Palárik, Ján (Pseudonym Beskydov), slowakischer katholischer Priester, Publizist und Schriftsteller, * Raková (Rakowa, Komitat Trentschin) 27.04.1822, † Majcichov (Majtény, Komitat Preßburg) 07.12.1870, bäuerlicher Herkunft.
Leben
P. wurde 1847 zum Priester geweiht und war danach als Kaplan in Starý Tekov, Vindšachta (Štiavnické Bane), Schemnitz (Banská Štiavnica) und Pest tätig. Vom Dezember 1862 bis zu seinem Tode war er Pfarrer in Majcichov. Von seinem Geburtsort her brachte P. einen lebendigen Sinn für Sozialprobleme mit. Im Tyrnauer Seminar festigten sich sein Nationalgefühl und das Bewußtsein der slawischen Gemeinsamkeit unter dem Einfluß der Werke von Ján Hollý, Ján Kollár und Karel Havlíček-Borovský. Die Ereignisse der Jahre 1848/49 und die nachrevolutionäre Politik Wiens gaben ihm die Grundlinien der politischen Orientierung. 1850 gründete er die erste slowakische katholische Wochenschrift „Cyrill a Method“, in der er seine ökumenischen Ansichten verbreitete und für Reformen in der Verwaltung sowie Disziplin in der katholischen Kirche eintrat. Seine kirchlichen Vorgesetzten verurteilten ihn deshalb, enthoben ihn der Redaktion und versetzten ihn auf ein deutsches Pfarramt in Pest-Theresienstadt, wo er zwölf Jahre blieb. Hier entwickelte er eine vielseitige Tätigkeit: er redigierte die „Katolícke noviny“ (Katholische Zeitung, 1852-1855), gab mit Jozef Viktorín die Almanache „Concordia“ (1858) und „Lipa“ (Die Linde, 1860, 1862, 1864) heraus, nahm an Volksaufklärungsaktionen teil und schrieb Lustspiele, die ihm eine feste Stelle unter den Klassikern der slowakischen Literatur sicherten. P. machte sich um die definitive Einführung der slowakischen Schriftsprache verdient, in der er ein unabdingbares Mittel zur Wiedergeburt und Entwicklung des Volkes sah. Die slowakische nationale Frage wollte er durch Vereinbarung mit dem ungarischen Volk auf der Grundlage einer föderativen Ordnung des gemeinsamen ungarischen Vaterlandes lösen, in dem alle Prinzipien der Demokratie und Gleichberechtigung respektiert würden. Das erklärt seine aktive Teilnahme an der Gründung der „Neuen slowakischen Schule“ (Nová škola slovenská) von Ján Bobula und seine positive Einstellung zum Memorandum, an dessen Ausarbeitung er zusammen mit Francisci-Rimavský und Daxner auf der slowakischen Nationalversammlung in Turčianský Svätý Martin (Juni 1861) beteiligt gewesen war. Nach dem Ausgleich vom Jahre 1867 warnte er nachdrücklich vor nationalistischem Egoismus und Neid. In der slawischen Frage lehnte er die Anschauungen Kollárs und Hurbans ab. Er stand kritisch zum russischen Zarismus und dessen Zentralismus und war für den freiwilligen Föderalismus der slawischen Völker. P. propagierte seine Ansichten in Zeitungsartikeln, Studien und in den drei Lustspielen „Inkognito“ (1858), „Drotár“ (Drahtbinder, 1860) und „Zmierenie“ (Versöhnung, 1862). In den ersten beiden verurteilte er die nationalen Renegaten und hob die Treue zu den slowakischen Sitten hervor. Im dritten empfahl er einen sozialen und nationalen Ausgleich (zwischen Adel und Volk bzw. Slowaken und Ungarn); diesen erlebte er zwar nicht mehr, doch zeugt sein Programm von seiner konsequenten Humanität, seinem praktischen Christentum und politischen Vorausblick. Die historische Tragödie „Dimitrij Samozvanec“ (1864) umfaßt P.s Ansichten zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Slawen, die der Autor theoretisch in der Studie „O vzájomosti slovenskej“ (Über die slawische Gegenseitigkeit, in: Lipa 1864) dargelegt hatte. P. gehörte zu den führenden Organisatoren des slowakischen nationalen Lebens in den Jahren 1850-1870. Er unterstützte die Verbände zur Bekämpfung des Alkoholismus (Spolky krest’anskej striezlivosti), gründete Lesezirkel und Sonntagsschulen. Er war einer der Initiatoren der Gründung des „Hl. Adalbert-Verbandes“ (Spolok sv. Vojtecha, 1870). Er nahm an der Gründung der „Matica slovenská“ teil, die am 21. August 1862 durch Kaiser Fram Joseph genehmigt wurde, sowie an der Zeitschrift „Pešt-budínske vedomosti“ (Pest-Ofener Nachrichten, 1861). Seine Lustspiele, die an kroatischen, serbischen und tschechischen Bühnen gespielt wurden, gehören heute noch zum Repertoire des slowakischen Theaters. Seine Werke (Dielo) erschienen in 2 Bänden 1955/56 in Preßburg.
Literatur
Palárik, Ján: Autobiografia. In: Literárne listy (1901) 38-39, 45-46, 50-52.
Votruba, František: Slovanská otázka a Ján Palárik. In: Prúdy 2 (1910) 1-9, 70-74, 104-106, 163-175.
Šteller, Ferdinand: Andrej Radlinský. Trnava 1934.
Gašparík, Mikuláš: Ján Palárik a jeho boj o demokratizáciu slovenského národného života. Bratislava 1952.
Vavrovič, Jozef: L’Oecuménisme et le panslavisme de l’abbé Jean Palárik. Ottawa 1972.
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