Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Josif Sokolski

Josif Sokolski (eigentlich Stojan), Erzbischof der mit Rom vereinigten Bulgaren, * Nova Mahala (Kreis Gabrovo) 1789 (?), † Kiev 30.09.1879.

Leben

 Fast ohne Schulbildung wurde J. als junger Mann Anführer einer Haidukengruppe und kämpfte gegen die Türken. Dabei gelang es ihm, viel Geld zu sammeln, mit dem er im Jahre 1832, bereits als Mönch, das Kloster Sokol bei Gabrovo gründete und von ihm seinen Beinamen erhielt. Die nationale Unterdrückung des bulgarischen Volkes durch die Bischöfe des ökumenischen Patriarchats (Phanarioten) veranlaßte die bulgarische Geistlichkeit, nach Wegen zu suchen, um dieses Joch abzuschütteln. Nachdem dem Wunsche der Bulgaren, im Gottesdienst die kirchenslawische Sprache gebrauchen zu dürfen, von seiten der griechischen Bischöfe nicht nachgegeben worden war, nutzten die römisch-katholischen Missionare die Unzufriedenheit der Bulgaren, und versprachen ihnen den Gebrauch der kirchenslawischen Sprache, wenn sie sich mit Rom vereinigten. Dieses Angebot blieb nicht ohne Erfolg. In einigen Kirchengemeinden traten die orthodoxen Bulgaren zur Union über. Bereits im Jahre 1859 nahmen die Bulgaren in Kukes, in Thrazien und in Konstantinopel die Union an, die sich später auch im Gebiet um Saloniki ausbreitete. An die Spitze dieser Unionsbewegung trat J., der zu dieser Zeit bereits die Würde eines Archimandriten innehatte. Am 18. Dezember 1860 übergab eine Gruppe von Bulgaren dem apostolischen Vikar in Konstantinopel, Paolo Bru-noni, ein Gesuch mit der Bitte, mit Rom vereinigt zu werden. Mit einer Abordnung, der auch der im Jahre zuvor von der Orthodoxie zum Katholizismus konvertierte Dragan Cankov angehörte, ging J. im April 1861 nach Rom, wo er am 14. April 1861 von Papst Pius IX. zum Erzbischof der bulgarischen Uniaten geweiht wurde. Nach seiner Rückkehr nach Konstantinopel am 27. April erhielt J. vom Sultan einen Berat und wurde dadurch auch vom Staat als Erzbischof der bulgarischen Uniaten anerkannt. Pius IX. soll J. versprochen haben, ihn zum Patriarchen zu ernennen, sobald es 500 000 Uniaten in Bulgarien gäbe, was jedoch ohne Aussicht blieb: Im Jahre 1861 betrug deren Zahl 20 000. J. stand nur kurze Zeit an der Spitze der bulgarischen Uniaten. Zu dieser Zeit bekämpften sich in Konstantinopel der französische römisch-katholische und russischorthodoxe Einfluß. Die Tatsache, daß sich ein orthodoxer Archimandrit vom Papst zum Erzbischof der bulgarischen Uniaten hatte weihen lassen, rief bei den Russen eine Panik hervor. Unter Umständen, die kaum je genau aufgeklärt werden können, verschwand J. am 6. Juni 1861 aus Konstantinopel und tauchte zuerst in Odessa und dann in Kiev auf, wo er in der Nähe der Stadt in einem Kloster lebte. Er erhielt von den Russen monatlich 60 Rubel. Im Jahre 1865 soll J. der Union entsagt haben. Das Verschwinden oder vielleicht auch eine organisierte Entführung von J. hat der Unionsbewegung in Bulgarien viel geschadet, ohne sie jedoch ganz zum Scheitern zu bringen. Sowohl in der Volksrepublik Bulgarien als auch im jugoslawischen Mazedonien gibt es noch immer Uniaten.

Literatur

Kiril, patriarch bŭlgarski: Ekzarch Antim (1816-1888). Sofija 1956, 154-164.
Sofranov, Ivan: Histoire du mouvement bulgare vers l’église catholique au XIXe siècle. Rome [u. a.] 1960.
Kiril, patriarch bŭlgarski: Katoličeskata Propaganda sred Bŭlgarite prez vtorata polovina na XIX vek. Sofija 1962.
Ders.: Prinos kŭm uniatstvoto v Makedonia sled osvoboditelnata vojna (1879-1895). Sofija 1968.  

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Empfohlene Zitierweise: Đoko Slijepčević , Josif Sokolski, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 301-302 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1060, abgerufen am: (Abrufdatum)

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