Hasdeu, Bogdan Petriceicu (Taufname Tadeu), rumänischer Sprachforscher, Historiker und Schriftsteller, * Cristineşti (Kristinešty bei Chotin, Bessarabien) 26.02.1838, † Câmpina 25.08.1907, aus einer alteingesessenen Moldauer Bojarenfamilie, deren Mitglieder zeitweilig nach Polen emigriert waren; Sohn des Schriftstellers und Publizisten Alexandru H. und der Elisabeta Daucş.
Leben
H. besuchte das Gymnasium in Kischinew und Charkow und studierte ab 1852 Rechtswissenschaft an der Charkower Universität. Nach einer kurzen, unrühmlichen Militärkarriere, in deren Verlauf er am Krimkrieg teilgenommen hatte, ließ sich H. 1858 in Jassy nieder und wurde hier zwei Jahre später zum Professor für Geschichte, Geographie und Statistik an der Realschule ernannt. In Jassy entfaltete er als Herausgeber zahlreicher Periodica („România“ 1858, „Foaea de istorie română“ [Blätter für rumänische Geschichte] 1859, „Foiţa de istorie şi literatură“ [Kleines Blatt für Geschichte und Literatur] 1860, „Din Moldova“ [Aus der Moldau] 1862) eine rege publizistische Tätigkeit. Er setzte sich dabei für die Vereinigung der beiden rumänischen Fürstentümer sowie für die Verwirklichung liberal-demokratischer Reformen (z. B. das allgemeine Wahlrecht) ein. 1863 verlor er seine Stellung als Bibliothekar und Lehrer infolge eines von einer Pressekampagne begleiteten Prozesses, der im Zusammenhang mit seiner angeblich „unmoralischen“ Novelle „Duduca Mamuca“ angezettelt worden war.
Nach seinem Umzug nach Bukarest setzte H. seine politische Tätigkeit als Journalist und Parlamentsabgeordneter (1867 und 1884) fort. 1869 gründete er die Zeitschrift „Traian“, der 1870/71 die Zeitschrift „Columna lui Traian“ (Trajanssäule) folgte. H. beschäftigte sich in ihnen mit Problemen der rumänischen Industrialisierung und führte aus, daß die Entwicklung von Industrie und Handwerk für die Sicherung der wirtschaftlichen und politischen Unabhängigkeit eines Landes unerläßlich seien. Er widmete auch dem Bauernproblem mehrere Artikel; auch hier entwickelte er konkrete Vorschläge. Die Thronbesteigung eines ausländischen Prinzen veranlaßte H. zu starken Angriffen gegen die Monarchie.
Der Schwerpunkt von H.s Tätigkeit verlagerte sich indessen immer mehr auf wissenschaftliches Gebiet. Für die moderne rumänische Geschichtsschreibung erlangte H. vor allem durch zwei Publikationen entscheidende Bedeutung: durch die 1864-1868 herausgegebene Zeitschrift „Arhiva istorică a României“ (Geschichtsarchiv Rumäniens) und durch die 1872-1875 in zwei Bänden erschienene „Istoria critică a românilor“ (Kritische Geschichte der Rumänen). H. berücksichtigte dabei zum ersten Male in der rumänischen Historiographie auf gebührende Weise die Hilfswissenschaften der Geschichte. Er glaubte unter dem Einfluß von Jules Michelet an den historischen Fortschritt; den zweiten Band seiner „Istoria critică a românilor“ widmete er Herbert Spencer, dessen Evolutionstheorie er nahestand. Ein besonderes Interesse zeigte er für die Rechtsbräuche des Volkes, um den Ursprung des Rechtes aus dem Volke und den besonderen Volkscharakter gültiger nachweisen zu können. Nach Jacob Grimm bekannte er sich zu einem im Volk lebendigen nationalen Genius.
1876 wurde H. zum Direktor des Staatsarchivs ernannt. Die Rumänische Akademie wählte ihn ein Jahr später zum ordentlichen Mitglied und 1879 für sieben Jahre zum Generalsekretär. In diesem Lebensabschnitt wandte sich H. in verstärktem Maße linguistischen Forschungen zu. Seine Bedeutung als Sprachwissenschaftler gründet sich vor allem auf seine Sammlung umgangssprachlicher Texte und Volksbücher „Cuvente den bătrăni“ (Altrumänische Texte, 3 Bände, 1878-1881) sowie auf das unvollendet gebliebene etymologische Wörterbuch „Etymologicum Magnum Romaniae“ (4 Bände, 1886-1898). H. war der erste rumänische Slawist und der erste Wissenschaftler, der vergleichende indo-europäische Sprachforschung betrieb und von 1874 bis 1900 an der Bukarester Universität auch lehrte. Die Impulse, die die rumänische Sprachwissenschaft von ihm empfing, wirken bis zum heutigen Tage nach.
H. trat auch als Schriftsteller hervor: er verfaßte das Geschichtsdrama „Răzvan şi Vidra“, das satirische Lustspiel „Trei crai de la răsărit“ (Die drei Könige aus dem Morgenlande) und einen historischen Roman.
Literatur
Dragomirescu, Mihail: Ideile şi faptele lui Bogdan Petriceicu Hasdeu. T. 1. (1836-1863). Bucureşti 1913.
Marian, L.: Bogdan Petriceicu Hasdeu. Schiţă biografică şi bibliografică. Bucureşti 1928.
Constantinescu, Pompiliu: Bogdan Petriceicu Hasdeu. Figuri literare. Bucureşti 1938.
Călinescu, George: Bogdan Petriceicu Hasdeu. In: Istoria literaturii române de la origini pînă în prezent. Bucureşti 1941.
Dumitrescu, S. şi D. Teodoru: Concepţiile economice ale lui B. P. Haşdeu. In: Probleme economice 10 (1957) 1, 115-127.
Munteanu, George: Bogdan Petriceicu Hasdeu. Bucureşti 1963.
Poghirc, Cicerone: Bogdan Petriceicu Hasdeu. Lingvist şi filolog. Bucureşti 1968 (mit Bibliographie).
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