Gašpar, Tido Jozef, slowakischer Schriftsteller und Publizist, * Stariny (heute Ortsteil von Sučany) 7.03.1893, † Neuhäusel (Nové Zámky) 10.05. 1972, Sohn eines Gutsverwalters.
Leben
G. besuchte die Handelsschule und trat dann in die österreichisch-ungarische Marine ein. Den Ersten Weltkrieg machte er als Marineoffizier mit. Nach dem Krieg trat er mit einem Novellenband (Hana, 1920) hervor. In den dreißiger Jahren verlegte sich das Schwergewicht seines Schaffens auf die politische Publizistik, wobei er als Hauptschriftleiter des „Slovenský Hlas“ (Die slowakische Stimme) einen bedeutenden Einfluß ausübte und zugleich die Meinung eines großen Teiles der slowakischen Intelligenz artikulierte. Obwohl diese Tageszeitung finanziell von der Umgebung des tschechoslowakischen Ministerpräsidenten Milan Hodža unterstützt wurde, nahm sie mit der Betonung eines „Regionalismus“ und der Eigenständigkeit des slowakischen Volkes eine mittlere Linie zwischen der Autonomiepolitik Andrej Hlinkas und dem Tschechoslowakismus ein. 1938 schloß sich G. der Slowakischen Volkspartei an und wurde im Herbst 1940 Chef des Propagandaamtes der slowakischen Regierung. Dieses Amt hatte er bis zum Zusammenbruch der Slowakischen Republik inne. 1945 wurde er von den Amerikanern an die Tschechoslowakei ausgeliefert und in einem Volksgerichtsprozeß zu einer längeren Haftstrafe verurteilt, von der er 17 Jahre verbüßte. Nach seiner Freilassung arbeitete er an seinen Erinnerungen, die in der literarischen Zeitschrift „Slovenské Pohl’ady“ 1968 erschienen sind.
Mit seinen Novellen rechnet man G. zum Symbolismus und Impressionismus, wobei er allerdings stärker von den Wienern Peter Altenberg und Arthur Schnitzler als vom französischen Symbolismus abhängig ist. Seine Novellen behandeln die Thematik der Liebe, des Meeres und die nationale Problematik des slowakischen Volkes. Außerdem spiegeln sich in der Novellensammlung „V cudzine“ (In der Fremde) seine Kindheitserlebnisse wider. Der Kampf der Geschlechter beherrscht die ersten Novellenbände: „Hana“ (1920), „Karambol“ (1925), „Buvi-buvi“, „Pri kralovej studni“ (Am Königsbrunnen). Der Existenzkampf des slowakischen Volkes gegenüber der magyarischen und später der tschechischen Vorherrschaft tritt vor allem in den Sammlungen „Buvi-buvi“ und „Deputácia mrtvých“ (Gesandtschaft der Toten, 1922) hervor. Besonders eindrucksvoll ist dieses Thema in der Novelle „Slzy Záhorského“ (Die Tränen des Záhorský) gestaltet. Als Gipfel seiner Novellistik gelten die beiden aus dem Erlebnis seiner Seemannsjahre geschöpften Sammlungen „Červený korab“ (Die rote Arche, 1931) und „Námořníci“ (Seeleute, 1933). Manche der Novellen G.s sind mehr Stimmungsbilder als durchkomponierte Erzählungen. So liegt seine Hauptbedeutung in seiner Sprache, durch die er die slowakische Literatursprache bereichert hat, und in der Qualität seines Stiles, der für viele junge slowakische Schriftsteller der nachfolgenden Generation zum Vorbild wurde.
Die publizistischen Arbeiten G.s wurden in verschiedenen Bänden gesammelt herausgegeben, von denen „O čom je reč“ (Wovon die Rede ist) und „Vel’ký rok“ (Das große Jahr, d. h. 1938/39) hervorzuheben sind. In deutscher Sprache erschienen von G.: „Das slowakische nationale Bewußtsein“ und „Rückschau auf die slowakisch-deutschen kulturellen Beziehungen“.
Literatur
Gašpar, Tido J.: Sobrané spisy. 2 Bde. Turčianský Svätý Martin 1943.
Bor, Ján E.: Tido J. Gašpar, ein Meister der lyrischen Erzählung, Preßburg o. J. [vor 1945].