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Kristóffy, József, ungarischer Staatsmann, * Makó 7.09.1857, † Budapest 29.03.1928.
Leben
Nach seinem juristischen Studium an den Universitäten von Budapest und Wien stellte sich K. in den Dienst seines Komitates Csanád, wo er Vizenotar, dann Obernotar wurde. Als solcher wurde er 1896 mit liberalem Programm ins Parlament gewählt, wo er sich hauptsächlich sozialen und verwaltungsrechtlichen Fragen widmete. Während der Regierung des Grafen István Tisza wurde er Obergespan des Komitates Sathmar. In dem sich auf keine parlamentarische Mehrheit stützenden Kabinett Fejérváry war K. Innenminister (18.06.1905 - 8.04.1906) und verkündete nach Besprechungen, die er mit den Führern der Sozialdemokraten geführt hatte, in seiner Rede vom 9. September 1905 in Németbogsán (Bocşa Vasiovei) das allgemeine Wahlrecht als Regierungsprogramm. Sein Ziel war, damit die Einheit der gegen die Regierung opponierenden Koalition zu sprengen und für die Regierung Anhänger unter den von den politischen Rechten bis dahin ausgeschlossenen Arbeitern zu finden. Er wollte nur einen geringen intellektuellen Zensus aufrechterhalten (der Wähler mußte lesen und schreiben können), wodurch die Arbeiterschaft nicht 6,1 % der Wählerschaft ausgemacht hätte wie bis dahin, sondern 43,6 %. Er verzichtete auch auf die offene Stimmabgabe. Der von K. erarbeitete entsprechende Gesetzentwurf zur Wahlrechtsreform löste nicht nur durch die Idee des allgemeinen Wahlrechts, sondern auch durch die gründliche Motivierung großes Interesse aus. Als Innenminister war er bereit, den passiven Widerstand der Komitate gegen das als nicht verfassungsmäßig angesehene Kabinett Fejérváry durch Suspendierung der verfassungsmäßigen Regierungsmethoden zu brechen. Nach der Amtseinführung der Regierung Wekerle im April 1906 entfaltete K. eine großangelegte Propaganda für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Nach dem Sturz der Koalitionsregierung wurde er für kurze Zeit wieder Abgeordneter, als der er im Auftrag der „Bauernpartei“ im Parlament den städtischen Wahlkreis Békéscsaba vertrat (1911-1913). An den politischen Kämpfen des Parlaments konnte er jedoch wegen seines Beharrens auf dem allgemeinen Wahlrecht nicht wirksam teilnehmen und verzichtete daher im Dezember 1913 auf sein Mandat. Seine „politischen Erinnerungen“ (Magyarország kálváriája. Politikai emlékek 1890-1926, Budapest 1927) sind eine wichtige Quelle zur Geschichte seiner Zeit. Ein Werk über den Kampf für das allgemeine Wahlrecht (A választójogi harc, Budapest 1910) sowie seine diesbezüglichen Reden (Választójogi beszédek, Budapest o. J.) sind noch von K. im Druck erschienen.
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