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Rallis, Georgios, griechischer Politiker und Rechtsgelehrter, * Istanbul 1805, † Bad Gastein 1883.
Leben
R. entstammte einer bekannten Athener Politikerfamilie. Sein Vater Alexandros R. bekleidete verschiedene höhere Stellungen in türkischen Diensten in Istanbul und wurde im April 1821 im Zuge der Vergeltungsaktionen für den griechischen Freiheitskampf erhängt. Im folgenden Jahr begab sich R. nach Absolvierung der üblichen Grundausbildung aus Studiengründen nach Wien, dann nach Paris, wo er 1827 das Jurastudium ablegte und von der französischen Regierung zum Professor der Rhetorik am Gymnasium von Marmande ernannt wurde. Er kehrte jedoch schon bald nach Griechenland zurück, wo er sich der Revolutionsregierung von Nauplion zur Verfügung stellte. 1829 wurde er zum Sekretär des Obersten Gerichtshofes in Argos ernannt, 1830 zum Staatsanwalt. Im jungen Königreich Griechenland übernahm er 1833 die Funktion eines Staatsanwaltes am Strafgerichtshof in Theben, 1835 in Athen. Nach der Gründung der Universität von Athen 1837 wurde er zum Professor honoris causa für Handelsrecht ernannt und Dekan der Juristischen Fakultät. Im Jahr darauf wurde er zum Rektor der Universität gewählt, ein Amt, das er bis 1841 bekleidete und von 1868 bis 1869 nochmals ausübte. 1841 wurde R. zum Justizminister ernannt, nach der Machtumgruppierung vom September 1843, als König Otto dem Lande eine Verfassung gewähren mußte, zog er sich von der Politik zurück. 1849 übertrug man ihm erneut das Justizministerium, und im selben Jahr wurde er Vorsitzender des Obersten Gerichtshofes (Areopag). 1857 wurde er zum dritten Mal in das Justizministerium berufen, und, Amt und Politik verlassend, krönte man am 10. März 1860 seine nie abreißende Lehrtätigkeit mit der Berufung zum ordentlichen Professor für Handelsrecht, was er bis zu seinem Tode blieb. R.’ Lehrtätigkeit verdankt das griechische Rechtswesen eine Reihe von Übersetzungen juristischer Standardwerke der Zeit sowie vor allem die „Ermineia tu elliniku emporiku dikaiu“ (Interpretation des griechischen Handelsrechts, 3 Bde, Athen 18481, 1. Bd Athen 18833), und zusammen mit Michail Potlis das klassische sechsbändige Werk „Sintagma ton theion kai ieron kanonon tis orthodoxu Anatolikis Ekklisias“ (Verfassung der göttlichen und heiligen Satzungen der orthodoxen Ostkirche, Athen 1852/56). Als Justizminister entwarf R. Gesetze auf dem Gebiet der Zolljustiz, sowie Wald- und Flurgesetze und vertrat die Idee des Pensionsanspruches für Justiz- und Zivilbeamte.
Literatur
Evangelidis, Triphon E.: Mavrogordatoi ke Rallides. Ermupolis 1910.
Kiriakopulos, Kostas A.: Selides apo tin neoteran ellinikin istorian 1821-1912. Athen 1965.
Markezinis, Spiros V.: Politiki istoria tis neoteras Ellados 1828-1964. 4 Bde. Athen 1966/68.
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