die ungarischen Nebenländer betreffende Band im Jahre 1808, ebenfalls in Pest, unter dem Titel: „Geschichte der Königreiche Dalmatien, Kroatien, Szlavonien, Servien, Raszien, Bosnien, Rama und des Freystaates Ragusa“. Als Ergebnis seiner späteren, mehr auf Ostmitteleuropa konzentrierten Forschungen gab G. die „Geschichte aller Wendisch-Slawischen Staaten“ (3 Bände, Halle 1789/96) heraus, die ihren Schwerpunkt auf die Slawenstämme des Ostseeraumes legte.
Im Jahre 1799 mit der ehrenvollen Ernennung zum königlichen großbritannischen Hofrat, Bibliothekar und Historiograph des Hauses Braunschweig ausgezeichnet, ging G. nach Hannover, wo er bald darauf starb.

Verfasser

Gerhard Seewann (GND: 1069961280)


GND: 116473797

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/116473797

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Empfohlene Zitierweise: Gerhard Seewann, Gebhardi, Ludwig Albrecht, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 18-19 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=856, abgerufen am: (Abrufdatum)

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