Zachariadis, Nikos, griechischer Politiker, * Izmit (Nikomedeia) April 1903, † Sowjetunion 1.08.1973, Sohn eines Tabakarbeiters.
Leben
Aus finanziellen Gründen mußte Z. seine Gymnasialstudien zwei Jahre vor deren Abschluß aufgeben. Zunächst, von 1919 bis 1921, arbeitete er als Hafenarbeiter in Izmit, dann, von 1921 bis 1923, als Schiffsarbeiter in Istanbul. Auf einer Reise nach Odessa lernte er kommunistische Arbeiter kennen und trat in den Komsomol ein (1921). 1923 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei und begab sich in die Sowjetunion, wo er ein Jahr lang die Parteischule KUTV (Kommunisticeskij Universitet Trudjascichsja Vostoka) besuchte. 1924 kam er nach Saloniki, wo sich seine Familie inzwischen niedergelassen hatte. Er trat in den „Bund Kommunistischer Jugendorganisationen Griechenlands“ (Omospon- dia Kommunistikon Neoleon Elladas = OKNE) ein und wurde bald zum führenden Mitglied deren Zentralkomitees. 1926 wurde er wegen seines Eintretens für die Gründung eines autonomen mazedonischen Staates festgenommen. Nach seiner Freilassung begab er sich 1928 in die Sowjetunion, wo er höhere Parteischulen besuchte.
Im Herbst 1931 kehrte er nach Griechenland (Athen) zurück. Die KPG hatte während seiner Abwesenheit harte Fraktionskämpfe durchgemacht, um nach der Liquidierung der trotzkistischen Fraktion durch die Annahme der Intervention der Kommunistischen Internationale (der Appell der Komintern an die KPG wurde in deren Zentralorgan ,,Rizospastis“ vom 1. bis zum 3. Dezember 1931 veröffentlicht) die Bolschewisierung der Partei zu bestätigen. Beim daraufhin in der zweiten Dezemberhälfte 1931 nach Chalkis einberufenen 4. Plenum des ZK der KPG wurde Z. an die Spitze des Politbüros der KPG, und zwar als dessen Sekretär gewählt. Die nachfolgenden Jahre waren auch in Griechenland durch eine schwere wirtschaftliche und politische Krise gekennzeichnet, deren Ausdruck u. a. eine dichte Streikwelle und ein relativer Aufstieg der KPG waren (bei den Wahlen vom 25.09.1932 gewann sie zusammen mit der Bauernpartei 4,97% der Stimmen und entsandte 10 Abgeordnete ins Parlament, bei den Wahlen vom 5.03.1933 4,64% der Stimmen, aber kein Mandat). Beim 5. Kongreß der KPG im März 1934 in Athen wurde Z. von neuem einstimmig ins Politbüro als Generalsekretär und somit als Parteiführer gewählt. Bei den Parlamentswahlen vom 26. Januar 1936, bei denen die KPG zwar nur 5,76% der Stimmen und 15 Mandate errang, aber wegen der ungefähr gleichen Stärke der anderen Parteien das Zünglein an der Waage zur Bildung einer neuen Regierung war, kam Z. als KPG-Abgeordneter zum erstenmal ins Parlament.
Während der am 4. August 1936 etablierten Diktatur von General Ioannis Metaxas wurde auch Z. mit anderen kommunistischen, sozialdemokratischen und liberalen Politikern im September 1936 festgenommen und im Gefängnis von Korfu eingesperrt, von wo er kurz vor dem italienischen Angriff gegen Griechenland (28.10. 1940) ins Gefängnis der Sicherheitspolizei in Athen transferiert wurde. Aus seiner Zelle heraus schickte er am 31. Oktober 1940 ein Rundschreiben ,,an das griechische Volk“, mit dem er die Griechen zum Widerstand gegen die Mussolini-Truppen aufforderte. Nach dem Einmarsch der Nazi-Truppen in Athen wurde Z. am 27. April 1941 an die Gestapo ausgeliefert und von ihr über Thessaloniki, Belgrad und Wien ins Konzentrationslager Dachau überführt (30.11.1941). Am 29. April 1945 wurde er von den heranrückenden amerikanischen Streitkräften befreit, und am 29. Mai 1945 kehrte er nach neunjähriger Gefangenschaft nach Athen zurück, wo er die Führung der KPG wieder übernahm (seine Neuwahl vom ZK wurde beim 7. Kongreß der KPG, 1.-6.10. 1945, in Athen bestätigt).
Inzwischen waren die blutigen Kämpfe zwischen den Militärverbänden der KPG (ELAS) und den britischen Truppen unter dem General Reginald Scobie im Dezember 1944 in Athen mit der Niederlage der ELAS-Kräfte beendet und am 12. Februar 1945 der Vertrag von Varkiza bei Athen unterzeichnet worden, mit dem die ELAS sich zur Ablieferung ihrer Waffen und die griechische Regierung zur Gewährung einer Generalamnestie verpflichteten. Die nachfolgende Zeit bis zu den für den 31. März 1946 ausgeschriebenen Wahlen war jedoch durch die Fortsetzung der Feindseligkeiten gekennzeichnet. Die neue Führung der KPG unter Z. bestand auf der Verwirklichung der Generalamnestie, die Entwaffnung der wegen ihrer Kollaboration mit der Besatzungsmacht kompromittierten paramilitärischen Verbände und die Revidierung der Wahllisten. Der Wahltag vom 31. März 1946 wurde somit zum Tag des Beginns der neuen Auseinandersetzung, des Bürgerkrieges, der bis zum August 1949 dauerte und mit einer Niederlage der kommunistisch geführten Truppen endete. Z. entfloh daraufhin mit anderen KPK-Politikern und -Militärs und rettete sich in die Sowjetunion.
Er behielt den Posten des Generalsekretärs der KPG auch im Exil bis zum durch den XX. Kongreß der KPdSU im Februar 1956 eingeleiteten Entstalinisierungsprozeß. Das im März 1956 einberufene 6. Plenum des ZK der KPG enthob Z. seines Amtes, und ein Jahr später schloß ihn das 7. Plenum aus der Partei aus.
Der Name Z.’ ist mit der Geschichte der KPG, insbesondere mit deren stalinistischer Periode, am engsten verbunden. Sein theoretisches Werk - er war im Grunde ein Autodidakt - umfaßt die Studien „Vasika neoellinika provlimata“ (Grundlegende neugriechische Probleme) und ,,O alithinos Palamas“ (Der wahre Palamas), den „Schedio ja to programma tu KKE“ (Entwurf zum Programm der KPG) und die „Thesis ja tin istoria tu KKE“ (Thesen zur Geschichte der KPG), alle 1937-1939 im Gefängnis von Korfu abgefaßt, sowie eine Übersetzung von Engels' „Feuerbach“ ins Griechische (aus dem Russischen!) und andere kleinere, in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte Texte.
Literatur
Saranta Chronia tu KKE 1918-1958. o.O. [Bukarest] 1958. = Politikes ke Logotechnikes Ekdósis.
To KKE. Episima kimena. 5 Bde. o.O. [Bukarest] 1964/73. = Politikes ke Logotechnikes Ekdósis.
Kousoulas, George D.: Revolution and Defeat. The Story of the Greek Communist Party. London 1965, 271-289, 295 u. passim.
O’ Ballance, Edgar: The Greek Civil War 1944-1949. London 1966.
Eudes, Dominique: Les Kapétanios. Paris 1970, 325 [biographische Notiz] u. passim.
Nikos Zachariadis 1903-1973. In: Eleftheri Ellada Nr. 281 vom 6.09.1973, S. 2.