Jósika von Branyicska, Miklós Baron, ungarischer Romanschriftsteller und sieben- bürgischer Politiker, * Thorenburg 28.04.1794, † Dresden 27.02.1865, aus einer siebenbürgischen Magnatenfamilie, deren Macht und Ansehen von István I., dem Kanzler und Verwandten des siebenbürgischen Fürsten Zsigmondi Báthory, begründet wurde.
Leben
J. verbrachte seine Kindheit auf den Familiengütern in Siebenbürgen. 1803-1811 war er Schüler am Piaristengymnasium in Klausenburg, wurde dann Kadett im Dragoner-Bataillon Eugen von Savoyen. 1813 kam er als Leutnant nach Italien, wo er die Werke von Dante, Petrarca, Tasso, Metastasio und Goldoni kennenlernte. 1814 tat er sich in der Schlacht am Mincio hervor und wurde zum Oberleutnant befördert. Zur Zeit des Wiener Kongresses war er in der Kaiserstadt in Garnison und verkehrte hier auch bei Hofe. Der Feldzug von 1815 führte ihn nach Paris. Diese Jahre waren für J.s Entwicklung von eminenter Bedeutung, denn sie boten ihm Gelegenheit, die europäische Kultur aus unmittelbarer Nähe kennenzulernen. 1817 heiratete J. Erzsébet Kállay und quittierte, bereits Kapitän, den Dienst. Er widmete seine Zeit nunmehr der Verwaltung seiner siebenbürgischen Güter und der Literatur. 1834 schloß er eine innige Freundschaft mit Baron Miklós Wesselényi, dem Führer der Opposition im siebenbürgischen Landtag. Trotz seiner Eigenschaft als „Regalist“ (er kam aufgrund eines königlichen Einberufungsschreibens in den Landtag), führte er in dem 1834 nach Klausenburg einberufenen Landtag mit Wesselényi, Károly Szász und Baron Dénes Kemény das Wort. Seine Rede für die Pressefreiheit erregte Aufmerksamkeit. J. setzte seine Reformvorstellungen in den Flugschriften „Irány“ (Richtung) und „Vázolatok“ (Skizzen) auseinander, die 1835 in Klausenburg erschienen. Das brachte ihm das Lob der Akademie ein, die ihn zusammen mit Baron József Eötvös zu ihrem korrespondierenden Mitglied wählte. J.s erfolgreiche und fruchtbare Karriere als Romancier wurde mit seinem historischen Roman „Abafi“ im Jahre 1836 eingeleitet. Den Aufstieg seines zur Zeit des Fürsten Zsigmond Báthory lebenden Helden begriff man als Anspielung auf die Gegenwart. Mit seinem nächsten historischen Roman „Az utolsó Báthori“ (Der letzte Báthori, 1837) gewann er den Großen Preis der Akademie. Er veröffentlichte von jetzt an in rascher Folge seine Romane und Erzählungen, jährlich meist mehrere Bände. Noch 1836 wählte ihn die „Kisfaludy-Gesellschaft“ zu ihrem Mitglied; 1842 wurde er Präsident der Gesellschaft. Als Dramatiker war J. wenig erfolgreich. 1847 ließ er sich von seiner Frau scheiden und heiratete die Baronin Júlia Podmaniczky, selbst Schriftstellerin und Übersetzerin. Der siebenbürgische Landtag proklamierte im Mai 1848 die Union des Landes mit Ungarn, und J. wurde Mitglied der zur Durchführung der Union unter dem Vorsitz von Graf József Teleki gebildeten Kommission. Er veröffentlichte danach mehrere Beiträge in der „Pesti Hírlap“ (Pester Zeitung) von Baron Zsigmond Kemény und ging für die Sitzungsperiode des im Juli 1848 eröffneten Reichstages nach Pest. Das Magnatenhaus bestellte ihn zum Mitglied des nach der Abdankung des Ministeriums Bat thyány gebildeten „Landesverteidigungsausschusses“ (Országos Honvédelmi Bizottmány). J. folgte der Regierung nach Debreczin, Szegedin und Arad. Er redigierte den Auslandsteil im Regierungsblatt „Közlöny“ (Mitteilungen). In Debreczin wurde er Mitglied des Appellationsgerichts (Kegyelmi Szék). J. hielt sich nach der Kapitulation erst im Lande versteckt und flüchtete dann über Galizien nach Leipzig. 1850 ließ er sich mit seiner Frau in Brüssel nieder. Er setzte seine schriftstellerische Tätigkeit auch in der Emigration fort, die ihm hier sogar zum Lebensunterhalt diente, doch seine Romane und Erzählungen aus dieser Zeit litten unter dem Verlust der unmittelbaren Kontakte mit der Heimat. Das österreichische Kriegsgericht verurteilte ihn 1850 in Abwesenheit zum Tode durch Erhängen. J. blieb Kossuth auch in der Emigration treu. Als die Führer der Emigration 1859 ein Pressebüro für die Publizität der ungarischen Unabhängigkeitsbestrebungen aufstellten, wurde dessen Organisation und Leitung J. anvertraut, der die Aufgabe mit bewundernswerter Energie löste. J. wurde einer der Gestalter der Emigrantenpolitik.
J.s literarische Tätigkeit vor 1848 bedeutete für die ungarische Prosa einen beachtlichen Aufschwung. Mit seiner historischen Themenwahl (in der Tradition eines Walter Scott) entwickelte er das bereits in der Lyrik zum Ausdruck gekommene historische Interesse und trug damit zur Stärkung des Nationalbewußtseins bei.
Literatur
Dézsi, Lajos: Báró Jósika Miklós. Budapest 1916.
Ványi, Ferenc (Hrsg.): Magyar Irodalmi Lexikon. Budapest 1926, 409-415 (mit Bibliographie).
Zsigmondi, Ferenc: Jósika Miklós. Budapest 1927.
Wéber, Antal: A magyar regény kezdetei. Budapest 1958.
|