Cevdet Pascha, Ahmed, osmanischer Gelehrter und Staatsmann, * Loveč (Bulgarien) März 1822, † Istanbul 25.05.1895.
Leben
Mit 17 Jahren kam C. nach Istanbul, um islamische Theologie zu studieren. Er besuchte den Unterricht in der Fatih Moschee und nahm Privatunterricht in Mathematik. Nach Beendigung seiner Studien wollte er in die Kadi-Laufbahn eintreten. Als dann aber der reformerische Großwesir Mustafa Reşid Pascha den Schejch ül-Islam ersuchte, ihm einen Berater für religiöse Fragen zur Verfügung zu stellen, schlug man ihm den gelehrten C. vor. Dieser blieb von da an in dessen Haus, wurde der Erzieher seiner Kinder und gewann die Freundschaft von Âli und Fuad Pascha. 1848 entsandte ihn der Großwesir als Kurier zu Fuad Efendi nach Bukarest. Nach seiner Rückkehr wurde er Mitarbeiter im Kultusministerium und Direktor der pädagogischen Hochschule, stieg 1850 zum Gouverneur und Minister empor und leistete in der Reformzeit der Tanzimat wichtige Dienste.
Seine osmanische Grammatik (Kavâid-i Osmaniye), die er mit Fuad Pascha in Bursa verfaßt hatte, wurde als die erste Veröffentlichung des „Encümen-i Dâniş“ (Gelehrtenausschuß) herausgegeben. Derselbe Ausschuß beauftragte ihn 1851, die osmanische Geschichte vom Vertrage von Küçük Kaynarca (1774) bis zur Auflösung der Janitscharen (1826) zu schreiben. Drei der zwölf Bände dieser „Geschichte der Ereignisse des Hohen Reiches“ (kurz „Geschichte Cevdets“) beendete der Verfasser nach mühseliger Arbeit während des Krim-Krieges und überreichte sie dem Sultan, worauf er 1855 zum Hofgeschichtsschreiber ernannt wurde.
1857 berief man C. zum Mitglied des „Meclis-i Âli-i Tanzimat“, eines Ausschusses, der sich mit der Neuordnung der Gesetzgebung befaßte. 1859 begleitete C. den Großwesir auf einer Informationsreise nach Rumelien. Wegen der Widerstände, die sich in Nordalbanien gegen die osmanische Verwaltungsreform erhoben hatten, wurde er als außergewöhnlicher Kommissar dorthin entsandt. 1862 ernannte man ihn zum Inspektor von Bosnien und Herzegowina. Mit Hilfe der Ulema, mit denen das Volk sympathisierte, konnte er in Bosnien Soldaten rekrutieren. Nachdem er auch in Kozan die Reform-Gesetzgebung durchgesetzt hatte, wechselte er 1866 zur Zivilverwaltung über. Mit den Titeln Wesir und Pascha wurde er als Gouverneur in die Provinz Aleppo-Adana entsandt. 1868 wirkte C. als Justizminister, später war er mehrmals im Justiz-, Kultus- und Handelsministerium sowie im Ministerium für die Verwaltung der frommen Stiftungen beschäftigt. Er arbeitete an Gesetzentwürfen mit und war Vorsitzender mehrerer Ausschüsse. 1874 wurde er Gouverneur von Janina, 1876 nahm er an den Beratungen über die Verfassung teil, 1879 eröffnete er eine juristische Lehranstalt. 1885 wurde C. in die Kommission für „Ostrumelien“ berufen und 1886 wurde er zum Vorsitzenden der Kommission ernannt, die das neue Statut für Kreta („Girit Fermanı“) ausarbeitete. 1890 quittierte er den Staatsdienst und starb 1895 in Istanbul.
C. war ein vielseitiger Mann, der Medresebildung und Reformstreben in seiner Person verband. Neben dem sehr populären volksreligiösen Buch „Kısâs-ı Enbiya ve Tevârih-i Hülefâ“ verfaßte er sein schon genanntes Geschichtswerk und eine Gesetzessammlung mit dem Titel „Mecelle-i Ahkâm-ı Adliye“, die bis zum Erscheinen des Zivilgesetzbuches in der türkischen Justiz eine hervorragende Rolle spielte. Beide zählen zu den Hauptwerken der Tanzimat-Zeit. Die Vorlesungen, die er in der juristischen Lehranstalt hielt, wurden in „Belâgat-ı Osmaniye“ zusammengefaßt. Seine Werke „Mâruzât“ und „Tezâkir-i Cevdet“ sind Hauptquellen für die Tanzimat-Zeit.
Literatur
Tanpınar, Ahmed Hamdi: Ahmed Cevdet Paşa. In: Ondokuzuncu Asır Türk Edebiyatı Tarihi. Bd 1. Istanbul 1949, 113-131.
Elezović, Gliša: Iz posmrtnih rukopisa Ahmed Dževdet paše. In: Pril. orijent. Filol. 2 (1951) 259-314.
Baysun, M. Cavid: Tezakir-i Cevdet Hakkında. Ankara 1953.
Ders.: Cevdet Paša. Şahsiyetine ve Ilim Sahasındaki Faaliyetine Dair. In: Türkiyat Mecmuası. Bd 11. Istanbul 1954, 213-230.