Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Grivas, Theodoros

Grivas, Theodoros, griechischer Freiheitskämpfer, Militär und Politiker, * Preveza (Epirus) 26.06.1797, † Missolunghi 24.10. 1862.

Leben

G. entstammte einem alten albanischen Geschlecht, der Familie Griva-Bua aus Suli in Epirus, deren Anfänge bis ins 14. Jh. hineinreichen, und die gegen Ende des 16. Jh.s großenteils gräzisiert wurde. Mitglieder dieser Familie hatten an den meisten Aufständen in Albanien, Epirus, Akarnanien und auf der Peloponnes gegen die türkische Gewalt teilgenommen. Ihre Taten werden in Volksliedern besungen.
Der Vater von G., Drakos oder Dimitrios G., Armatole von Vonitsa und Xiromero (Akarnanien), war von Ali Pascha Tepedelenli vergiftet worden. G. verließ nach Ausbruch der griechischen Revolution den Hof Ali Paschas und nahm an der Spitze von 200 Mann an der Belagerung und Erstürmung von Vrachori (heute Agrinion) in Ätolien teil (Anfang Juni 1821). Daraufhin wurde er von der politischen Verwaltung der Aufständischen im westlichen Festland-Hellas zum „Chiliarchos“ ernannt und nach der Peloponnes beordert, wo er sich bei der Einnahme des „Altersheim-Klosters“ (Gerokomeio) bei Patras hervortat (Anfang August 1821). Im zweiten Jahr der Revolution beteiligte er sich unter Alexandros Mavrokordatos an der Schlacht bei Petra in Epirus (4.07.1822). Bei der ersten Belagerung Missolunghis durch die Türken nahm er an der erfolgreichen Verteidigung der Stadt teil (Ende Dezember 1822). 1823-1824 war er unter Theodoros Kolokotronis tätig, an dessen Seite er auch im Bürgerkrieg auf der Peloponnes kämpfte. Bei der zweiten Belagerung Missolunghis (April 1825 bis April 1826) kehrte er nach Akarnanien zurück, schloß sich mit den Belagerten in der Stadt ein, und nach dem Fall Missolunghis konnte er sich nach Nauplia auf der Peloponnes retten. In Nauplia riß er die Kommandantur der Akronauplia-Burg (Palamidi) an sich und geriet deshalb mit Nasos Fotomaras, dem Kommandanten der zweiten Festung Nauplias, Burtzi, wegen der Kontrolle der ganzen Stadt in Konflikt. Da er nach der Verwaltung der ganzen Stadt trachtete, widersetzte er sich sowohl dem gegen ihn abgesandten Kolokotronis als auch dem sich um Schlichtung bemühenden General Richard Church (Mai bis Juli 1827). Er übergab die Burg nur dem in Nauplia angekommenen Präsidenten Kapodistrias (Januar 1828).
An den daraufhin ausgebrochenen bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Peloponnesiern (Kolokotronis) und Rumelioten (Kolettis) beteiligte er sich mal auf der einen, mal auf der anderen Seite. In der Zeit der ersten Dynastie wurde er zur Bekämpfung von Aufständischen, zunächst 1834 in Mani, dann 1836 in Akarnanien, eingesetzt. Wegen Ausschreitungen seitens seiner Männer bei diesen Operationen wurde G. nach seiner Rückkehr nach Athen nach Syros deportiert.
Seitdem arbeitete er gegen die Monarchie König Ottos, nahm am Kampf für die Gewährung einer Verfassung teil (1843) und wurde als Bevollmächtigter Vonitsas in die Nationalversammlung geschickt, die die erste Verfassung verabschiedete (18.03.1844). Nach der Bildung des Kabinetts Mavrokordatos (3.10. 1844) setzte G. in Akarnanien seine Agitation gegen die Monarchie fort. Von aus Athen geschickten Truppen verfolgt, konnte er nach Alexandrien fliehen. Von der Regierung Kolettis (1845) amnestiert und nach Griechenland zurückgekehrt, rief er, obwohl er inzwischen zum Generalinspekteur des Heeres ernannt worden war und Abgeordneter der Kolettis-Partei war, wieder zum Aufstand gegen die Monarchie und Kolettis auf (1847). Nach erneuter Verfolgung konnte er sich mit Hilfe des englischen Gouverneurs der Ionischen Inseln auf Leukas absetzen. Im Januar 1849 wurde er amnestiert und durfte wieder griechischen Boden betreten.
Während des Krimkrieges zog G. mit Freiwilligen in den türkischen Epirus ein (1854), wurde jedoch nach einer erfolglosen Belagerung Artas zum Rückzug gezwungen. An der antimonarchistischen Bewegung von 1862, die zur Entthronung Ottos führte, nahm G. aktiv teil. An der Spitze aufständischer Truppen zog er von seinem Einflußgebiet Vonitsa nach Missolunghi. Dort starb er an den Folgen einer Lungenentzündung.
G. gehörte zur Generation der Freiheitskämpfer, die nicht nur aus persönlichen Motiven in Konflikt mit der Monarchie und deren Regierungen gerieten. Trotz des totalen Fehlens einer politischen Bildung - er war, wie Makrijannis und Kolokotronis, ein Analphabet - verkörperte er einen spontanen, ungebändigten Geist, der auf eine demokratische Neugestaltung des jungen, zerrissenen Griechenstaates drängte.

Literatur

K. A.: Avarikos, i O thriamvos tu stratigu Theodoru Griva. Athen 1844.
Grivas, Th.: Apantisis tu ipostratigu Theodoru Griva is ta kat’ aftu istorithenta ipo tu Stratiotiku Apomachu. Athen 1858.
Kampuroglu, Dimitrios G.: Theodoros Grivas. Athen 1896.
Kokkinos, Dionisios: Istoria tis ellinikis epanastaseos. Bd 11. Athen 1959, 122-166.

Verfasser

Georg Veloudis (GND: 124116787)


GND: 116833378

Weiterführende Informationen: https://prometheus.lmu.de/gnd/116833378

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Empfohlene Zitierweise: Georg Veloudis, Grivas, Theodoros, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 92-94 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=910, abgerufen am: (Abrufdatum)

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